Arabischer Hip Hop

Eines der Zentren des arabischen Hip Hop ist seit jeher Palästina. So pervers es klingt: Von der prekären politischen Situation im Nahen Osten haben Hip Hop Gruppen wie DAM, Ramallah Underground oder Darg Team profitiert. Ihr politisches Engagement wird von vielen westlichen Hilfsorganisationen und Kulturinstituten unterstützt.

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Immer wieder gelingt es Konzerte und Workshops in Flüchtlingslagern zu organisieren, Dokumentarfilme zu drehen (wie zum Beispiel "Slingshot Hip Hop") und – allen behördlichen Widrigkeiten zum Trotz – ein Stück palästinensischer Realität in die Welt hinauszutragen.

Von so viel Medienaufmerksamkeit können die rappenden Jugendlichen in den Straßen von Algier nur träumen. Algeriens Rapszene entstand Ende der 80er im Zusammenhang mit Jugenrevolten. Seitdem hat der Hip Hop die Rai-Musik in der Funktion als Protestmedium abgelöst. „Wenn du schweigst, stirbst du, wenn du sprichst, stirbst du auch; also sprich und stirb!“ – dieses Zitat des ermordeten algerische Schriftsteller Tahar Djaout druckte einst die Rapgruppe MBS auf ihr CD Cover – und auch heute nehmen sich algerische Rapper kein Blatt vor den Mund. Hunderte Gruppen haben sich in den Großstädten formiert, häufig einfach nur arbeitslose Kids, die in den Seitenstraßen und am Strand abhängen und weit davon entfernt sind, professionell zu sein. Ihre Texte haben es aber in sich: Sie rappen über Arbeitslosigkeit, die Unfähigkeit der Regierung, darüber, dass französische Frauen viel besser sind als algerische – und: immer mehr über Religion.

Religiöser HipHop – das ist ein Trend der sich im gesamten arabischen Raum abzuzeichnen scheint. Der Islam als Antwort auf alles Schlechte dieser Welt, der islamische Staat als Alternative zum westlichen Imperialismus? Paradoxerweise ist dieser HipHop akustisch und optisch stark beeinflusst vom US-amerikanischen Hardcore-Gangsta Rap. Ist das bloße Provokation oder müssen wir uns ernsthaft Sorgen machen? HipHop Urgestein Ourrad Rabah, ehemaliger Rapper von MBS beruhigt in einem Interview mit der Online-Zeitschrift norient.com: „Diese neue Generation von Rappern spricht viel stärker die Sprache der Straße. Wenn da einer Islam als Metapher für Widerstand nimmt, finde ich das zwar wenig kreativ. Ich würde ihren Rap aber auch nicht vorschnell als Sprachrohr der Islamisten und Terroristen abstempeln.“

Solidarität mit den Palästinensern, Widerstand gegen den ewigen Feind Israel und die USA sind immerwiederkehrende Sujets. Neuerdings sind auch die Freimaurer als Thema sehr beliebt. Verschwörungstheorien sind auch im arabischen Raum sehr beliebt. In Syrien ganz besonders. Dort, in Aleppo, lebt Don Mega. Der MC der Rapgruppe Murder Eyez glaubt daran, dass Mächte von Außen hinter der Revolution in seinem Land stecken.

„Eine internationale Verschwörung aus „Freimaurern, Kaballa, Israel und den USA.“ In seinem Song „Did el-Balad“ (Gegen das Land) ruft der Rapper die Demonstranten zur Räson auf, warnt sie vor einer Spaltung des Landes. Konterrevolutionärer HipHop oder purer Opportunismus? Er sieht sich selbst sehr wohl als kritischen Musiker mit einer „Message“, sagt aber ganz klar: „Es gibt eine rote Linie“, was bedeutet: „Stelle niemals den Präsidenten in Frage“.

In Syrien ist HipHop ein noch relativ junges Genre, mehr ein Zeitvertreib eines reichen Oberschichtennachwuchs, denn Movement aus der Unterschicht. „Don Mega“, dessen großes Vorbild Ice Cube ist, will hoch hinaus, Karriere machen. Er ist Teil des “Arab League” Movement – ein internationales Netzwerk arabischer Hip Hop Artists. Sie alle haben auf die eine oder andere Weise die politischen Ereignisse in der arabischen Welt kommentiert. Unter ihnen einige große Namen des Arabischen HipHop zu finden, wie die ägyptischen Arabian Knightz, die in London ansässige palästinensische Rapperin Shadia Mansour, der in den USA lebende Omar Offendum oder Fredwreck, ein Produzent mit palästinensischen Wurzeln, der unter anderem Snoop Dogg, Xzibit, Britney Spears oder 50 Cent produziert und 2007 auf MTV Arabia gemeinsam mit dem Saudischen Rapper Don Legend die Casting Show “HipHopNa” (Unser HipHop) moderierte.

Die neuen arabischen HipHop Stars sind im Mainstream angekommen.

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