Florian Pochlatko hat einen 12-minütigen Videowahnsinn für Zebra fucking Katz gedreht. Ohne viel Geld. Dafür mit umso mehr "Creative Vision". Wie hat er das gemacht?
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Florian Pochlatko ist nicht nur ein sympathischer Kerl, der ohne Umschweife raussagt, was er sich denkt, sondern er gehört zu den aufstrebendsten und vielseitigsten Jung-Regisseuren unseres Landes. Mit seinem Kurzfilm "Erdbeerland" konnte er seinen bisher bedeutendsten Erfolg verzeichnen. Gleich zwei Preise hat er für den besten Kurzfilm beim Österreichischen Filmpreis und bei der Diagonale gewonnen. Und er kann mittlerweile von seiner Arbeit leben. Da ist gut, denn es sind in Zukunft noch einige Projekte von ihm zu erwarten. Den 12-Minüter zu Nu Renegade von Zebra Katz x Leila gibt es hier zu sehen, Fotos vom Dreh findet ihr in der Gallery.
Wie er mit Aphex Twin geskypt hat, wieso die heimische Musikszene manchmal einfach ein Arschloch ist und wie ihm Haneke beigebracht hat, auf die Goschn zu fliegen, erfährt ihr in diesem ziemlich ehrlichen Interview.
Wo hast du Zebra Katz getroffen und wieso habt ihr entschieden zusammenzuarbeiten? Immerhin unterscheidet sich die Ästhetik von dem Video zu deinen vorigen Arbeiten wie "Erdbeerland" doch sehr.
Zufall. Zebra Katz hat einen Freud von mir in der Pratersauna kennengelernt und irgendwie haben wir dann alle zusammen beschlossen, ein Projekt zu machen.
Ich habe mich trotz anfänglicher Skepsis dafür entschieden, mich auf diese Arbeit einzulassen, weil ich mit diesem düsteren Vibe der Musik sehr, sehr viel anfangen konnte und ich das Gefühl hatte, Gedanken und Ideen, die ich zu dieser Zeit hatte, zum Ausdruck bringen zu können. Die Musik an sich fand ich auch ziemlich speziell und spannend, obwohl ich eigentlich gar nicht so ein Rap-Fan bin. Einerseits ist sie simpel an der Oberfläche aber bei genauem Hinhören sau komplex und vielschichtig. Als ich dann gehört habe, dass die Produzentin Leila Arab, ein Warp Records Urgestein der ersten Stunde, ist, war ich dann vollends dabei.
Als Teenager habe ich mir immer gedacht, eines Tages mach ich Filme für Warp Records, damals Heimat aller meiner Teenie-Idole wie Chris Cunningham, Aphex Twin, Squarepusher, Björk und wie sie alle heißen. Und als ich dann, viel später, bei Leila im Zimmer in North London gesessen bin, um zwischen Wäschebergen die Übergänge der Songs und Clips zu basteln und uns tatsächlich Richard D. James (Anmerkung: Aphex Twin) angeskypt hat, um zu schauen, wie es so läuft, hat dann mein Fanboy-Herz höher geschlagen. Am liebsten hätt ich rüber gewunken zu meinem Teenie-Ich und gesagt: He, gib dir!!!
Und ja, das ist schon was anderes als Erdbeerland geworden, aber ich finde, dass man die beiden Sachen eigentlich gar nicht so vergleichen kann, weil sie jeweils komplett anderen Intentionen und Ansprüchen folgen.
In diversen Interviews ist von einem ziemlichen stressigen Dreh die Rede. Zufall oder ist Drehen mit Zebra Katz einfach stressig?
Wenn ein kleines Team, quasi im Rahmen eines Studentenprojektes, so eine, naja, bisschen größenwahnsinnge Arbeit in sehr kurzer Zeit umsetzt, kann es schon mal ziemlich turbulent werden. Wir waren ein Haufen voller Irrer von überall her. Jeder mit eigenen Vorstellungen, von dem was passieren soll und so. Zusätzlich habe ich die Protagonisten vor dem Dreh nicht gekannt und nicht gewusst, wie das alles werden wird und ob das Konzept überhaupt aufgehen wird. Aber das weiß man eh bis zum Schluss nie. Und ja, das war dann alles eine ziemlich Action.
Wieviele Leute waren beteiligt? War die Koordination schwierig?
In der Organisation waren wirklich sehr wenige beteiligt. Ein Mensch, Simon Spitzer, hat sich um Casting und Logistik der ganzen Menschen vor der Kamera gekümmert und diese beisammen gehalten. Serafin Spitzer und Anselm Hartmann, die beiden Kameramänner, die sich mit Helfern um die ganze Kamera- und Beleuchtungslogistik gekümmert haben, und Marie Bohrer, die sich um alles rundherum gekümmert hat, zb Catering für 100 Leute mit quasi keinem Budget, die noch dazu ihre halbe Verwandschaft in dem Film mitspielen lies. Ina Katz, eine sehr professionelle und gute Szenenbildnerin, hat sich um ihren Teil quasi im Alleingang gekümmert und Anna Wagner, die mir beim Rest geholfen hat. Flüge buchen, Schlafplätze finden, Locations finden usw. Und einige andere, die sich quasi selbstorganisiert um ihre Aufgabenbereiche gekümmert haben … da muss man also schon erfinderisch werden.
Also wäre da nicht so eine Gruppe von unglaublich motivierten und fiten Leuten zusammen gekommen, die eigentlich alle logistischen Probleme und Unfälle auffingen, hätte es wahrscheinlich nicht geklappt.
Wie hast du dieses Mammutprojekt finanziert?
Eigentlich darf man das fast gar nicht sagen und man müsste immer behaupten, dass das alles 5 Millionen Euro gekostet hat, aber in Wirklichkeit war es ein kleines Studentenprojekt auf der Filmakademie und zusätzlich haben wir noch eine kleine Förderung des Landes Steiermark bekommen.
Dass das jetzt alles so professionell und groß aussieht, ist wirklich den Menschen, die an dem Projekt gearbeitet haben, zuzurechnen.
Wir haben halt alle gelernt, mit dem was zur Verfügung steht, so zu arbeiten, dass man viel, oder eben das, was das Projekt braucht, rausholen kann.
Haben sich durch die Arbeit mit Zebra Katz weitere internationale Engagements gegeben?
Ja. Einen Tag nach Release schon. Ziemlich arge sogar. Aber ich kann im Moment noch nicht sagen, ob sich da wirklich was ergeben wird oder wie ernst sowas dann ist. Im Moment find ich’s einfach total lustig und cool.
Du hast schon mit einige Musikern Videos gedreht. Fijuka, Bunny Lake oder Koenigleopold waren darunter. Gab es Unterschiede bei Zusammenarbeit mit einem internationalen Act wie Zebra Katz? Welche Rolle nehmen Labels bei den Videos ein und beteiligen sie sich bei der Finanzierung?
Naja, am schönsten ist es immer, direkt mit den Musikern zusammenzuarbeiten und gemeinsam aus irgendwelchen vergessenen Winkeln noch ein bisschen Erspartes zusammenzukratzen und die letzen überstrapazierten Connections zu Equipment anzuzapfen. Labels aussen vor zu lassen ist, glaub ich, der bessere Weg.
Leider habe ich die Erfahrung in Österreich gemacht, dass einen viele Labels von vorn bis hinten verarschen. Das spricht man glaub ich auch nicht öffentlich aus, aber irgendwie muss man es auch einfach mal klar sagen, auch wenn man sich unbeliebt macht. Viele meiner Filmemacherkollegen haben dieselben Erfahrungen gemacht, und werden sich’s zwei Mal überlegen, ob sie sich nochmal mit manchen Leuten der Indiemusikszene einlassen. Da sind sogar die Majors irgendwie noch angenehmer im Umgang, weil sie direkt sind und die schlechten Karten gleich auf den Tisch legen. Und die Bedingungen sind ja oft wirklich ziemlich arg. Jeder erwartet, dass man quasi gratis den geilen Megashit abliefert und wenn man das dann tut, wird es als Selbstverständlichkeit betrachtet. Nie ein Danke. Nichts. Die Indieleute aber haben zusätzlich noch so die Mentalität: "Hey, hab uns lieb, wir sind die Guten aus dem Indiebuisness", wenden aber eigentlich die gleichen Ausbeutungsmechanismen an, nur irgendwie gemeiner, weil hinterrücks.
Ich glaub halt, dass vieles daran liegt, dass die österreichische Musikbranche finanziell ausgetrocknet ist und auch fast ohne Förderungen auskommen muss. Jetzt reproduziert halt jeder das System nach unten hin weiter. Ich bin da leider auch kein Experte und kann da auch nur mutmaßen, warum das so ist. Dennoch muss man die Leute, die eigentlich gute, quasi unbezahlte Arbeit für einen abliefern, nicht wie die letzten dahergekrochenen Arschlöcher behandeln, die noch dankbar sein müssen. Hoffentlich ändert sich da was durch den Aufschwung, den österreichische Musik im Moment erlebt. Aber ehrlich, es ist wirklich eine Schweinerei, was da teilweise abgezogen wird.
Wenn du frei wählen könntest, mit welchen 3 MusikerInnen oder Bands würdest du am liebsten etwas machen?
The Arcade Fire, Timber Timbre oder Nick Cave. Aber eigentlich gibts ganz viele, mit denen ich gern mal was machen würd. Egal ob von weit weg oder von hier. Flying Lotus, das wär auch super. Hui!
Du studierst Regie bei Michael Haneke an der Filmakademie Wien. Was sind die drei wichtigsten Dinge, die du bei ihm gelernt hast?
Also naja, die Sachen sind banal, waren aber für mich total wichtig.
Zum Beispiel, dass es nicht dieses Künstlerstereotyp gibt, dem man entsprechen muss, um selbst ein guter Künstler zu sein, sondern, dass wirklich jeder seinen eigenen Weg finden muss und auch kann, wenn er lang genug dran bleibt und nicht klein bei gibt. Das klingt so blöd irgendwie. Aber das hab ich zumindest auf der Filmakademie gelernt. Haneke vertritt halt auch eine erdige Hacklermentalität und tritt nicht als Guru auf. Der propagiert halt auch am ehesten noch das Handwerk. Eher so, dass die Inspiration aus der Arbeit und der intensiven Beschäftigung mit der Materie kommt und nicht als Geistesblitz in einer transzendenten Meditationssession. Dran bleiben, noch tiefer gehen, die Skills schärfen so gut es geht und nicht aufhören damit. Auf die Goschn fallen und so. Und auf die Goschn fliegt man ja eh die ganze Zeit. Das find ich eigentlich einen guten, angenehm niederschwelligen, Zugang. Und er zeigt halt auch vor, dass Haneke noch immer der vom Film Besessenste und von allen der ärgste Freak ist, weil er so tief eintaucht. Da kann man sich als Student schon noch eine Scheibe Wahnsinn abscheinden.
Wann kommt dein Spielfilm-Debüt?
Ich arbeite sogar wirklich ernsthaft schon daran und entwickle das gerade mit einer coolen, gleichgesinnten Produktionsfirma. Irgendwie freu ich mich voll drauf, weil ich keine so arge Angst mehr habe. Und deswegen mach ich mir deswegen auch nicht mehr so einen Stress. Trotzdem hoff ich bald!
Dir sind nach einer sehr kostspieligen Produktion 2 Euro in deiner Hosentasche geblieben, mit denen du dir am Naschmarkt dann eine Auster gekauft hast, habe ich gelesen. Coole Geschichte, aber ist es für junge Leute in der Branche auch cool? Kannst du mittlerweile davon leben?
Also, wer sich das jetzt wirklich bis zum Schluss durchgelesen hat, kann sich denken, dass es nicht so wahnsinnig einfach ist für junge Leute in der Branche davon zu leben, ohne sofort ihre künstlerischen Ambitionen aufzugeben. Aber wenn man die aufgibt, kommt man auch irgendwie nicht weiter, hab ich das Gefühl. Ein Teufelskreis irgendwie. Ich hab gerade das Glück, dass ich es im Moment schaffe, davon ganz gut zu leben und trotzdem das Gefühl habe, an eigenen Ideen arbeiten zu können. Das hat aber auch echt lange gedauert an diesen Punkt zu kommen.
Bei der Geschichte von oben, die du meinst, da is auch der Bausparer draufgangen und Leute vom Team haben sich finanziell beteiligt, damit wir den Film fertig machen konnten, ohne Sicherheit, ob das Geld jemals wieder zurückkommt. Es ist dann Gott sei Dank zurück gekommen, aber damit konnten wir eigentlich nicht mehr rechnen. Ja, jetzt kann man sagen wir sind irgendwie totale Trotteln oder coole Idealisten, ich weiß es aber selber grad net.