Cinema Next präsentiert fünf ausgewählte junge österreichische Filme für kurze Zeit exklusiv on demand. Einer davon: der preisgekrönte Kurzspielfilm »ENE MENE«. Regisseurin Raphaela Schmid über Trauerarbeit, Zaubereien und den Versuchen, Tote wieder lebendig machen.
Cinema Next präsentiert »ENE MENE« (2019, 17 Min.) bis 12. Januar 2020 exklusiv online beim KINO VOD CLUB!
Cinema Next: In deinen eigenen Worten: Worum geht es in »ENE MENE«?
Raphaela Schmid: »ENE MENE« handelt von Versuchen des Abschiednehmens und verschiedenen Umgangsweisen mit Trauer. Es geht um Isabella, eine junge Mutter, die versucht, nach dem Tod ihrer Tochter wieder in einen Alltag zu finden. Sie will ihrer verstobenen Tochter eine kleine Geburtstagsfeier machen und ist so damit beschäftigt, alles exakt wie im Vorjahr zu rekonstruieren, als würde sie verdrängen, dass ihre Tochter nicht mehr zurückkommt.
Dann geht es natürlich auch um die kleine Paula, Isabellas zweite Tochter, die selbst mit einem kleinen Drama konfrontiert ist, weil sie den Hamster unabsichtlich aus dem Fenster geworfen hat und der nun tot ist. Paula spürt die Abwesenheit ihrer Mutter und hat deshalb das Gefühl, auf sich selbst gestellt zu sein. Sie versucht den Hamster wieder lebendig zu zaubern, aber das funktioniert leider nicht so gut.
Ein Film über Tod und Trauer: Was war dir wichtig beim Umgang mit diesem Thema?
Zuallererst natürlich die Recherche und das Gespräch mit Betroffenen. Das war mir besonders während des Drehbuchschreibens wichtig, aber auch später in der Zusammenarbeit mit den Schauspielerinnen. Die Schilderungen und Erzählungen von betroffenen Eltern waren uns ein ebenfalls wichtiger Anhaltspunkt. Inhaltlich hat mich besonders das Bestreben, nach einem so schweren Verlust wieder in eine Normalität, einen Alltag zu finden, beschäftigt. Der Film ist für mich ein Versuch, die Leerstellen, die der Tod verursacht und den Raum, den diese Leere einnimmt, sichtbar zu machen.
Für die Erwachsenen ist der Tod etwas anderes als für die kleine Paula, für die er fast etwas Spielerisches hat. Wie seid ihr die Inszenierung dieser unterschiedlichen Perspektiven angegangen?
Mir war es wichtig, dass sich die Welt der Mutter auch in der Bildsprache von der der Tochter unterscheidet. Die graue, kühle, leere Küche, in der die Mutter die meiste Zeit verbringt, steht im Gegensatz zu der verspielten Welt von Paula, die im Garten von Natur umgeben ist. Auch die Perspektiven, die die Kamera in den Szenen mit Paula einnimmt, sollen das unterstreichen, wie z.B. die Unterwasseraufnahmen in den Zauberszenen.
Für mich macht Paula, auch wenn sie natürlich spielerischer mit dem Tod umgeht, aber eigentlich etwas sehr ähnliches wie ihre Mutter: Sie versucht durch ein Ritual, in ihrem Fall einem Zauberspruch, den toten Hamster wieder lebendig zu machen. Der große Unterschied zu ihrer Mutter ist, dass Paula wirklich noch glaubt, dass der Tod nicht endgültig ist.
Welches ist deine Lieblingsszene in »ENE MENE« und warum?
Es sind mehr die Übergänge der einzelnen Szenen ineinander, als eine spezifische Szene, die ich besonders gerne mag. Zum Beispiel der Schmetterling, der gegen die Fensterscheibe fliegt und nicht hinaus kann und dann überleitet in die Szene, in der die kleine Paula zaubern lernt. Diese Bilderfolge mag ich sehr gern, weil sie für mich das Aneinander-vorbei-leben von Mutter und Tochter zeigt: die Mutter, die nicht aus ihrer Haut kann, weil die Trauer sie völlig vereinnahmt, und die Tochter, die in ihrer eigenen, magischen Welt lebt.
Für die, die jetzt immer noch überzeugt werden wollen: Gib in einem Satz eine Empfehlung für deinen Film ab.
Empfehlungen für die eigenen Arbeiten abzugeben finde ich schwierig, das überlasse ich lieber anderen. Ich hoffe natürlich, dass das eine oder andere Gesagte schon Lust gemacht hat, den Film zu schauen.
Eine Interview-Reihe in Kooperation mit Cinema Next – Junges Kino aus Österreich.