Dass das dritte Album von Yukno »Alles ist Vergangenheit« heißt, ist geschickte Fassade. Schließlich ist alles Zukunft.
Sie gestalten sich nicht ganz friktionsfrei, die Interdependenzen zwischen dem, was war, dem, was ist, und dem, was sein wird. Oder, wie es auf den gestickten Wandteppichen in Hunderten oststeirischen Herrgottswinkeln geschrieben steht: »Aus der Vergangenheit für die Zukunft lernen.« Das Brüderduo Georg und Nikolaus Nöhrer steht nicht im Verdacht, ins plüschene Exil der Nostalgie zu flüchten oder gar ranziger Patina anheimzufallen. Das Gegenteil scheint der Fall: Unter ihrem Projektnamen Yukno – du weißt eh – haben sie sich zu heimischen Opinionleadern in Sachen inhaltlichem Future-Pop gemausert. Egal, ob im »Tomorrowland« oder im »Digital Playground« oder ganz allgemein »Im Stream der Zeit«, Yukno sind Chronisten eines nicht allzu weit entfernten Morgen. Auch ihr 2022 auf der EP »Mixtape Eins« veröffentlichter Track »Metaverse«, der von der Zerstörung des Selbst an diesem mittlerweile untergehenden Ort handelt, ist Beweis für topaktuelle Inhalte mit langer Halbwertszeit.
Dystopisches Zukunftsbild
Nun also zumindest vordergründig die inhaltliche Kehrtwende: »Alles ist Vergangenheit«. Der Albumtitel sowie der gleichnamige Opener sind nur geschickte Fassade, anachronistische Ornamente für die Entbehrungen des Hier, des Jetzt und des Sehr-bald. So bietet etwa im ersten Stück gleich angewandte kontrafaktische Historie (»Nero blickt auf Rom und fragt: Wenn alles brennt, wo soll ich wohnen?«) das Setting für das textliche Leitmotiv des gesamten Albums, das ein zurecht dystopisches Zukunftsbild untermalt. Kernzeile: »Wir haben uns einen Turm gebaut, jetzt steht er ganz allein.«
Ob die »Gestalten ohne Form« (aus »Hohle Menschen«) oder das Fehlen jeglicher Gravitation, wenn die Liebe stirbt, (in »Schwerkraft«) oder das Abschalten jeglichen kritischen Denkens als Grundbedingung für vorsichtige Euphorie (in »Goldener Tag«): Yukno sind sich den Gegebenheiten ihrer gegenwärtigen und zukünftigen Umwelt bewusst, mit ihrem charakteristischen chillhousigen Indie-Wave erweisen sie sich erneut als Kritiker der emotionellen Technisierung, deren Mittel und Möglichkeiten sie dennoch spürbar schätzen. Auch das ist also nicht ganz frei von Friktion.
Das Album »Alles ist Vergangenheit« von Yukno ist heute, also am 3. März 2023, bei Humming Records erschienen. Die nächsten Konzerttermine der Band lauten: 13. März, München (DE), Feierwerk — 14. März, Frankfurt am Main (DE), Tanzhaus West — 15. März, Köln (DE), Yuca — 16. März, Hanburg (DE), Knust — 18. März, Berlin (DE), Hole 44 — 30. März, Wien, Flex — 31. März, Graz, PPC.