»Gone Girl« ist böse und bitter. Und sehr, sehr lustig. Es macht einfach Freude Leuten dabei zuzusehen wenn sie alles falsch machen.
Ben Affleck spielt in »Gone Girl« Nick, einen Ehemann, dessen Frau just am 5. Jahrestag ihrer Hochzeit verschwindet. Im Zuge der Ermittlungen und der Suche nach ihr gerät er immer mehr selbst in Verdacht daran mindestens beteiligt zu sein. Parallel dazu erzählt der Film in der ersten Hälfte die Geschichte ihrer Ehe – in Rückblenden, die sich aus ihrem Tagebuch ergeben. Rund in der Hälfte des Films wird für den Zuseher das Rätsel um Amys verschwinden gelöst. Danach gibt es noch einige Wendungen und manches bleibt irgendwie spannend, weil viele Ausgänge der Geschichte möglich scheinen. »Gone Girl« hat sich schon im dem Film zugrunde liegenden Buch für eine der besten Varianten entschieden.
Rezipiert wird der Film leider oft entweder als Krimi oder als (Ehe-)Drama. Dabei setzt Fincher ganz offensichtlich auf eine Menge Humor und macht sich in erster Linie über die klischeehaften Charaktere lustig. Als Krimi ist »Gone Girl« recht prätentiös und aufwendig konstruiert. Er scheitert an der Dummheit der Protagonisten und gelingt doch, weil gerade in der zweiten Hälfte die zentrale Frage der Ursache für Amys Verschwinden geklärt ist und sich damit viele Möglichkeiten für weitere Wendungen auftun. Als Drama funktioniert der Film in der ersten Hälfte sehr schlecht – weil hier zwar nicht extrem plump aber doch Allgemeinplätze aneinander gereiht werden. Die zweite Hälfte wird zwar immer absurder, aber auch bitterer. Keine der Figuren findet aus den Gegebenheiten heraus und am Ende ergeben sie sich aufgrund von falsch verstandenen Werten und Traditionen in die doch selbst gewählte Katastrophe.
Unterschiedlich aber doch funktioniert in beiden Hälften aber der Humor des Films. Nacherzählt wird die Geschichte des Paares in Allgemeinplätzen. Die Romantik am Anfang, aufregender Sex, die Übereinkunft die eigene Liebe sei etwas besonderes. Aber auch die Missverständnisse, die Nicht-Kommunikation. Nick und Amy sind hier zum einen Genderklischees (die Frau sieht sich schnell als Opfer und geht in dieser Rolle auf; er flüchtet sich in Abenteuer, Affären und lenkt sich ab (Videospiele!)). »Gone Girl« verarscht aber darüber hinaus aber auch ihre Paardynamik. Die scheinbare Unmöglichkeit miteinander zu kommunizieren, obwohl es immer wieder gar nicht so schwer wäre sich anders zu verhalten oder etwas anderes zu sagen.
In der zweiten Hälfte gewinnt die Story an Rasanz und Dynamik – aber auch Absurdität. Die Figuren finden nicht aus ihren Rollen und Klischees und drehen verzweifelt an der großen Drama-Schraube. Fincher und Zuseher dürfen ihnen mit großer Schadenfreude beim Scheitern zusehen. Nicht ganz unähnlich wie William H. Macys Jerry Lundegard in »Fargo«. Eine Nebenfigur macht im Film immer wieder darauf aufmerksam – und es für den Zuseher letztlich unmöglich hier noch das Drama statt der Komödie zu sehen. »Gone Girl« erzählt nicht von Beziehungen als zum Scheitern verurteilter Versuch von Zweisamkeit der nicht aufgehen kann, sondern von einzelnen Situationen in denen die Beteiligten sich so konsequent wie dämlich letztlich falsch verhalten. Das mag nicht minder realistisch sein, ist in erster Linie aber einfach verdammt lustig.
»Gone Girl« ist seit 3. Oktober in den österreichischen Kinos zu sehen.