Dominiks Jahresendlisten 2025

Alle Jahre wieder blickt unsere Redaktion auf die popkulturellen Highlights der letzten zwölf Monate zurück. Mit streng subjektivem Blick. Was Dominik Oswald aus 2025 besonders in Erinnerung bleiben wird, könnt ihr hier nachlesen.

© Privat

Wer dem Jahr 2025 so im Allgemeinen mehr als eine 1/10 gibt, dürfte ein bisschen gepennt haben. Alle anderen haben keine Zeit mehr zu schlafen: patriarchal konnotierte und konditionierte Selbstoptimierung; von ihresgleichen ausgebeutete working poor in Europa; auseinandergehende Scheren, um die sich keiner schert. War schon nicht so geil, muss man sagen. Musik gab’s auch, auch gute, aber sagen wir so: Die Hoffnung, dass ein Song noch immer Leben retten kann, schwindet.

Top 10 Singles/Songs des Jahres

10. Hotel Rimini »Bekannte von früher«

Ganz ihrer Brand™ verpflichtet bedient die Leipziger Supergroup auch auf ihrem zweiten Album »Gefährdete Arten« mal wieder die Trope der Social Comparison und thematisiert den Milestone Pressure, was andere im selben Alter (daher der Titel) schon erreicht haben und man selbst eben noch nicht. Kapitalistisch getriebene Lebensplanung als Druckmittel für andere – 2025 sagt: ja.

9. Dani Lia × Yola »Ausnahmsweise«

Der für ihren traumwandlerischen Soundscape bekannten, in Berlin lebenden Niederösterreicherin Dani Lia und ihrer Essener Kollegin Yola gelingt auf dem ersten gemeinsamen Feature ein bratziger Indiepop-Banger mit superschön beiläufiger Lyrik über Companionship und Verliebtsein, aufdringliche Indie-Boys, ganz viel Leichtigkeit sowie Nächte, die aus gutem Grund niemals enden sollten.

8. Pulp »Spike Island«

»I was born to perform / It’s a calling / I exist to do this / Shouting and pointing«, ja schon klar. Warum es dennoch so lange gedauert hat, bis der Cocker wieder seine Partie gescheit zusammengebracht hat, muss auch einmal erklärt werden. Jedenfalls: Gut, dass Pulp wieder zurück sind, mit diesem Unhold von Song, voller Melancholie, verpasster Chancen sowie dem beißenden Gefühl der Distortion zwischen Past und präsenter Future.

7. Anthea »Grow up«

Produziert und mitgeschrieben von Kenji Araki entwickelt der bislang beste Song von Anthea einen schier unheimlichen Sog aus Synthflächen und Gitarren(!), ganz fernab von Hyperpop, aber mit schöner klanglicher und vor allem gesanglicher Variabilität. Ein Hit für alle, die noch erwachsen werden müssen, wollen und irgendwie auch sollten, aber gar kein Bock darauf haben, ey. Lieber nochmal auf Repeat. (kopfnickend weitermachen)

6. Swiss & Die Andern »Tetris«

Weil bei der Genrehoheit des »linksradikalen Schlagers« schon rein ideologisch das kollektive Erlebnis im Vordergrund steht, kam dieses Jahr erneut ein Mitsingkracher für die Festivalbühnen (wer sich die noch leisten kann) und Demozüge (wer sich die noch leisten kann), der nicht nur in die Beine, sondern auch in die Birne geht. Pass auf: »Wer reinpasst, verschwindet wie bei Tetris.«

5. Pogendroblem »Great Resignation«

Jedes Jahr hat seine Hypebands, 2025 so: Pogendroblem. Die liefern musikalisch und vor allem inhaltlich direkt den Beweis und besingen auf dem Titeltrack ihres zweiten Albums die Great Resignation, das massenhafte freiwillige Kündigen, bedingt durch die gesellschaftliche, wirtschaftliche und vor allem ausbeuterische »Großwetterlage« im Spätkapitalismus. Macht ja auch alles keinen Sinn mehr.

4. Team Scheisse »Altbauwohnung«

Aufmerksame wissen: Bereits im Vorjahr lagen die Bremer Sellouts auf Platz vier, »Mittelfinger« ist, genau wie »Altbauwohnung«, auf dem Album »20 Jahre Drehorgel«. Gewohnt kritisch und direkt geht’s natürlich gegen Vermieter*innen, Immobilienmakler*innen und die Drecksbagage, die Wohnraum verknappt, gentrifiziert und ausbeutet. Der richtige Ansatz von Team Scheisse: Gegenden abfucken und (für Spekulant*innen) wertlos machen. »Ich scheiß in jedes Souterrain«, richtig so!

3. Yukno »Schnabeltier«

Auf dem besten Song ihres sehr guten vierten Albums wundern sich die Gebrüder Nöhrer über die Wunder, die unter den Oberflächen schlummern und finden gleichzeitig Gefallen an der Seltsamkeit von allem. Begleitet von sanften Synths bleibt den Hörenden da nicht viel anderes übrig als: ein Wundern, ob dieser melancholischen Vertonung dieser urinneren Leere eines jeden Menschen; und gleichzeitig ein Feiern der Seltsamkeit von Songidee und Lyrik.

2. Ende »Kopfverdrehn«

Die famose Postpunkkapelle Ende ist der österreichische Breakthrough-Artist des Jahres – gefühlt eine Million Fans (auf jedem ihrer Konzerte) können sich nicht irren. Tun sie auch keineswegs, da gibt’s kaum Songs ohne hohe Likeability. Bei Ende und insbesondere bei der spielfreudigen NNDW-Nummer »Kopfverdrehn« geht’s auch immer darum, Dinge nicht zu verdienen. Ein Platz in dieser Liste ist mit diesem tollen Song aber mehr als verdient. Mehr als. Verdient.

1. Blond »SB-Kassen Lover«

Man lernt schon viel, in so einem Jahr. Beispiel: Cheapflation! Die Preise für Eigenmarken steigen doppelt so stark wie jene für Markenartikel, bei der höheren Nachfrage machen die Einzelhandels­oligopol­kapitalist*innen gerne mal einen schönen Reibach. Da kann man es sich auch leisten, kritische Subreddits zu unterwandern (Grüße gehen raus). Die Bomben-Gruppe Blond ruft – berechtigterweise – zum Fünf-Finger-Widerstand auf und feiert alle, die nicht alles aus dem Rucksack packen und auch mal Sicherungen aus dem T-Shirt cutten. Dazu gibt’s rabaukigen Bratzen-Techno, sodass auch gar keine Fragen übrigbleiben. Außer natürlich: Was zum …?

Auf der nächsten Seite: Die Top 5 Alben des Jahres.

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