Vor Kurzem feierten »Die Simpsons« ihren 30. Geburtstag. Aktuell befindet sich die Serie in der 31. Staffel. Zeit für einen persönlichen Rückblick und etwas Nostalgie.
Mit »Bobby: It’s Cold Outside« wurde kurz vor Weihnachten in den USA die 672. Episode der »Simpsons« ausgestrahlt. Simpsonspedia listet aktuell 856 Charaktere auf – von Eleanor Abernathy (in der deutschen Übersetzung die Katzenlady) bis Kearney Zzyzwicz Junior (ein erwachsener Grundschulgeher, der bereits gemeinsam mit Busfahrer Otto die Schulbank drückte). Tausende von Musikstücken kamen über die Jahrzehnte zum Einsatz. Eine kleine Auswahl: »Der Winter« aus Vivaldis »Die vier Jahreszeiten«, »Purple Haze« von Jimi Hendrix, »Un bel dì vedremo« aus der Giacomo-Pucchini-Oper »Madame Butterfly«, »Jammin’« von Bob Marley, »Song 2« von Blur oder »Get Ready For This« von 2 Unlimited.
Ja, die von Matt Groening erdachte Serie setzte neue Maßstäbe, und das in vielen Belangen. Die Seherzahlen sinken zwar seit den frühen Nullerjahren kontinuierlich, doch auch heute sind »Die Simpsons« noch so bekannt, dass bei einer groß angelegten Umfrage, die Mitte der 2010er in den USA durchgeführt wurde, 91 Prozent aller 10- bis 17-Jährigen die Familienmitglieder namentlich identifizieren konnten. Würde man eine solche Befragung in Österreich durchführen, dann wäre das Ergebnis wohl nicht ganz unähnlich.
Lisa als erste US-Präsidentin
Ich weiß nicht mehr, wann ich selbst die Familie aus Springfield erstmals sah. Wahrscheinlich war es in den frühen 1990ern. Auch die Folge ist mir nicht mehr im Gedächtnis, jedoch sollten mich »Die Simpsons« lange Zeit begleiten. Ich erinnere mich an Klassikerepisoden wie die, in der Lisa Simpson erste Präsidentin der USA wird. Diese liegt mittlerweile 16 Jahre zurück. Neben dem Fakt, dass in der Realität noch nie eine Frau dieses Amt innehatte, ist auch Lisas Vorgänger im Amt bemerkenswert: ein gewisser Donald Trump, der die Staatskassen leer zurückgelassen hat. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Auch eine Episode aus 2008 blieb mir gut in Erinnerung: Homer, der am Wahltag vor der Wahlmaschine steht und die Absicht hat, Barack Obama zu wählen. Doch mit jedem Drücken auf den Demokraten-Button bekommt sein Gegner von den Republikanern, John McCain, eine weitere Stimme. Nach sechs fehlgeschlagenen Versuchen und folgenden Beleidigungen in Richtung der Maschine wird Homer letztlich in selbige hineingezogen und ordentlich durchgewirbelt, dass das Blut nur so spritzt.
Das Tolle an »Die Simpsons« sind die unterschiedlichen Humorebenen. Einerseits gibt es Slapstick und eine eher banale Form von Humor, der für alle zugänglich ist, da nicht allzu viel Backgroundwissen benötigt wird. Und dann gibt es die Insider-Jokes und Seitenhiebe für die eingeweihten Zuseher. Man könnte auch sagen, dass die Serie für Kinder genauso geeignet ist wie für Erwachsene.
Fox und Murdoch im Visier
Weiters ist es wohl eine der selbstreflexivsten Serien der Fernsehgeschichte. Man denke beispielsweise an die Fox Broadcasting Company, also an jenes Network, das sie ausstrahlt. Fox, bekannt für seine eher konservative und pro-republikanische Einstellung, ist des Öfteren Zielscheibe von Witzen. So sieht man in der Episode »The Fool Monty« aus 2010 in einer Szene einen Nachrichtenhelikopter, auf dem der Schriftzug »Fox News: Not racist but #1 with racists« zu lesen ist.
Ein weiteres Beispiel ist die Folge »Missionary: Impossible« aus dem Jahr 2000, in der der Fox-Executive-Chairman Rupert Murdoch als Karikatur an ein Foster’s-Bier geklammert (eine Anspielung auf seine australische Herkunft) auftaucht. Zu Beginn der Folge sieht man, wie Homer PBS schaut, ein deutlich kleineres, mit Fox konkurrierendes US-Kabelnetzwerk. Diesem spendet er dann auch noch unabsichtlich 10.000 Dollar. Am Ende sitzen Murdoch und bekannte Charaktere aus dem Fox-Universum in einem Studio bei einer Art Charity-Event für das finanziell angeschlagene Network. Plötzlich klingelt das Telefon und Bart leiht Murdochs Imperium 10.000 Dollar. Vor Freude das Bier ausspuckend, ruft dieser in den Hörer: »You’ve saved my network!« Ehe Bart jovial und in die Kamera blickend antwortet: »Wouldn’t be the first time.«
Gemeinsam mit »Married With Children (Eine schrecklich nette Familie)«, das im Jahr 1987 anlief, bildeten »Die Simpsons« von Beginn an den Gegenpol zu Serien wie »Die Bill Cosby Show«, die das heile Familienleben mit vergleichsweise »normalen« Charakteren in den Vordergrund stellten. Doch in den späten 1990er-Jahren bekamen »Die Simpsons« selbst Konkurenz von Cartoons, die noch deutlich anarchischer im Auftreten waren. Auch wenn »South Park« (seit 1997) und »Family Guy« (seit 1999) nie die Seherzahlen der »Simpsons« erreichten, blieben sie im Vergleich – wohl gerade wegen dieses Umstandes – deutlich kritischer und abgedrehter, während sich Matt Groenings Serie – besonders in den vergangenen Staffeln – deutlicher an den einst kritisierten Mainstream annäherte und so selbst Teil dieses Mainstreams wurde, wie Phillip Lamarr Cunningham in der Washington Post erst kürzlich kritisierte.
Trotz gerechtfertigter Kritik bleiben »Die Simpsons« weiterhin ein durchaus wichtiger Teil der Populärkultur des 21. Jahrhunderts, der auch nach der 31. Staffel nicht enden wird. Gerüchte machten die Runde, dass es nach der 32. Staffel zu Ende sein könnte, doch Produzent Al Jean zerstreute diese im vergangenem Spätherbst und twitterte, dass es sicher auch danach weitergehen werde. Die Fangemeinde darf also aufatmen – und gespannt sein, ob die alte Schärfe wieder zurückkehrt.
»Die Simpsons« sind montags um 19.30 Uhr auf ORF 1 zu sehen.