Die Welt sagte: Fuck It!

Speech Debelle, everybody! Die in Süd-West-London geborene Mercury Prize-Gewinnerin von 2009 gab nach ihrem Gig hinter den Kulissen am Poolbar Festival in Feldkirch Christina Burger ein Interview.

Aus rechtlichen Gründen werden Artikel aus unserem Archiv zum Teil ohne Bilder angezeigt.

Während der Show hast du erwähnt, dass du die Landschaft hier in Österreich liebst.

Ich finde, dass Österreich ein friedlicher Ort ist, soweit ich das beurteilen kann, ich komme aus dem Ghetto, habt ihr hier sowas wie ein Ghetto?

Nicht wirklich, zumindest ein nicht mit Londoner Verhältnissen vergleichbares Ghetto.

Dieser See, wo wir vorhin essen waren, ich weiß nicht, warum der diese Wahnsinnsfarbe hat, weißt du was ich meine, ihr habt hier Berge, die ihr jeden Tag seht, vielleicht fällt euch gar nicht mehr auf, wie schön es hier eigentlich ist. Die Pseudo-Seen, die wir in London haben, entzücken nicht durch ihre Schönheit, in unseren Seen schwimmen Einkaufswägen, Kondome und Crack-spritzen. Mir kommt es so vor, wie wenn es hier noch keinen Urknall gegeben hat. Es wirkt alles so unecht. Jemand mit einem sehr künstlerischen Auge hat diese schöne Landschaft hier kreiert.

Auf deinem neuen Album sprichst du über Riots …

2011 sagte die ganze Welt: “Fuck it!”. Ägypten, Tunesien, Amerika, auf der ganzen Welt sagten die Leute: „Fuck it!“. Es möge sich um verschiedene Orte handeln, doch wir alle haben es mal satt. Ich denke, die Message zu leben ist zu verstehen, dass Zufälle geplant sind, wir müssen akzeptieren, dass wir uns die Messages anhören müssen, um dann dafür sorgen zu können, dass sie sich erfüllen.

Wie kam es dazu, dass Tinchy Stryder deinen Song “Spinnin” für die Olympischen Spiele gecovert hat? Hast du es für Geld gemacht?

Es muss ihnen wohl gefallen haben. Das ist es, was wir tun, so verdienen wir unser Geld, das Geld war sicher ein Ansporn.

Verfolgst die Olympischen Spiele? Einige Leute dort haben ja die Flucht aus der Stadt gesucht, um dem Tumult zu entkommen.

Ja, im Moment ist es sehr ruhig in London. Alle haben sie Angst ins Zentrum zu pendeln.

Flashback … dein erstes Album drehte sich um den Blick nach Innen, das zweite Album nun beschäftigt sich mit dem Blick nach Außen? Spiegelt diese Entwicklung dein Erwachsenwerden wider?

Absolut, das erste Album habe ich mit 19 geschrieben. Das neue Album entstand zehn Jahre später, Jahre, in denen ich erwachsen geworden bin. Wenn man um die 30 ist hört man auf, sich selbst so viele Fragen zu stellen, man sieht die Dinge nicht mehr so wahnsinnig emotional.

Du machst gerade eine Dokumentation über Obdachlose, richtig? Wie waren die Reaktionen auf dieses Projekt bisher?

Ja, diese einstündige Dokumentation wurde im Mai im englischen Fernsehen ausgestrahlt. In Großbritannien hat die derzeitige Regierung drastische Kürzungen vollzogen, all die Unterstützungen bezüglich Wohnen, Kunst. Das bedeutet, wenn du jung bist und keine Bleibe hast, sagt die Regierung: „Uns doch egal!“ Deshalb habe ich mich diesem sehr wichtigen Thema gewidmet. Die Reaktionen auf dieses Projekt waren sehr gut, ich denke viele Menschen können sich identifizieren. Auch wenn man aus einer guten Familie kommt, kann es krachen. Jeder braucht in seinem Leben mal Hilfe.

Wie würdest du deine Fans beschreiben?

Es handelt sich um eine wilde Mischung. Am Anfang meiner Karriere habe ich gezielt ein schwarzes Publikum angesprochen, und dann bin ich aufgetreten und all diese weißen Leute gesehen und dachte mir: „Ihr versteht mich, ihr seid auf der gleichen Wellenlänge!“ Diese Einsicht hat alles verändert. Mir wurde bewußt, dass wir alle gleich sind.

Als Frau in der Hip Hop Welt, war das jemals hart?

Nein, das ist nicht hart. Ich trage keine Taschen und ich hebe nichts auf, ich habe Männer, die alles für mich machen, das ist perfekt!

Und wie ist mit dem Touren?

Touren ist, uhm, was mir nicht gefällt ist, dass es sehr ungesund ist, der Alkohol, ungesundes Essen. Man muss darauf schauen, fit zu bleiben, also schaue ich darauf, nicht so viel zu essen. Wenn man auf Tour ist, hat man wenig Freizeit. Was man zwischendurch macht, ist snacken. Man muss aufpassen, nicht aus Langeweile zu essen. Natürlich hat das Touren auch seine guten Seiten. Es ist genial, dass wir die Chance haben, all diese schönen Orte besuchen zu können. Und was das Auftreten betrifft, dabei handelt es sich öfters lediglich um eine Stunde und das war’s dann.

Stimmt es, dass du eine leidenschaftliche Köchin bist?

Ich bin eine fabelhafte Köchin, ich finde ich bin besser als alle. Ich liebe es vor allem Jamaikanisch zu kochen, das ist scharf, schmackhaft!

Als ich mir heute am Bahnhof Gedanken über die Fragen gemacht habe, die ich dir stellen werde, machte, erblickte ich dieses englische „Culinary Austria“-Kochbuch und mir gedacht, dass dir das gefallen könnte. Bitteschön, hier ist es! Danke für deine Zeit!

Danke dir, das ist perfekt!

Das Interview beim Poolbar Festival ist im englischen Original bei Stylish Kids In Riot erschienen.

Newsletter abonnieren

Abonniere unseren Newsletter und erhalte alle zwei Wochen eine Zusammenfassung der neuesten Artikel, Ankündigungen, Gewinnspiele und vieles mehr ...