Nein. Das diesmal wohl wirklich letzte Drahdiwaberl-Konzert war nicht Routine. Und selbst wenn der „Mulatschag“ erklang, war es nicht ein solcher. Die Aufmerksamkeit galt dem Auftritt von Mastermind und Identifikations-Figur Stefan Weber.
Das Wien Museum am Karlsplatz zeigt bis 15. September unter dem Motto „Blutrausch – Stefan Weber und Drahdiwaberl“ die grafischen Arbeiten des Kapellmeister Weber. Der typische Stil von Collagen steht für sich und hat es zum eigenständigen Klassiker geschafft. Ein Gutteil seiner Werke wurde schon 2002 von der Handschriftensammlung der Wienbibliothek im Rathaus erworben. Sinnvolle Sache, das. Passend dazu gibt es auch wieder den epochalen Sampler „Wiener Blutrausch“, der 1979 aufkommende Coolness wie Minisex, Chuzpe, Mordbuben AG und Metzlutzkas Erben vereinte und ewig vergriffen war. Logisch, wurde ja auch verboten und das Vinyl beschlagnahmt.
Zur Eröffnung der Ausstellung wurden feierlich die Abdrücke von Stefan Weber für den Walk of Stars verewigt, dann bestiegen Drahdiwaberl ein letztes Mal die Bühne. Wer die Konzerte der letzten Jahrzehnte wortwörtlich erlebt hat, legt die Messlatte hoch. Auch schon mal 30 Leute auf der Bühne mit einer Mischung aus erstklassigen Musikern, einem zelebrierten Massaker gegen vielfältige Feindbilder und Aktionismus pur. Nicht schöngeistig und lieblich, sondern into your face Anarcho-Rock. Mit Allem. Die Hochzeit startete Ende der Siebziger für ein wahrlich herzhaftes Jahrzehnt und brachte sogar einige gutgehende Alben mit Hymnen und sogar Chart-Hits wie „Plöschberger“ oder dem untypischen Herzschmelz-Hadern „Lonely“. Und ein schräger Vogel am gar nicht üblen Bass brachte seine Nummer „Ganz Wien“ mit ein, später als Falco veritabler Weltstar.
Stefan Weber ist nicht nur von der Stadt Wien mit dem silbernen Ehrenzeichen quasi zum Ritter, sondern auch mit Parkinson geschlagen, fortgeschritten. Ein klassischer Auftritt der exzessiven Art ist nicht mehr möglich. Gestützt und auch geschultert wird er auf die Bühne geführt. Wankt beständig vor seinem Mikroständer, was eine klar hörbare Abnahme unmöglich macht. Berührend, traurig und eigentlich unwürdig für einen Helden, der mal der unumstrittene Sheriff des Großstadtdschungels war. Er will das, es ist ihm ein Anliegen und es ist gut so.
Umrandet wird er vom klassischen Chaos, so manch konservativer Geist wird auch 2013 noch unruhig, wenn auf der Bühne Sex, Masturbation, Urinieren und sonstig lieblicher Exzess zelebriert wird. So manch verschmitzter Grinser der Flashbacks ist neben den betretenen Gesichtern dabei. Verdammt ja, das war damals echt wild. Kein Wunder, dass die Combo in den frühen Jahren praktisch überall schaffte, sich mit den derben Shows Hausverbot zu erspielen. Viel zu rasch ist der Zauber vorbei. Der verregnete Nachmittag vor der Karlskirche wäre auch noch eine Seitenstudie wert gewesen. Sich nämlich ratlosen Touristen zu widmen, die ebenso staunend ihren Spaziergang anhalten wie lokale Jugend. Ohne etwas Backgroundwissen über das Treiben auf der Bühne muss das schon extraherb daherkommen. Den geneigeten Fan amüsiert das. Zudem ist es das wirklich letzte Konzert der Drahdiwaberl.
Das erste letzte Konzert machte man übrigens 1975. Über vierzig Jahre später gab es nochmals ein herzhaftes Grunzerl aus dem Graberl. Ewige Verbeugung vor Stefan Weber.