"Sweet Nigger Blood In Reign"

Der unangefochtene Meister der Zitat-Adaption widmet sich einem Genre, das er noch nicht direkt beackert hat. Vordergründig gegen die Sklaverei wird wieder geritten im Wilden Westen. No fear baby, it will all end in blood sqirts.

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Status? Im Western nicht Neues! Ah doch. Tarantino hat einen gemacht. Das Reinheitsgebot des mittlerweile über hundert Jahre jungen Genres wird jedoch bei jeder Gelegenheit mit Inbrunst gesprengt. „Django Unchained“ ist der lustvoll getränkte Blick auf alle Hebebühnen des Theaters zugleich, wo gerade munter an allen Klassikern geprobt wird. Dass auf diese Weise nur bedingt ein Klassiker aus einem Guss wird, liegt auf der Hand. Trotzdem kann man sich herrlich an den multiplen Querverweisen ergötzen, die einem da prallvoll aufgetischt werden. Der Obermeister bleibt dabei geliebten Motiven wie Rache, Unterdrückung und Liebe treu.

Zusätzlich ist die Aufarbeitung seiner Deutschland-Phase eingeflossen – in Form der Einarbeitung der Nibelungensage. Dort, wo die Herzensdame als farbige Sklavin den Namen Broomhilda von Shaft trägt, flackert die Götterdämmerung munter. Man riecht förmlich den gepflegt verwahrlosten Mundgeruch Tarantinos, während er beim Schreiben mit verzogenem Lächeln seinen Atem ins Gesicht der Welt entlässt. Kein Wunder, dass sich da und dort eine echauffierte Front gegen den lockeren Umgang mit Fakten und Umfeld auftut. Hinweg mit solchen anlassbezogenen Diskussionen am Rücken des Filmes, der simpel auf andere Momente abzielt.

Schauspielerleistung

Man muss Casterin Simone Bär schon mal danken, dass sie damals Christoph Waltz für das im Endeffekt stärkere Epos „Inglourious Basterds“ ins Spiel brachte. Was auch dieser wohl schon gebührend gemacht hat. Denn das vorrangige Highlight des „Django Unchained“ liegt nur bedingt in der Leistung der Hauptrolle auf den Schultern von Jamie Foxx. Die Figur des Deutschen Dr. King Schultz ist für Waltz formidabel maßgefertigt. Gespickt mit Jokern inklusive überdrehtem Auftreten verdient sich Waltz eine Verneigung für sich selbst. Der Charakter des aufgeklärten, europäischen Kopfgeldjägers als Brücke zur Freiheit des in Ketten gequälten Sklaven ist vom ersten Auftritt weg sympatisch. Verdient, wenn der Mann erneut gefeiert wird. Dass der Kopfgeldjäger Schultz übrigens als Zahnarzt am Wagen fahrend seinen überbordend ersten Auftritt feiert, verdankt man nur einem schmerzhaften Reitunfall Waltz‘. Gefinkelt eingearbeitet ins Buch.

Gewohnt zitatreiche Tonspur

Der Soundtrack bedient sich geradezu logisch bei den Preziosen der goldenen Italo-Western, konterkariert mit Rap, immer in den richtigen Momenten. Entgegen letzten Aussagen Tarantinos hat auch wieder Ennio Morricone sein Platzerl bekommen, unbedingt verdient. Wo das Gute im Namen der Gerechtigkeit und ein wenig Rache in den Horizont reitet, braucht es auch würdige Reibflächen.

Leonardo DiCaprio und Samuel L. Jackson geben dem Bösen das Besondere, wobei Zweiterer es auf den bösesten Schwarzen aller Zeiten anlegen wollte. Verschlagen und höchst gelungen – seine Motive werden allerdings nicht weitschichtig genug aufgeklärt. Der fesche Leo als das zentral dunkle Element mit der Metropole des Schreckens namens Candieland verdient sich ebenso redlich sein eigenes Treppchen am Podest der Szenerie. Selbst ein Don Johnson gibt ebenso passend den Land und Menschen besitzenden Herrscher. Dass alles und immer in Sarkasmus-getränktem Blut opulent endet, braucht bei Tarantino keiner gesonderten Erwähnung. Mal ästhetisch verschoben, häufiger direkt und roh. Dann eher schon, dass Szenen wie Mandingo-Fights oder Menschen zerfleischende Hunde entschärft wurden.

„Django“ Foxx hat in Interviews bestätigt, dass die Dreharbeiten für solche Szenen mental aufreibend waren und selbst dem Zitat-Gott selbst nahe gingen. Herzerwärmend dafür, wenn ein Franco Nero noch einmal am Lagerfeuer sitzt. Eine würdige Verneigung, wie das gesamte Teil Sergio Corbucci und seinen Spaghetti-Kollegen Tribut zollt. Ohne Reinheit, ohne tiefschürfende Wahrheit. Dafür eindringlich in einer filmisch kompletten Sprache, die noch immer kaum jemand so gewandt Goethe-monolithisch beherrscht.

Jonas Vogt hat sich hier in einem Kommentar mit der Frage der Sklaverei und historischer Korrektheit beschäftigt.

"Django Unchained" startet soeben in den Kinos.

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