Nach drei Jahrzehnten lohnt es sich ohne Zweifel, mal einen Blick auf jenen Veranstaltungsort zu werfen, der es geschafft hat, neben Festspielen und »The Sound of Music«-Tour zu einer Salzburger Institution zu werden. Das Rockhouse gibt internationalen Acts wie der lokalen Szene gleichermaßen eine Bühne. Letzteren nicht zuletzt mit der Schiene »Local Heroes«. Eine Bestandsaufnahme.
Salzburg ist ein Freiluftmuseum. Das war meine Erfahrung als Jugendlicher vor zwei Jahrzehnten und dieser Eindruck hat sich bis heute gehalten. Die Innenstadt ist Kulisse für Tourismus und Festspiele. Junge Menschen scheinen in der Stadt allerhöchstens geduldet. Nur nicht zu laut, nur nicht zu spät, nur nicht zu auffällig. Räume, in denen Jugend- oder ganz allgemein Popkultur passieren kann, sind dementsprechend rar gesät. Einer, der schon seit 30 Jahren besteht und dadurch zu einem Fixum für die Salzburger Szene geworden ist, liegt ein bisschen außerhalb des Stadtzentrums, am Fuße des Kapuzinerberges, in einem 1842 erbauten Gebäude, mit Veranstaltungsräumen, die zum Teil in den Berg hineingegraben wurden. Die Rede ist natürlich vom Rockhouse.
Erkämpfter Raum
Entstanden ist das Rockhouse – wie könnte es anders sein – erst nach langwierigen Kämpfen. »1981 sind ein paar Musiker*innen im Sternbräu zusammengesessen und wir haben festgestellt, dass man nicht einmal nett ignoriert wird in Salzburg«, erinnert sich Rockhouse-Geschäftsführer Wolfgang Descho. »Damals haben wir beschlossen, es braucht eigentlich so was, wie sie es auch in Linz oder Wien gefordert haben, ein Haus für unsere Musik, ein Rockhouse.« Bis dieses dann tatsächlich aufsperren konnte, zogen allerdings noch zwölf weitere Jahre, diverse Benefizfestivals, Anzeigen wegen Ruhestörung, Petitionen und politische Wechsel ins Land. »Wir haben oft vor den Wahlen Gebäude besichtigt – und nach den Wahlen war alles vergessen«, so Descho.
Doch am 14. Oktober 1993 öffnete das Rockhouse dann endlich seine Tore. »Das Konzept, mit dem wir damals gestartet sind, ist in den Grundzügen nach wie vor dasselbe wie heute. Zuerst eben das kreative Arbeitshaus mit Proberäumen, Rockhouse-Academy-Workshops, Fortbildungen, einem Treffpunkt – sprich Bar – und dann natürlich die Präsentation einer nationalen und internationalen Szene, wobei wir besonderes Augenmerk auf die heimische Szene legen«, fasst Descho die Grundpfeiler des Rockhouse zusammen.
Wolf Arrer, hauptverantwortlich für die Programmierung, ergänzt die Booking-Philosophie: »Das Erste ist natürlich, dass wir ein Haus für die regionale Szene sind. Aber wir sind auch international orientiert, holen internationale Trends nach Salzburg. Wir sind interessiert an Pop-Subkulturen, an Nischen, an neuen Tönen. Wir sind stilistisch offen. Wir schließen grundsätzlich gar nichts aus. Und wir sind auch ein generationenübergreifendes Haus, wo von 15 bis 75 Jahren alles vertreten ist.«
Wo die Jugend jammt
Auch Giovanna Fartacek, bekannt unter anderem als eine Hälfte von Mynth und durch ihr neues Soloprojekt Berglind, war schon in jungen Jahren im Rockhouse unterwegs: »Mein großer Bruder hat damals die Workshop-Band geleitet. Wir haben auch immer Proberäume dort gehabt und es gab eine Veranstaltung mit Open Stage für Sessions. Für uns war das ein Fixpunkt. Da sind wir regelmäßig zum Jammen hingefahren. Es waren immer junge Leute dort, das hat sich angefühlt, als gäbe es eine junge Szene in Salzburg. Allein schon deswegen bin ich mit dem Haus sehr verbunden.«
Eine Rockhouse-Schiene, die Giovanna besonders hervorhebt ist »Local Heroes«, bei der großteils (noch) unbekannte Acts aus der Umgebung die Gelegenheit bekommen, im Rockhouse zu spielen. »Mit unserer ersten Band Deadnote Danse! sind wir gleich einmal im Rahmen von ›Local Heroes‹ auf der großen Bühne aufgetreten. Das ist ein Konzept, das sie sich nach wie vor bewahren: Junge Bands dürfen gleich auf diese richtig große Bühne. Man erlebt so recht früh, wie es vielleicht mal ist, wenn man ein bisschen bekannter ist. Uns hat das damals schon sehr geholfen und es ist auch heute noch eine große Ehre, auf dieser Bühne spielen zu können.«
Sebastian Abermann, Frontman der Band James Choice, verbindet ebenfalls eine lange und erlebnisreiche Geschichte mit dem Rockhouse. Bei »Local Heroes« ortet er jedoch Kritik im Hinblick auf die Bezahlung der Bands: »Es gibt dort keine Gage, sondern du musst praktisch als Band alle deine Freund*innen dazu bringen, dass sie dir deine Karten abkaufen, und kriegst dann die Hälfte vom Geld aus dem Kartenverkauf. Die Bands machen da die Arbeit, die eigentlich das Haus machen sollte. Vor allem, wenn es eine Förderung kriegt. Das geht mit aktuellen Konzepten wie Fair Pay halt nur schwer zusammen. Stattdessen ›regelt‹ der freie Markt sozusagen, wie viel Kohle man bekommt.«
Nachwuchsförderung
Auch Giovanna Fartacek meint, dass sich Häuser wie das Rockhouse durchaus eine Fixgage leisten können müssten, selbst wenn sie nur gering ausfällt. Wolfgang Descho sieht einen Auftritt bei »Local Heroes« allerdings weniger als klassisches Booking, sondern mehr als Förderung für junge und regionale Bands. Das Rockhouse mache dabei sicher keinen finanziellen Gewinn. Es sei auch wichtig, dass sich die Bands aktiv in den Prozess einbrächten.
Abschließend wünscht Sebastian Abermann dem Rockhouse aber vor allem: »Alles Gute zum Geburtstag! 30 Jahre zu bestehen, ist nicht selbstverständlich. Ich erinnere mich gerne an all die wunderbaren, durchgemachten Partynächte bei geilen Bands im Rockhouse. Im Rockhouse passieren nach wie vor coole und spannende Sachen. Wie bei jeder Institution, die so lange besteht, gibt es allerdings Punkte, die man genauer anschauen muss und hinterfragen darf. Letztlich bin ich sehr froh und dankbar, dass es diesen Ort gibt. Ich würde mir wünschen, dass er weiter besteht, aber auch noch stärker ein Nährboden für neue Leute wird, der niederschwelliger zugänglich ist.«
Das Rockhouse Salzburg feiert am 13. und 14. Oktober 2023 seinen 30. Geburtstag mit Acts wie Avec, Bon Jour, Please Madame und Berglind. Letztere nützt ihren Auftritt gleich als Release-Show für ihr Solodebüt »Feste Feiern Fallen«, das am 13. Oktober erscheint. James Choice veröffentlichen ihr neues Album »So It Goes« am 20. Oktober.