Diese Person ist cool – 10 Jahre Der Nino aus Wien

2008 erschien das erste Album von Der Nino aus Wien. Zehn Jahre später gehört Nino Mandl zur A-Liga, hat das Popfest kuratiert und veröffentlicht ein Jubiläumsalbum. Wir verneigen uns.

Molden und Mandl gelang es mit »Unser Österreich«, bekanntere und unbekanntere Stücke von Ambros, Danzer, Heller, Maron und anderen zu ihren eigenen zu machen. Sie reduzierten strikt auf das Skelett und verschafften auch den alten Hadern einen neuen Schub an Popularität. Sie stiegen damit bis auf Platz drei der offiziellen Verkaufscharts auf.

»Immer noch besser als Spinat«

Rund um den Nino hat sich in der Zwischenzeit einiges getan. Mit dem viel zu großen Erfolg von Wanda und Voodoo Jürgens schaffen es zwei Acts, die von Anfang an in hohem Maße vom Nino gefördert und inspiriert wurden, an die Spitzenposition in Österreich. Sein Einfluss auf die ganz großen Erfolgsmodelle der letzten Jahre ist nicht groß genug einzuschätzen. Stefan Redelsteiner, der Wanda in die Stadthalle und darüber hinaus gebracht hat, meint sogar: »Ohne Nino, kein Wanda. Ohne Nino, kein Voodoo. Somit ohne Nino auch kein neues aufregendes Pop-Wien.«

Dass er den Erfolg möglich gemacht hat, weist Nino selbst aber zurück: »Das kann ich nicht sagen, da muss man bis an den Anfang der 2000er zurückgehen – Ja, Panik, Soap & Skin und A Life, A Song, A Cigarette, der Hubert Weinheimer und so. Die haben mich ermutigt. Vieles hat zeitgleich begonnen, man war da immer connected. Man hat es gespürt, dass viele Leute unabhängig voneinander was machen.«

Das Image von Der Nino aus Wien wandelte sich leicht hin zu einem Hidden Champion, zu jemandem, den man entdeckt, wenn man sich tiefer mit der Materie beschäftigen will. Nicht umsonst erscheint auch die erste Werkschau »Immer noch besser als Spinat«, die sich sehr gut verkaufte, am Höhepunkt des Hypes der anderen. Von Groll aber keine Spur: »Ich vergönn’ es den Wandas und dem Voodoo voll. Der Voodoo ist schon ein Rockstar auf seine Art, immer schon gewesen. Die Eternias waren die beste Liveband, die ich kannte. Er ist ein toller Songwriter und Mensch auch, ich mag ihn voll. Wanda sind ins Rennen gegangen, dass sie die Welt erobern. Mit der Überzeugung, es kann funktionieren. Marco wollte das unbedingt, sie haben es geschafft und verdient.«

Dafür, dass er selbst nur in geringerem Maße die Hallen füllt, hat er eine einfache Erklärung: »Ich hab immer schon so eine Abwehrhaltung gegen den großen Hit. Es ging mir nie um Hits, ich bin dankbar, dass ich spielen kann, dass Leute kommen. Ich kann keine Hits schreiben, das liegt mir nicht. Ich kann auch gut untergehen in Riesenhallen. So zwischen 200 und höchstens 1.000 ist angenehm. Meine Musik funktioniert in kleinem Rahmen besser.«

»Alles passt«

Was sowieso wichtiger ist als Chartplatzierungen: Der Nino aus Wien kann gut von seiner Musik leben – schon seit einigen Jahren, fast direkt von Beginn weg. »Es hat sich über die Jahre gehoben und hält jetzt das Niveau irgendwie. Kurz glaubt man, man ist reich, dann kommt die Steuer und man ist nicht so reich«, weiß Mandl zu erzählen. Wien ist da eh ein Paradies, es gibt gar nicht so wenige, wie man denken mag. Früher schien das immer unmöglich. Heute tragen neben hunderten Auftritten im Jahr auch vermehrt Albumverkäufe zum finanziellen Überleben bei. Es ist zwar nicht viel, läppert sich aber: der Vorteil von zehn Alben eben. »Es gibt immer wieder Leute, die das erste Album kaufen und ein paar sind halt so arg, dass sie gleich alle kaufen und sich durchhören.«

Nino Mandl: »Ich sing’ gerne im Dialekt. Es hat automatisch mehr Witz, kommt mir vor. Da fallen mir eher die Schimpfwörter ein als die schönen.« © Patrick Münnich

Apropos Konzerte: Als einer der wenigen Künstler in Wien schafft es Nino, eine große Bandbreite anzusprechen, tritt in verraucht-verschwitzten Clubs genauso auf wie an vermeintlichen Orten der Hochkultur, kuratiert mitunter Abende in seiner »Stammhütte«, dem Theater am Spittelberg.

»Am heißesten Tag des Sommers«

Dass Der Nino aus Wien nicht mehr aus der heimischen Musiklandschaft wegzudenken ist, steht ohnehin seit Beginn der 10er-Jahre fest. Eine Nominierung hat dennoch Aufsehen erregt und seinen Wert noch einmal einzementiert: die als Kurator des Popfest – gemeinsam mit Katharina Seidler. Der Anruf von Robert Rotifer kam zur richtigen Zeit: »Ich hab mir gerade überlegt, dass ich einmal etwas anderes ausprobieren sollte und dann relativ schnell zugesagt.« Auch seine Popfest-Partnerin war von ihm überzeugt: »Nino und ich kannten einander vor diesem Projekt ja kaum, aber ich hoffte gleich, dass er Zeit und Lust haben würde. Zwei Facebook-Nachrichten später saßen wir schon Spritzer trinkend am Karlsplatz«.

Der Beginn einer über mehrere Monate hinweg schweißtreibenden Arbeit, in deren Rahmen rund drei Konzerte pro Woche besucht wurden. »Wir haben es ernst genommen, es liebevoll zusammengestellt«, weiß Mandl aus dieser Zeit zu berichten. Einfacher hat es ein ähnliches Gefühl für Musik gemacht: »Nino ist einfühlend und klug, er kann Situationen, Stimmungen und Musik sofort erspüren und einordnen. Oft mussten wir über die gehörten Songs also gar nicht viel sagen – ein Blick: ›Das, gell?‹ – ›Ja, das.‹«, erzählt Katharina Seidler. Das Event selbst war für den Jungkurator – »Ich werd’ so etwas nie wieder machen« – ein  Erfolg auf voller Linie.

»Jukebox«

Wenn man nun mit dem zehnten Album im zehnten Jahr ins Rennen geht und es als »Jubiläumsalbum« ankündigt, in perforiertem Gold seinen Namen auf ein schwarzes Cover gibt, bleiben nur zwei Möglichkeiten: Man fährt sein Teleobjektiv auf die Vergangenheit aus, blickt klanglich und textlich noch einmal zurück. Oder: Man präsentiert seinen Status quo. »Der Nino aus Wien«, ebendieses Jubiläumsalbum, schafft es, gleich beides unter einen Hut zu bringen. Die Lieder – sie stammen aus dem letzten Jahr – klingen unendlich vertraut, beinhalten wieder Bewusstseinsströme und schunkelnde Dialekthymnen, wirken aber nicht so, als würde sich hier jemand wiederholen – und dennoch sind sie ohne einen retrospektiven Plan aufgenommen worden: »Dass es ein Jubiläumsalbum ist, ist mir erst aufgefallen, als alles fertig war. Ich finde es nett, dass es abwechslungsreich ist, ich finde die Lieder schon relativ verschieden.«

»Konzert«

Wenn die Tour ansteht, die gebührend gefeierte Jubiläumstour, wird Der Nino aus Wien wieder auf den Bühnen der Republiken stehen, das Publikum wieder mit dem Hirschstettner Dialekt verzaubern und ein idealisiertes, romantisches Wien reminiszieren. Abhängig davon, ob er in Wien oder in Linz gastiert, wird der Applaus anders ausfallen – manchmal lange ohne Jubel, manchmal sehr kurz und laut. Was dann gespielt wird, steht noch nicht fest: »Wir spielen einfach, was uns am meisten taugt. Das können wir auch am besten. Man steht ja zu seinen Liedern, man hat sich ja eingebildet, dass sie gut sind.« 200 bis 1.000 Menschen an einem Abend können schließlich nicht irren.

 »Der Nino aus Wien« von Der Nino aus Wien ist am 12. Oktober 2018 bei Problembär Records erschienen.

Newsletter abonnieren

Abonniere unseren Newsletter und erhalte alle zwei Wochen eine Zusammenfassung der neuesten Artikel, Ankündigungen, Gewinnspiele und vieles mehr ...