Momente für Bierdosen und Feuerzeuge – »Vergifte dich« von Isolation Berlin

Isolation Berlin, die seit 2016 zu denen gehören, die es »geschafft« haben, bleiben ihrem vermeintlichen Erfolgsrezept auf dem neuen Album »Vergifte dich« treu. Das ist nicht gut und schön.

© Noel Richter

Es ist das stete Streben nach einem kaum messbaren Wert, einer vagen Idee. Jede Gruppe treibt es an, das Verlangen, »es zu schaffen«, es sich selbst zu beweisen, den Hatern, den Eltern, jedem. Zu bewerten, ob man es tatsächlich geschafft hat, obliegt meist dem Künstler selbst. Für alle anderen muss es dann schon offensichtlich sein, sonst belügt man sich doch nur selbst. Und ja, Isolation Berlin, das darf man festhalten, haben es »geschafft«.

Identifikationsstiftend

Mit bärbeißiger Bierseligkeit schwangen sich die Hauptstädter zu gern eingeladenen Saufkumpanen auf. Die, die sich damit identifizieren, recken zu den besonders guten Zeilen Bierdosen in die Luft und wenig später sich selbst. Das Erfolgsrezept ist einfach und zigmal vorexerziert: Gar manische Feedback-Orgien, angeschraubt an 1-2-3-Rocksongs, wechseln sich ab mit – besonders identifikationsstiftend – Elegien über das Außenseitertum in der Großstadt, verlorene Liebe und das ganze Zeug. Momente des Ausflippens, Momente für Bierdosen und Feuerzeuge.

Ganz ehrlich: Viel mehr muss man über das neue Album »Vergifte dich« auch nicht wissen. Das Klammern an teilweise kakofonen Noise, das je nach Geschmack überholt oder nervig ist, treibt Isolation Berlin auch 2018 an. Die bereits vor Jahren live gespielte erste Videoauskopplung »Kicks«, die sich klanglich an das berüchtigte »Wahn« vom Vorgänger anlehnt, ist dabei von gleicher dissonanter Natur wie – Achtung! – »Wenn ich eins hasse, dann ist das mein Leben« oder »Vergifte dich«, das wiederum textlich so plump Rauschgift thematisiert wie zur After-Hour schleichende Technoleichen in den goldenen Berliner Zeiten.

Gymnasiastenlyrik

Gut, bleibt noch die andere Hälfte des Albums, bleiben zumindest noch die Spelunkenlieder, die nach Schifferklavier und besonders großem Pathos für die Entrechteten klingen. Nur: Da gibt es halt das Problem mit der Gymnasiastenlyrik, die sich konsequent durch das Album zieht. So wie »Serotonin«, das gar arg an »Der Garten deiner Seele« erinnert und mit Reimen wie »Serotonin / Berlin / verzieh’n / Berlin / Wien« für Gänsehaut sorgt. Aber – und so lässt sich das alles dann irgendwie aushalten – es mangelt ja nie an Bier, wo Isolation Berlin auftreten. Prost!

Isolation Berlin »Vergifte dich«

»Vergifte dich« von Isolation Berlin erscheint am 23. Februar 2018 bei Staatsakt. Österreichkonzerte der Band sind angesetzt für 4. April in Wien (Fluc), 5. April in Salzburg (Rockhouse) und 6. April in Gleisdorf (Forum Kloster).

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