Das nackte (Über-)Leben im Fürchterlichen und im Schönen – »Lights and a Slight Taste of Death« von Naked Lunch

Man glaubt es kaum, aber Naked Lunch sind nach zwölf Jahren wieder da – mit einem unerbittlichen Werk über das pure Leben.

© Apollonia T. Bitzan

»Zu viele Jahre habe ich mich wohl täglich gefragt, ob es denn überhaupt noch Menschen da draußen gibt, die Freude hätten mit einer neuen Platte?«, meinte Oliver Welter, Mastermind von Naked Lunch, einmal. Ja, verdammt noch mal! Zwölf Jahre nach ihrem letzten kommt die Band mit einem neuen Album daher, auf das viele gewartet, aber nicht zu hoffen gewagt haben. »Lights and a Slight Taste of Death« ist nach Neu- und Umbesetzungen das Erwachen eines österreichischen Indie-Riesen aus den von so vielen schmerzlich vermissten Neunziger­jahren. Ein Erwachen, das nicht ohne seismo­grafische Verwerfungen einhergeht. Die erste Single­auskopplung »To All and Everyone I Love« war mehrere Wochen auf Platz eins der Austrian Indie Charts. Die zweite Single »Go Away« ist zumindest gerade auf dem Weg dorthin. Nach all den Jahren ein starkes Stück. Starke Stücke sind auch die Lebens­erzählungen von Welter.

Unverputzte Monumentalität

Zart und fragil, roh und euphorisch hat er das Fürchterliche und das Schöne in ein dröhnendes Werk über das Leben mit all seinen Zerwürfnissen gegossen. Der »Arschloch-Krebs«, gegen den er ringen musste, die Liebe als große Befreiung: Es tönt immer dringlich, immer unerbittlich auf diesem Album. Die Wolken hängen tief, das Licht blendet. »Lights and a Slight Taste of Death« besitzt die gravitätische Größe des freien Falls, aber eben auch die des Fluges. Naked Lunch klopfen indes die Popmusik auf ihre Möglich­keiten ab. Die Gesangs­melodien sind von melancholischer Schönheit. Keys in Dur und dramatischem Moll schweben darüber. Kristalline Trompeten, ein kreischendes Saxofon, ins Geräusch kippende Gitarren, die sich schon im nächsten Moment gezupft, vom treibenden Schlagzeug getragen, wieder öffnen, hallende Elektro-Dissonanzen, die in strahlenden Hymnen ihre krönende Auflösung finden sowie Klavier­begleitungen im Stile großer Balladen. Epische Ästhetik trifft auf unverputzte Monumentalität: »Imagine there’s no echo in the canyons and no name for you and me.« Ja! Aber: Bitte nicht mehr so lange auf das nächste Album warten lassen.

Naked Lunch »Lights and a Slight Taste of Death«

Das Album »Lights and a Slight Taste of Death« von Naked Lunch erscheint am 7. November 2025 bei Tapete Records. Die nächsten Konzerttermine der Band lauten: 17. Jänner, Ebensee, Kino — 22. Jänner, Wien, Arena — 23. Jänner, Graz, PPC — 29. Jänner, Innsbruck, Treibhaus — 30. Jänner, Dornbirn, Spielboden — 31. Jänner, Salzburg, Arge Kultur — 5. Februar, Leipzig (DE), Naumanns im Felsenkeller — 6. Februar, Berlin (DE), Kantine am Berghain — 7. Februar, Hamburg (DE), MS Stubnitz — 4. März, München (DE), Milla Club — 5. März, Stuttgart (DE), Kulturzentrum Merlin — 6. März, Steyr, Kulturverein Röda — 22. Mai, Klagenfurt, Klagenfurt Festival.

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