Lange hat es nicht mehr so Spaß gemacht, TV-Figuren zu hassen wie die Underwoods in »House Of Cards«. Warum man sich aber trotzdem insgeheim wünscht, dass sie erfolgreich sind.
Die von Netflix produzierte Serie »House Of Cards« ist oftmals mit den Shakespeare’schen Königsdramen verglichen worden. Und wie in jedem anständigen Drama ist der Konflikt bereits in der grandiosen Eröffnungsszene angelegt. Hauptfigur Francis »Frank« Underwood (Kevin Spacey) steht neben dem Nachbarshund, der von einem Auto erwischt wurde. Währenddessen dessen junge Besitzerin ins Haus rennt, um den Tierarzt zu holen, durchbricht Underwood die vierte Wand, schaut den Zuschauer an und dreht dem winselnden Hund mit einem hingeworfenen »I have no patience for useless things« den Hals um.
Underwood ist Politiker. Als sogenannter »Majority Whip« ist es sein Job, die demokratischen Abgeordneten im Kongress auf Linie zu bringen. Als ein neuer US-Präsident gewählt wird, bekommt Underwood nicht das versprochene Amt des Außenministers und beginnt einen gnadenlosen Rachefeldzug, der keinen Stein auf dem anderen lässt und als Endziel die Präsidentschaft hat. Franks Frau Claire verfolgt ihre eigenen Ziele, die nicht immer mit denen ihres Mannes übereinstimmen. So arbeiten die Eheleute mal mit-, mal neben- und manchmal auch gegeneinander.
Das souveräne Spiel mit den verschiedenen Machtfaktoren, Puppenspielern und Marionetten hat »House Of Cards« bereits einen Emmy für die beste Serie und einen Golden Globe für Hauptdarstellerin Robin Wright eingebracht. Es hilft beim Zuschauen ziemlich, sich ein wenig mit den Besonderheiten der US-Politik auszukennen. Das System der wechselnden Mehrheiten, des ausprägten Lobbyismus und des schwachen Fraktionszwangs ist die ideale Bühne für ein postdemokratisches Szenario, in dem Politik in schwindligen Deals in Hinterzimmern ausgemacht wird.
Rooting For The Empire
Frank Underwood ist auf den Gängen des Kongresses ein großer Fisch, der ständig kleinere frisst. Ein manipulatives, skrupelloses, gnadenloses Arschloch mit seltenen Momenten der Menschlichkeit. Lange hat es schon nicht mehr so viel Spaß gemacht, jemanden so zu hassen und gleichzeitig mit ihm mitzufiebern. Denn ja, es gibt sie, die furchtbaren aber charismatischen Charaktere, die während der gesamten Handlung verabscheuenswürdige Verbrechen aus unredlichen Motiven begehen, denen man aber gleichzeitig insgeheim den Erfolg wünscht. Die Amerikaner kennen dafür sogar einen Begriff: »Rooting for the Empire«. Es sind keine klassischen Anti-Helden, denn Anti-Helden gehen über Leichen, um aber letztlich für eine gute Sache einzutreten. Figuren wie Underwood treten nur für sich selbst ein. Und sind trotzdem leider eben ziemlich cool. Auch in »Game Of Thrones« sind die edlen, anständigen Starks die Sympathieträger. Man wartet trotzdem meist nur auf die Szenen mit den Lanisters.
Nicht immer betrifft das »Rooting for the Empire« die Hauptfigur. Zum Beispiel bei der Filmreihe, von der das Phänomen seinen Namen hat. Darth Vader war ein Bösewicht, den man ungestraft verehren konnte. Ein charismatischer, böser, würdiger Gegenspieler zu Skywalker und Solo, dessen Ende logisch und angemessen war. Man gönnt den coolen, charismatischen, abstoßenden Schurken letztlich oft nicht den Sieg. Aber man wünscht sich doch zumindest, sie in Würde scheitern zu sehen. Auch dafür gibt es einen schönen englischen Begriff: Sympathy for the Devil.
Die zweite Staffel von »House Of Cards« ist ab dem 14. Februar auf Netflix abrufbar. In Österreich ist die komplette zweite Staffel im englischen Original parallel zum US-Start ab 14. Februar 2014 auf Sky Go abrufbar.