Das Essl Museum in Klosterneuburg sperrt zu. Die letzte Ausstellung, die dort eröffnen wird, kommt ganz ohne Kunst aus.
Hier sieht man eSeL gleich fünfmal in einem Depotregal mit Transportkisten voller Kunst. Seine eigene Sammlung hat ein viel bescheideneres Zuhause: haushaltsübliche Aufbewahrungsschachteln aus klarem Plastik randvoll mit Ausstellungseinladungen, Informationszetteln, Karten, Postern und dergleichen. Der Geruch nach dem Keller, in dem sie normalerweise lagern, wird sich bis zur Eröffnung wohl verflüchtigt haben. Wochenlang haben eSeL und seine Mitarbeiter dieses Archiv aufgearbeitet, um daraus einen thematischen Bogen über den Kunstbetrieb im Wien der letzten 17 Jahre zu spannen.
Seit 1999 ist der Kunst-Kommunikator Lorenz Seidler als eSeL aktiv und lässt uns an seinem Überblick der kulturellen Vorgänge teilhaben – zuerst mit einer Sendung auf Radio Orange, dann per Website und Newsletter. Seine Sammlung, eine Zeitgeschichte der Wiener Kunstszene, entstand dabei beim Besuchen von fünf bis acht Veranstaltungen pro Woche wie von selbst aus jenen Dingen, die die anderen meist wegwerfen. »Kunst kommt von Kommunikation« ist einer von eSeLs Leitsprüchen, aber in seiner Ausstellung wird die Kommunikation zur Kunst. Da geht es nicht nur darum, wie Institutionen Kunst kommunizieren, sondern auch, wie dies die einzelnen Exponate untereinander tun.
Roter Faden durch die Kunststadt
Deshalb wurde auf eine chronologische Hängung verzichtet und das Material stattdessen in assoziativer Kleinarbeit gruppiert. Ein roter Faden führt von den historischen Konkurrenten unter Zeitgenossen über die Deklarierung Wiens als Kunststadt mit dem MQ als ihrem Nabel, hin zu den kapitalistischen Befangenheiten des Kunstbetriebs, die bei all den Werbemitteln ständig präsent sind. Darüber hinaus geht es aber auch weiter in Richtung Dezentralisierung, Performance, neue Medien und Partizipation mit wichtigen Abzweigungen zu den Themen Selbstdarstellung und Wissens- sowie Formenproduktion.
Feedback erwünscht
Das alles ist von eSeL aber nicht als starre Struktur gedacht, sonder als freies Feld, in dem die Besucher selbst Zusammenhänge suchen können und auch eigene Ergänzungen einbringen sollen. Zusätzlich wird die Präsentation des Archivs von Seidlers Fotos gerahmt, die einen stets augenzwinkernden Blick auf das Kunstgeschehen werfen. Dass die letzte Ausstellung im Klosterneuburger Essl Museum eine so offen angelegte Sache sein wird ohne wertvolle Artefakte und mit kritisch-verständnisvollem Blick auf genau die Umstände, die das Museum ins Aus manövriert haben, hat wohl niemand geahnt.
Die Sammlung eSeL wird das erste und einzige Projekt des Essl Labors gewesen sein, das passenderweise mit Blick auf die Depots der Sammlung der Essls liegt. Ab Juli wird der wundervolle Zweckbau von Heinz Tesar nur noch ein Depot sein. Wäre es nicht bedeutungsvoll und schön, wenn eSeLs Archiv dort aktiv bleiben könnte, während Haselsteiner und Schröder Essels Sammlung im Künstlerhaus zeigen?
Die Sammlung eSeL wird ab dem 4. Mai im Labor des Essl Museums gezeigt.