Cinema Next präsentiert sechs ausgewählte junge österreichische Filme für kurze Zeit exklusiv on demand. Einer davon: »Mathias«. Regisseurin Clara Stern über ihren Film, Authentizität und Hanekes Erfolgsverständnis.
Ein Thema, das nahe geht: Mathias versucht sich nach einer Geschlechtsumwandlung wieder in die Gesellschaft einzugliedern. Clara Stern hat für ihren Kurzfilm darüber sowohl den Kurzspielfilmpreis der Diagonale als auch des Österreichischen Filmpreises erhalten. Cinema Next präsentiert »Mathias« bis 1. Juli 2019 exklusiv online beim Kino VOD Club.
Cinema Next: In deinen eigenen Worten – Worum geht es in »Mathias«?
Clara Stern: »Mathias« erzählt die Geschichte von jemandem, der sein Leben sehr verändert hat und seinen Platz in der Welt deswegen neu sucht. Einerseits innerhalb der Arbeitswelt – Mathias beginnt am Anfang des Films, in einer Speditionsfirma im Lager zu arbeiten – andererseits innerhalb seiner Langzeitbeziehung. Schlussendlich geht es aber vor allem darum, dass Mathias sich selbst findet und lernt, zu sich zu stehen. Es geht für mich um Geschlechterrollen, Loyalität, Zugehörigkeit und Akzeptanz.
Wie hast du die Transgender-Figur von Mathias recherchiert und für dich erarbeitet?
Ich habe das Drehbuch gemeinsam mit Johannes Höß geschrieben, der die Idee zum Film hatte, weil eine Freundin von ihm etwas sehr ähnliches erlebt hat. Ausgehend davon haben wir Interviews und Gespräche mit Transgender-Personen geführt, um dann die vielen einzelnen Erlebnisse in eine fiktive Geschichte zu verweben.
Wie wichtig ist es für dich als Spielfilm-Autorin und -Regisseurin, dass du »authentisch« erzählst?
Authentizität ist ein schwieriger Begriff, der oft inflationär benutzt wird. Deswegen würde ich eher antworten, dass es mir wichtig ist, gut zu recherchieren – vor allem wenn es ein Thema ist, dass nicht autobiographisch ist –, um mit den Personen, deren Geschichten ich fiktionalisiere, zu erzählen und nicht über. Das hat etwas mit der Haltung zu tun und ist ein Weg, den Film authentisch zu machen.
Du hast mit »Mathias« 2017 den Diagonale-Preis für Bester Kurzspielfilm und 2018 den Österreichischen Filmpreis erhalten. Macht das deine Arbeit als Autorin und Regisseurin nun einfacher?
Die eigentliche Arbeit ist dieselbe geblieben, aber es hat mir gezeigt, dass ein Publikum mit meinen filmischen Erzählungen mitgeht. Und laut Michael Haneke ist Erfolg, wenn man weiterarbeiten, also den nächsten Film machen kann. Und der Erfolg von »Mathias« hat dazu beigetragen, dass es Vertrauen in meine Arbeit gibt.
Welches ist deine Lieblingsszene in »Mathias« und warum?
Es gibt eine Szene, die nennen wir innerhalb des Teams »Die Wurstsemmelszene«: Mathias (Gregor Kohlhofer) und sein Arbeitskollege Emir (Ahmet Simsek) sitzen nebeneinander auf einer Treppe am Firmengelände und essen Semmeln in der Mittagspause. Es ist ein unaufgeregter, beobachtender Moment, in dem es um die Feinheiten der Freundschaft und um das Nachahmen von männlichem Verhalten geht.
Für die, die jetzt immer noch überzeugt werden wollen: Gib eine Empfehlung für deinen Film in drei Worten oder in einem Satz.
»Tough but claustrophobic, ›Mathias‹ is an emotional roller-coaster ride through the eponymous character’s efforts to fit in«, haben die KuratorInnen des Twist Film Festivals in Seattle geschrieben. Besser kann ich’s nicht sagen.
Eine Interview-Reihe in Kooperation mit Cinema Next – Junges Kino aus Österreich.