Der Wiener Musiker Aarøn liefert mit seiner ersten EP »Feuer« groovenden Lo-Fi-Sound. Seine neueste Single »Kerosin« sorgt für treibende Rauschzustände.
Die Inflation ereilt uns alle und auch die Begriffe, die wir verwenden. »Lo-Fi« ist so eine Bezeichnung , die in letzter Zeit – wie es so schön heißt – zunehmend inflationär verwendet wird. Nicht zuletzt der Kanal Lofi Girl auf Youtube, bei dem Downbeatelektronik als Hintergrundmusikfüller in der Endlosschleife angeboten wird, hat für seine erhöhte Popularität gesorgt. Aber auch wenn bei Aarøn alles definitiv nach Lo-Fi klingt, hört sich das alles erstens markant anders an und kann zweitens kaum als Hintergrundmusik bezeichnet werden. Dafür ist hier einfach zu viel Drive, zu viel Groove drin. Stattdessen ist es eine Reduktion in Instrumentarisierung – Gitarre, Stimme, Drum Machine und Mischpult –, eine Klarheit in Songstrukturen und -texten sowie ein Verzicht auf Überproduktion, die hier den Low-Fidelity-Vibe ausmachen. Von Punk- oder DIY-Ästhetik zu sprechen wäre sicher auch nicht falsch.
Bei all dieser Zurücknahme, ist gerade »Kerosin« kein Track der zur Background-Beschallung geeignet ist. Zu insistierend drängt er sich in den Vordergrund, schlängelt sich ins Hirn, nur um sich dort in voller Breite festzusetzen und im Körper rhythmisches Mitbeben auszulösen. Es ist kein Tanztrack, mehr ein Mit-verschlossenen-Augen-Dastehen-und-Mitschwingen-Track – was der Eingängigkeit des Ganzen aber keinen Abstrich tut.
Das Video zum Song zeichnet sich auch durch hypnotisierendes Understatement aus. »Ich hatte schon länger Bock darauf einen Rausch in Songform aufzunehmen«, meint Aarøn. Dieses Gefühl einzufangen gelingt nicht nur musikalisch sondern auch filmisch. Während er sich durch die Hotelzimmer-Kulisse räkelt, verfolgt ihn die Kamera in einem einzigen langen Take. Mal ist Aarøn scharf im Fokus, mal verschwimmt er vor unseren Augen, mal verzerrt sich das Bild bis zur Unkenntlichkeit nur um sich gleich darauf wieder zu entwirren, mal schweift unser Blick ab, bleibt am Teppich oder an der Wand hängen, nur um immer wieder zu ihm zurückzufinden. All das während der Song die musikalische Entsprechung dazu liefert.
Dass eine Erstversion den Titel »Ketamin« trug, verwundert nicht, denn »Kerosin« ist nicht nur rauschhaft sondern durchaus süchtigmachend – nicht nur auf den Track sondern auch darauf, was bei Aarøn noch so kommen wird.
»Kerosin« von Aarøn ist Teil der kürzlich erschienen EP »Feuer«. Am 31. Mai wird es ein Releasekonzert in der Zwinglikirche in Wien bei freiem Eintritt geben.