Die Wiener Ein-Mann-Band Baswod veröffentlicht mit »Four« ein Album, das man hören sollte. Es ist nämlich sehr gut geworden.
Es ist einer der großen Dualismen der Popmusik, der auch dem heimischen Musikkosmos innewohnt: Die Divergenz von Pomp und Reduktion, von Überladung und Zurückhaltung. Glanz und Gloria mit großem Mundwerk versus bewusstes Reduzieren des überschüssigen Tands, das Konzentrieren auf das Wesentliche: Das Erschaffen von Musik, die bleibt. Die breite Aufmerksamkeit ist vermeintlich zyklisch bedingt, mal erfahren überfrachtete Pop-Konstrukte und Heiopeis mit allerhand Tralala einen kurz- und mittelfristigen Hype, mal wird das Auge der Öffentlichkeit auf das gelegt, was dann gemeinhin ziemlich despektierlich als »sensible KünstlerInnen« subsummiert wird. Nur: Im Großen und Ganzen bekommen die schnelle und große Aufmerksamkeit jene, die es mit Übermaß versuchen. KünstlerInnen der Reduktion schaffen es meist erst über Jahre, den eigenen Kreis an Fans zu durchbrechen und zu neuen Ufern des Mainstreams aufzubrechen. Da braucht es dann schon eine spezifische Sprache – etwa Wienerisch – und einen viel zitierten Zeitgeist. Meist bleiben die Leisen unerhört. Logisch, man muss ja auch mehr zuhören, genauer folgen und auch sich selbst reflektieren.
Genauer zuhören sollte man in jedem Fall auch dem Wiener Ein-Mann-Projekt Baswod. Der aus Kärnten stammende Dominik Linder, den man vielleicht auch von seinem Vorgängerprojekt Colony kennt, verdichtet nämlich das Prinzip der Reduktion und den Drang, genau hinhören zu müssen, auf seinem neuen Album »Four«. Nach der im Oktober 2017 erschienen EP »Inhale«, die mit einnehmendem, langsamem Indie-Pop bereits die Wesensmerkmale von »Four« vorwegnahm, entfaltet Linder seine musikalische Idee nun auf voller Länge.
Die Beschissenheit der Dinge
Ganze zwei Jahre – seit dem Langspieldebüt »The Ships Have Set«, das phasenweise deutlich raubeiniger instrumentiert ist – hat das Schreiben und Aufnehmen für »Four« gedauert. Man merkt es auch, es hat sich mehr als ausgezahlt. Die teilweise vereinzelten Klänge, jeder Anschlag an Gitarre und Klavier sind wohl überlegt, abgewogen und durchdacht, bilden in ihrer Summe wunderbare Stücke. Vermeintlich fragile Skizzen, zusammengesetzt als orchestrierte Sehnsuchtsmelodien. Mit schwebender, geradezu transzendierter, zurückhaltender und schüchterner Stimme, die sich im Kontext des Klanggebildes nicht zu wichtig nimmt und akzentuiert als Instrument begriffen wird, erzählt Linder in englischer Sprache von der allgemeinen und dadurch besonders tückischen Alltagsmelancholie, ausgelöst durch die Beschissenheiten der Dinge und Welten und von all dem dazwischen.
Die konsequent kurz benannten zehn Stücke – nur »Sundays« und »City« stechen aus der Einsilbigkeit heraus – sind in sich kohärent, klingen wie aus einem Guss, ohne dabei langweilig zu werden. Rücken mitunter verschiedene Instrumente – Klavier oder Gitarre – in den Vordergrund, schafft es Linder dennoch, sich einer eigenen Sprache und Konsistenz zu ermächtigen. Als Referenz fallen dazu vielleicht noch die sträflich unterschätzen The Unwinding Hours und insbesondere deren erstes unbenanntes Album ein, vor allem aber in der – wie gelernt – so häufig überfrachteten österreichischen Popmusik ist Baswod weit auf einsamer Flur. Nicht nur das macht »Four« zu einem ganz besonderen Album. Muss man sich auf jeden Fall merken.
»Four« von Baswod erscheint am 15. Februar 2018 als Download sowie auf Vinyl – jeweils im Eigenverlag.