Gestern fand der Solidaritystorm-Flashmob und GIF-Dreh bei der Karlskirche statt. Den OrganisatorInnen der Plattform #aufstehn ging es darum, öffentlich gegen Hass und sexualisierte Gewalt gegen Frauen im Internet aufzutreten. Wir haben mit #aufstehn-Geschäftsführerin Maria Mayrhofer gesprochen.
Flashmobs müssen per se ja keinen politischen Charakter haben, man denke an vergangene Flashmobs in Österreich, in denen etwa Michael Jackson Tribut gezollt wurde oder kollektiv am Praterstern gerülpst wurde. Der gestrige bei der Karlskirche stattgefundene Flashmob, der von der Plattform #aufstehn organisiert wurde, verfolgte jedoch politische Ziele. Konkret ging es den OrganisatorInnen darum, Bilder und auch GIFs zu produzieren, um gegen Hass und sexualisierte Gewalt gegen Frauen im Internet einzutreten. 80 bis 100 Leute haben sich laut #aufstehn-Geschäftsführerin Maria Mayrhofer gestern am Flashmob und GIF-Dreh beteiligt. Dabei haben sie verschiedene Reaktionen nachgestellt, die im Anschluss zu GIFs verarbeitet werden. Diese bekommen die Beteiligten per Mail zugesandt. Zudem lassen sich die GIFs künftig auf der Website- und der Facebook-Seite von #aufstehn finden. Sie können genutzt werden, um im Internet, etwa auf Social Media-Plattformen, auf Hasspostings zu reagieren. Betroffenen soll dabei weiters gezeigt werden, dass sie nicht alleine sind und die Zivilgesellschaft soll erinnert werden, dass das Internet noch immer ein Raum ist, in dem gegen Frauen (und auch Minderheiten jeglicher Art) gehetzt wird. Es ist noch immer ein Raum, in denen etwa Journalistinnen Beschimpfungen ausgesetzt sind. Letzteres bot auch den Anlass für #aufstehn, um den #solidaritystorm zu initiieren.
Solidarität gegen Frauenhass im Netz
Es war die Falter-Titelgeschichte „Uns reicht’s!“, in der die vier Journalistinnen Ingrid Thurnher, Corinna Milborn, Barbara Kaufmann und Hanna Herbst von all dem Hass, Vergewaltigungswünschen und Morddrohungen, die sie alle im Internet erhalten, berichteten. Die Geschichte wurde intensiv diskutiert. Der Falter machte sie ausnahmsweise eine Weile für alle LeserInnen öffentlich zugänglich. Der Verein #aufstehn, der sich für progressive Politik, soziale Fairness und ökologische Verantwortung einsetzt und digitale Tools nützt, um politisches Engagement zu ermöglichen, startete darauf den Hashtag #solidaritystorm. Dieser wurde häufig genutzt und auf der #aufstehn-Website haben sich bisher 13.945 Personen solidarisch gezeigt. Viele Menschen (Frauen als auch Männer) lobten die vier Journalistinnen für ihren Mut und ihre Offenheit. Zudem konnte, ähnlich wie 2013 beim Hashtag #aufschrei, gezeigt werden, dass Frauen noch immer von Sexismus in all seinen Äußerungen – von abschätzigen Äußerungen, ungewollten Berührungen und eben auch Vergewaltigungs- und Morddrohungen – betroffen sind. Es konnte aber ebenso gezeigt werden, dass es dagegen Widerstand gibt und geben muss.
Auch offline, nicht nur für junge Menschen
Die Kampagnen von #aufstehn, die sich in der Vergangenheit u.a. fürs wählen gehen, gegen Waffenexporte, gegen TiSA, gegen den WKRBall und für Fluchtlinge eingesetzt haben, entstehen dabei zuerst online, wie uns die #aufstehn-Geschäftsführerin Maria Mayrhofer mitteilt. Jedoch sei es auch im 21. Jahrhundert nötig, Online-Inhalte außerhalb des Internets zu diskutieren: „Wir haben den Anspruch, dass unsere Kampagnen immer auch im echten Leben ankommen und dort tatsächlich etwas bewirken. Das unterscheidet uns von herkömmlichen OnlinePetitionsportalen, wo sich die xte Petition an den eigentlich eh nicht zuständigen B-undespräsidenten schnell im Sand verläuft“, so Mayrhofer. Daher steht das #aufstehn-Team auch mit VertreterInnen aus Politik und Medien im Kontakt und achtet darauf, ob geforderte Versprechen tatsächlich umgesetzt werden. Den Gedanken, dass nur junge Leute digitale Tools nützen, um sich (politisch) zu engagieren, hält Mayrhofer für falsch: „Aus unserer Erfahrung aus den unterschiedlichsten Kampagnen wissen wir, dass das ganz und gar nicht so ist. Wir sind ja nicht nur via Social Media aktiv sondern stehen mit Unseren UnterstützerInnen vor allem via EMail in Kontakt. Viele Menschen, die uns unterstützen sind älter, als viele vermuten würden. Einige unserer aktivsten UnterstützerInnen haben das Internet in der Pension für sich entdeckt und freuen sich sehr, dass sie so am politischen Prozess teilhaben können.“
Graswurzelbewegungen für verschiedene Themen
In Österreich sei so eine Art des politischen Aktivismus noch relativ jung, so Mayrhofer weiter. Vorbilder für ihre Arbeit lassen sich daher v.a. in anderen Ländern wie den USA, Großbritannien, Australien oder Indien finden. Hier seien Graswurzelbewegungen, also politische Bewegungen, die aus der Basis der Bevölkerung entstehen, deutlich verbreiteter. „Mit vielen von ihnen stehen wir im regen Austausch und sind auch Teil eines internationalen Netzwerks progressiver Online-Kampagnenorganisationen. In Deutschland zum Beispiel gibt es Campact, die bereits seit zehn Jahren gekonnt Online- und Offlineaktivismus kombinieren und u.a. federführend bei den Protesten gegen die Handelsabkommen TTIP und CETA sind“, so Mayrhofer. Zukünftig wolle man sich u.a. für faire Bildungschancen, gerechte Vermögensverteilung und gegen Rechts einsetzen und natürlich werde auch die Bundespräsidenten-Neuwahl #aufstehn beschäftigen. Flashmobs seien dabei eine ideale Form des politischen Aktivismus für #aufstehn.
Der Solidaritystorm-Flashmob und GIF-Dreh fand am 06.07.2016 bei der Karlskirche in Wien statt. Nähere Infos zu #aufstehn gibt es auf deren Website oder Facebook-Seite. Was man gegen Hass im Netz noch so tun kann, hat uns Ingrid Brodnig vom Profil verraten.