Deutscher Punk. Eine Bestandsaufnahme

Die Nerven sind die neuen Posterboys intellektueller deutschsprachiger Rockmusik. Wie das und der deutsche Punk so zustande gekommen sind, erfährt man hier. Achtung: Namedropping bis zum Exzess.

Auch die beiden Labelkollegen von Trümmer auf dem sehr jungen Euphorie, Zucker und Der Ringer sind eine Empfehlung wert. Zucker sind neben Die Heiterkeit, die am 28.2. ihr zweites Album „Monterrey“ veröffentlichen, die einzige weibliche Band in diesen Dunstkreisen. Bereits vor zwei Jahren rauschten Zucker mit ihrem Song „Trümmerfrauen“ – ein Schelm, der da an die Kollegen denkt – durch das eine oder andere Feuilleton, ein Album ist momentan in Arbeit. Der Ringer haben ihre EP Anfang 2013 veröffentlicht, man sollte dranbleiben, insbesondere wenn man Fan von Kolossale Jugend und Ostzonensuppenwürfelmachenkrebs ist.

Kürzlich veröffentlich haben auch die Münchener Posthardcore-Menschen von Marathonmann, seit 17. Januar steht die EP „Kein Rückzug, kein Aufgeben“ in den digitalen Plattenläden. Auch Kmpfsprt, die auf Konsonanten genausowenig Bock haben wie mal von einem Festival zuhause zu bleiben, haben im Januar mit „Jugend mutiert“ ihre Version von melodiösem Hardcore releast.

Weiter zurück liegen die Veröffentlichung von Leitkegels „Raketenwissenschaft“, die Mischung aus Emo und Postrock funktioniert jedoch noch nicht ganz einwandfrei. Auch das dritte Album von Adolar konnte die sehr hohen Erwartungen, die durch die ausgezeichneten Vorgängeralben geschürt wurden, nicht erfüllen.

Aktuell im Veröffentlichungsstress sind Matula, die ihr klassisches Punk-Rock-Album „Auf allen Festen“ am 14. Februar in den Plattenläden stellen. Am 14. März erscheint dann das neue Album von Findus.

Neben diesen schon etablierten Künstlern mit gängigen Namen, haben sich in den letzten Wochen und Monaten auch einige Newcomer präsentiert, so wie Die Wirklichkeit aus Solingen, Vögel Die Erde Essen aus Berlin und Captain Risiko aus dem Saarland. Leider setzen letztere zu stark auf ausgelutschte Seemannsmetaphorik, als moderne Diskurspunkband nicht gerade originär.

Was auffällt ist, dass all diese Bands eines eint. Genau, sie kommen aus Deutschland. Österreichischer Punk, der zumindest ein bisschen an der Oberfläche kratzt, findet größtenteils nur auf englisch statt, zahlreichen Bands – vor allem aus Wiener Neustadt und Umgebung – fehlt der Mut, auch in ihrer Muttersprache zu schreiben und zu singen. Die österreichische Tradition an Post-Punk ist reichhaltig, wie so oft geht der Dank an Trash Rock Archives für das Schaffen von Bewusstsein. Aktuell wären als einziges – wenn man mal von Kreisky und die mit „Libertatia“ endgültig den Punk verabschiedenden Ja, Panik ausnimmt – noch The Who The What The Yeah, die im November 2013 ihr drittes Album „Strom“ veröffentlicht haben, als Vertreter zu nennen. „Strom“ ist nämlich gar nicht schlecht, ganz und gar nicht.

Die Nerven sind, abschließend, also nicht die einzigen, die diese Art von Musik machen. Gut, sie sind mit This Charming Man Records auf einem Label, das sich aktuell äußerst gut vermarktet – und mit Messer auch die wohl zweite ganz wichtige Band zurzeit beheimatet und neben Zeitstrafe, Euphorie und mit Abstrichen Staatsakt zu den führenden Labels der Stunde zählt – aber dennoch hätten es auch viele andere Bands verdient, die großen und kleinen Gazetten zu füllen. Denn so gut ist „Fun“ nun auch wieder nicht.

Ein paar Bands verlieren sich auch nach Österreich. Die Nerven spielen am 15.2. im Grazer Forum Stadtpark, tags darauf im Wiener Rhiz. Messer gastiert an selber Stelle am 3.3.. Matula spielen am 5.3. im DasBach in Wien, The Who The What The Yeah am 15.3. im Ost Klub. Die Heiterkeit gastieren am 11.4. im Rhiz. Ja, Panik treten am 21.4. im Welser Schlachthof, am 22.4. im Grazer Bang Bang Club, am 23.4. im Salzburger ARGEKultur und am 24.4. im Innsbrucker Weekender auf. Tickets gibts wie immer an allen bekannten Vorverkaufsstellen.

Bild(er) © This Charming Man (x2) / Euphorie (x2) Abgebildet sind (v.o.n.u.): Die Nerven, Messer, Trümmer, Zucker
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