Wienerzucker ist weniger süß als erwartet und bringt mit »Alles was weg muss« seine Debüt-EP an den Start. Gitarre und Gesang erzählen Geschichten in sicherer Entfernung zum Kitsch.
Nach einigen digitalen Singles gibt es nun das Tonträgerdebüt von Wienerzucker. Der Liedermacher lebt in Wien und orientiert sich auf »Alles was weg muss« an den Anfängen seines musikalischen Schaffens. Die EP enthält deshalb sechs reduziert produzierte Akustiknummern. »Aus dem Leben gegriffen, euch zu Füßen gelegt.« Schon die ersten Worte des Albums verraten, um was es geht. Wienerzucker ist Geschichtenerzähler. Seine Geschichten erzählen vom Leben in Wien, von Begegnungen oder von Reisen zu Bukowski und in andere Realitäten.
Melancholisch zeichnet »Alles was weg muss« eine Nahaufnahme in Zeitlupe vom Dasein selbst. Untermalt von sanften Violinen, kräftigen Trompeten und einem verspielten Klavier, geht es aber vornehmlich um Gitarre und Gesang. Wienerzucker gewährt mittelbare Einblicke in sein Innerstes. Die Songs sind sanfte Annäherungen an die Verwundbarkeit des Menschen. Intimität – textlich als auch klanglich – ist Konzept auf dieser EP: Aufgenommen im eigenen Schlafzimmer, ist Optimierung nicht der Anspruch.
Tonale Zurückhaltung
In der Ruhe liegt die Kraft. Nachdenklich, manchmal lyrisch, nähert sich Wienerzucker dem Leben aus verschiedenen Perspektiven. Auf »An pickn« geht es um die gesellschaftspolitische Auseinandersetzung im öffentlichen Raum. Die Gefahr, in musikalische Lagefeuerromantik abzudriften, ist manchmal etwas höher als notwendig. Bei aller tonalen Zurückhaltung: Die Texte sind dann teils doch rustikaler als erwartet. Weil im Dialekt lässt sich treffend das formulieren, was auch mit milden Tönen vorgetragen, Wien und sein Leben beschreibt. Wienerzucker bewegt sich dabei lyrisch in sicherer Entfernung zum Kitsch.
Auf »Liebeskind« spricht das gebrochene Herz. Für die Singleauskopplung greift er etwas tiefer in die Trickkiste und bemüht die Kratzstimme mehr als sonst. Gabalier erscheint aber nur ganz kurz als blasse Ermahnung. Macht nichts, kein Stimm-, äh, Beinbruch. »Oarschloch« und »is ma wurscht« sind zwar keine Songs auf dem Album, aber in Österreichs Hauptstadt, wenn richtig eingesetzt, durchaus Begriffe mit lyrischem Potenzial. Siehe: »Alles was weg muss«.
Die EP »Alles was weg muss« erscheint am 13. Mai 2022. Die nächsten Konzerttermine von Wienerzucker lauten: 13. Mai, Wien, Werk — 12. bis 14. August, Taiskirchen im Innkreis, Free Tree Open Air — 17. September, Wien, B72.