Zum Zeitpunkt, als das WUK als Veranstaltungs- und Kulturzentrum eröffnet wurde – vor nunmehr 30 Jahren – war das Frauenzentrum bereits fest in der Szene verankert. Ein Gastkommentar von SPÖ-Bundesfrauengeschäftsführerin Andrea Mautz.
In der Szene verankert, aber bewusst nicht „etabliert“. Denn genau das ist, was die Frauen im „FrauenLesbenMädchenZentrum Wien“ ablehnen. Es geht um Gegen- und Befreiungskultur, eine Befreiung von gesellschaftlichen Macht- und Gewaltzwängen. Es geht um die Wachsamkeit gegenüber jeder Form von Sexismus. Sexismus als alltägliche und strukturelle Benachteiligung und Ausgrenzung von Frauen, Sexismus als Normierung von Frauen und Frauenkörpern.
Wie soll Frau aussehen, wie soll sie sich bewegen, wie gibt sie sich salopp, wie leger, wie businesslike… Magazine strotzen nur so vor Tipps und Ratschlägen. Wie angelt sie sich den richtigen Mann und wie behält sie ihn. Wie ist sie glücklich Single, aber doch mit erfüllenden Dates. Die Zeitschriften schaffen ein Bild einer Idealfrau, die am Besten zaundürr und trotzdem fit, sexy, erfolgreich, alles problemlos auf die Reihe bekommt.
Ihre Wut – so all die wunderbaren Tipps nicht fruchten und die Realität sich doch anders darstellt als geplant – schluckt frau nicht hinunter, sondern artikuliert sie bewusst, zielgerichtet und konstruktiv. So will es die Werbeindustrie von uns.
Hat frau einen Abend lang über die Stränge geschlagen, dann überdeckt sie Schatten und Falten am Besten mit kiloweise Schminke, aber bitte dezent und ja nicht offensichtlich zu dick aufgetragen. Ganz abgesehen von den kosmetischen „Korrekturen“ und Schönheitsoperationen, die uns mittlerweile als Alltäglichkeit angepriesen werden. So wie ein Besuch bei der Zahnärztin oder beim Zahnarzt.
Hinter all diesen vermeintlich wohlwollenden Ratschlägen, steht eine Industrie, die mit der Normierung von Frauen ein gutes Geschäft macht.
Hinter diesem Bild steht aber auch ein Herrschaftsanspruch, der Frauen immer noch von den Zentren der Macht fern halten will und ihnen weiterhin die Hauptverantwortung für die Organisation des Alltags aufbürden will. Frauen leisten noch immer zwei Drittel der unbezahlten Arbeit und sie verdienen bei gleichem Job und Qualifikation immer noch ein Viertel weniger als ihre männlichen Kollegen.
Immer wieder werden die Klischees von Frauen, die ihre wahre Erfüllung angeblich im privaten Bereich sehen, aus der Mottenkiste hervorgezogen und bedient.
Das „FrauenLesbenMädchenZentrum Wien“ stellt sich gegen diese Doktrin und schafft einen Raum für einen spannenden, lustbetonten und mitunter auch zornerfüllten Diskurs. Ein Diskurs, der Männer bewusst draußen lässt.
Als SPÖ-Bundesfrauengeschäftsführerin bin ich für die Vertreterinnen der autonomen Frauenbewegung Teil des politischen „Establishment“. Dennoch sind die Anknüpfungs- und Berührungspunkte zahlreich. Als Feministinnen verbindet uns das Engagement gegen patriarchale Strukturen. Strukturen, die entgegen vieler Beteuerungen, leider längst nicht überwunden sind.
Wenn wir für unsere Ideen, Vorstellungen und Wünsche Raum haben wollen, dann brauchen wir eine Gegenwelt. Eine Gegenwelt, wie sie das FrauenLesbenMädchenZentrum seit vielen Jahren erfolgreich schafft.
Ich gratuliere herzlich und mit frauensolidarischen Grüßen!
Andrea Mautz