Wenn sich Hässliches in Schönes verwandelt, handelt es sich entweder um ein Entlein oder Recycling-Design. Zwei Aussteller zeigen ihren neuwertigen Müll kommendes Wochenende im Museumsquartier.
"Jede Delle, jeder Kratzer machen es zu einem Unikat. Jedes Unikat hat seine eigene Geschichte. Es sind nicht immer schöne Geschichten, die es zu erzählen hat. Es wurde benutzt, abgenutzt und entsorgt. Aber ihm wurde neues Leben eingehaucht. Und so, so wird es dann doch noch zu einer schönen Geschichte."
Die Rede ist von Kleidung, Möbel, Kunstwerken, oder Gebrauchsgegenständen die aus Abfall hergestellt werden. Der Fantasie und Materialverwendung sind hierbei keine Grenzen gesetzt. Aus Ölkanister werden Hocker, aus Kronkorken Lampenschirme, aus Einkaufswagen wird ein Bettgestell und die Telefonzelle wird zur Duschkabine.
„Recycling spielt im Design schon lange eine wichtige Rolle, doch mittlerweile hat es den Weg aus der Nische verlassen und ist immer professioneller geworden.“ So Peter Stuiber vom Wien Museum. „Man bemüht sich ein breites Publikum anzusprechen, wodurch Produkte entstehen, die oft gar nicht mehr als Recycling-Produkte von vornherein zu erkennen sind. Die schauen aus wie normale Produkte. Und die Materialien selbst sind natürlich auch andere geworden: Während es früher meist Müll aus dem privaten Konsumbereich war, sind industrielle Abfälle – etwa Produktionsreste aus Metall oder Kunststoff – heute interessant.“ Für ihn steht aber noch ein weiterer Aspekt im Mittelpunkt. Nämlich der soziale Auftrag bei der Fertigung. „Etwa dann, wenn behinderte Menschen oder solche, die im Gefängnis sitzen bei der Herstellung involviert werden.“
Der alte Fernseher, der ist noch gut
Seit 2007 werden frei nach dem Motto „entwerfen statt wegwerfen“ jährlich die besten Designideen beim Recycling Desig-Preis prämiert. Bei den eigereichten Entwürfen wird ein besonderes Augenmerk auf Gestaltungsqualität, Gebrauchswert und Realisierbarkeit gelegt.
Wie bei jeder Form der Kunst, ist auch hier der Kontext und das Umfeld besonders wichtig. Eine alte, rostige Gießkanne macht an sich nicht viel her, hängt man sie allerdings an die Decke und steckt ein paar Blumen rein, hat man sein einzigartiges Designerstück. So wir aus alt neu und aus Müll Design. Und so ein Stück „Müll“ in unserer glänzenden Welt ist doch ein begrüßender Vorstoß gegen die Perfektion.
Recycling bei den Weltausstellungen
Dass man aus Müll ein kleines Paradies bauen kann, zeigt Gareth Moore in einer weitflächigen Open Air-Kunstinstallation gerade bei der aktuellen Documenta 13 in Kassel. Von der Aktion gibt es leider offiziellen keine Fotos. Auf dem Areal kann allerdings übernachtet werden.
Zwei Recycling-Designer sind zudem zu Gast bei der "Fair Fair – Messe für nachhaltige Produkte". Nämlich Zero Waste Apron, die Schürzen aus alten Hemden und Blusen herstellen, sowie Kma, die Mode aus gebrauchten Fallschirmen herstellen. Wie man sich beim Tragen nicht an Bäumen aufknüpft oder genügend Luftdurchzug bekommt, erfährt man bei den Ausstellern selbst.
Fair Fair – Fashion, Design, Food Market for sustainable products
13. – 15. Juli 2012, Museumsquartier Wien
Anm.: Fair Fair wird von Biorama veranstaltet, das vom selben Verlag wie The Gap (Monopol Medien) veröffentlicht wird.
Das Museum der Dinge in Berlin zeigt vom 6. Juli 2012 bis 3. September 2012 eine Auswahl von den 2012 prämierten Objekten des 5. RecyclingDesignpreis.