R.I.P. Terry Callier – Einer wie keiner

Die bestimmende Stimme des Chicago Folk Soul ist mit 67 Jahren verstorben.

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Terry Callier ist mit 67 Jahren abgetreten. Der einzigartige Musiker wurde leblos in seinem Haus aufgefunden.

Terry Callier hatte nicht gerade den direkten Weg zu einer der am meisten geachteten Personen der Soul-Szene. Nicht umsonst wurde er auch öfters als der vergessene Prinz des Chicago Soul bezeichnet. Nach einer Jugend in Doo Wop-Formationen debütierte er mit nur 17 Jahren auf dem renommierten Chess Label. Schnell wurde er von Acts wie Mussy Waters oder Etta James als Support für Konzerte gebucht, was ihm jedoch vom Elternhaus verboten wurde. Also blieb er brav in Chicago in der Schule und spielte Gigs in den Cafes. Der eigentliche Drive seiner musikalischen Farbvielfalt an Weitsicht entstand, als er seine Liebe zu „A Love Supreme“ von John Coltrane entdeckte. Die sanft zerbrechliche Stimme mit dem beseelten Vibrato bekam so zunehmend Begleitung von zartem Soul auf Folk-Basis mit vielen Elementen des Jazz. Melodisch wie rhythmisch stilsicher ein Monolith. Eine einzigartige Mischung, die Callier zur Trademark ausbauen konnte und noch heute erstaunliche Alben und ein wenig Erfolg mit sich brachte. Mit der beginnenden Disco-Phase wurden seine Alben auf Druck der Plattenfirma ebenso mehr in diesen Sound produziert. Der deprimierte Sänger, Gitarrist und Komponist zog sich Ende des Jahrzehnts zurück, da er in dieser Industrie keine Freiheiten mehr für seine Kunst sah. Er drehte sein Leben und wurde gut bezahlter Programmierer an der Universität seiner Heimatstadt. Seine geliebte Gitarre blieb beinahe zwei Jahrzehnte unangetastet.

Mit dem Aufkommen der Acid Jazz-Welle in England in den frühen Neunzigern wurden seine Preziosen vom allwissenden Gilles Peterson gebührend oft aufgelegt. Erstaunt über die unerwartet aufgekommene Nachfrage ließ sich Terry Callier von Peterson zu einem Gig überreden und fand wieder Gefallen an der Bühne. Seine Urlaube nutzte er ab nun für Konzerte in England und fand exzellente Mitstreiter als Band. Die Belohnung war das überbordend gute wie allerorts gefeierte Comeback-Album „Timepeace” anno 1998. Das Jahr darauf wurde nochmals mehr gefestigt das feine „Lifetime“ nachgelegt. Dem immer mit strahlendem Lächeln ruhig und weise Sprechenden wurde endlich die ihm zustehende Wertschätzung zu Teil, besonders auf der Insel. Als wacher Geist war Callier offen für neue Entwicklungen, arbeitete selbst an Remixes mit. Zusammenarbeiten mit 4 Hero, Zero 7, Incognito, Paul Weller, Jazzanova oder mit Massive Attack das Album „Hidden Conversations" spannen einen weiten Bogen an ansprechender Klangmalerei. Nun ist er zum Regenbogen des Chicago Soul gegangen. Erfreut sicherlich ebenso dort mit seiner sowieso schon himmlischen Art, das Lied zu zelebrieren. Von dieser Warte aus durchaus ein würdiger Plan, für die letzte Reise seine Wolke als eine der ersten anzuschweben und locker tändelnd dem „Ordinary Joe“ zu lauschen.

R.I.P.

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