Maja Osojnik ist selbst Musikerin und macht einen Markt. Weil das allein fad wäre, hat sie sich die Szene eingeladen, die Konzerte gibt, diskutiert und MP3s signiert.
Auf der verzweifelten Suche nach Weihnachtsgeschenken landet Mensch irgendwann auch im CD-Shop. Zumeist eine traurige Angelegenheit: Zig „Greatest Hits“ Alben toter Altmusiker, „Digital Remastered Collection“ Boxen legendärer Megabands, die schönsten Weihnachtsliedern ewig grinsender Schlagerstars und zwischendrin ein paar Pop und Rockbands deren Songs man sich genausogut in digitaler Version besorgen könnte. Mit dem Musikbusiness geht es bergab, hört man immer wieder seitens der Branche.
Doch anstatt zu jammern nehmen einzelne das Heft selber in die Hand und veranstalten beispielweise ihren eigenen Musikmarkt: Majas Musikmarkt.
Dort verkaufen von 2. – 4. 12. Musiker drei Tage lang im Wiener Kunstraum Purpur 19 ihre eigene Musik. Bei Kaffee, Tee und Kuchen hat man die Gelegenheit, die Künstler persönlich kennenzulernen und mit ihnen über ihre Produktionen oder Gott und die Welt zu plaudern, zwischendrin finden immer wieder kleine Konzerte statt.
Hinter diesem außergewöhnlichen Adventsmarkt stecken die Musikerin Maja Osojnik und die Veranstalterin und Fotografin Rania Moslam. „Die Wiener Musiklandschaft beherbergt eine so unglaubliche Vielfalt – darauf wollen wir aufmerksam machen, das wollen wir feiern.“ Von neuer Advantgarde, Jazz, Pop Rock, Elektronik bis zum Wiener Lied reicht die Spannweite dessen was sich an den Verkaufständen über Kopfhörer anhören und erstehen lässt. Mitunter Raritäten und Schätze die im Handel gar nicht mehr zu kriegen sind. Zudem präsentieren sich viele kleine Labels und Magazine.
„Seid neugierig und probiert Sachen aus“ ist der Appell ans Publikum. „Ich sehe das auch ein wenig als Bildungsauftrag“ lacht Rania Moslam. Seit 2007 versorgen sie und ihr Verein „Viennese Soulfood“ Wien mit akustischen Schmankerln in Form von Konzerten, Festivals und CD Produktionen. Die Veränderung von Hörgewohnheiten könne Leute dazu bringen ihre Art und Weise insgesamt zu verändern, ist Moslam überzeugt. Eine starke künstlerische Szene, die sich mit Dingen außerhalb dessen beschäftigt, womit wir medial täglich gefüttert werden, sei extrem wichtig ist für die kulturelle und gesellschaftliche Entwicklung eines Landes. Klar, das klinge ein wenig idealistisch, aber die Veranstalungen von „Viennese Soulfood“ würden immer wieder beweisen, dass Musik abseits des Mainstreams sehr wohl ein Publikum anziehe.
Raunzer-Klischees
Sogar in Wien, der Stadt der Raunzer und Kritiker. Maja Osojnik hält das allerdings für ein Klischee. „Die Wiener sind gute Zuhörer“, findet die gebürtige Slowenin, die als Musikerin in ganz Europa auftritt. Mitte der 90er kam Maja Osojnik nach Wien um Blockflöte zu studieren. Die Liebe zur alten Musik habe sie zu diesem Instrument gebracht, das zwar den Ruf hat ein eher einfaches zu sein, aber deutlich erschwinglicher war als etwa eine Viola. Nach der Blockflöte kam die Stimme – ein Gesangsstudium und Ausflüge in andere musikalische Gefielde, denn schon immer habe sie Musik jeglichen Genres interessiert. Osojnik kennt keinerlei Berührugnsängste und kann „bei Renaissancemusik die selbe körperliche Ekstase wie bei einem Punkkonzert“ spüren.
Und so ist Osojnik heute wohl eine der umtriebigsten Musikerinnen Österreichs und in zahlreichen Projekten engagiert. Beispielsweise im abstrakt-elektroakustischen Duo Rdeča Raketa oder der Formation Broken Hearts Collector, mit der sie auch vor Elementen des Noise Metal nicht zurückschreckt. Eigentlich würde sie sich experimentelle Musik stärker am Musikmarkt vertreten wünschen. Aber viele fänden dazu keinen Zugang, da sie dächten, man brauche eine Vorbildung dafür.
Schwarze Wasser
Für zartere Ohren ist vielleicht das Album „Črne Vode“ aus dem Jahre 2010 der beste Einstieg in die wilde Welt der Maja Osojnik. Auf „Schwarze Wasser“, so der deutsche Titel, hat sie mit ihrer Band Texte verschiedener Schriftsteller sowie slowenische Volkslieder neu interpretiert. Jazz, Rock, Advantgarde, Chanson, Volksmusik und wie so oft bei Maja Osojnik – eine gehörige Prise Morbidität.
Das Buch zum Album komplettiert die Produktion als visuell-akustisches Gesamtkunstwerk.
Die ist ein Phänomen, das vor allem bei kleinen Labels vermehrt zu beobachten ist: Musik wird als Gesamtkonzept präsentiert, mit liebevoll gestalteten Verpackungen und kreativen Ideen, wie man die neue CD am besten präsentieren könnte – wo wir wieder bei Majas Musik Markt wären.
Hier wird sich die Namensgeberin musikalisch zurückhalten. Nur beim großen Improvkonzert mit Katharina Klement und dem Kollektiv Snim am Samstag (03.12.) wird sie „eine ganz kleine Rolle spielen“, mit Blockflöte und Effektgerät.
Ansonsten moderiert Osojnik jeden Tag ab 17 Uhr die „Teegespräche: Interviews und Diskussionsrunden mit Musikern, Labeln, Zeitschriften und Veranstaltern – unter anderem auch mit Mitorganisatorin Rania Mosalm von „Viennese Soulfood“.
Diese möchte noch eines ausdrücklich erwähnen: „Majas Musik Markt ist kein Flohmarkt!“ Es geht hier auch um Wertschätzung. „Wir sind bereit so viel Blödsinn zu kaufen, nur bei Musik wollen wir alles gratis? Dabei gibt dir vielleicht genau das Konzert, das du besuchst oder die CD, die du kaufst, für die nächsten Wochen deinen Lebenssinn!“ Im Sinne der Stiftung von Sinn spenden die Künstler einen Teil ihrer Einnahmen von Majas Musik Markt dem Verein Ute Bock. Der Rest geht direkt an die Musiker.
Maja’s Musik Markt
In Zusammenarbeit mit Viennese Soulfood
Wann: 2.12.2011 – 4.12.2011, 11 – 24 Uhr
Wo: Purpur19 – die etwas andere Galerie
Glatzgasse 2/ Ecke Döblinger Hauptstrasse 6, 1190 Wien