Stones Throw ist geil. Das spricht Tribe Vibes‚ Stefan Trischler bei der „Our vinyl weighs a ton“- Premiere am Soundframe-Festival zwar nicht genau so aus, denkt es sich aber.
Trishes gibt auch offen zu, dass er durch manche Releases des kalifornischen Independent-Labels Musik entdeckt, die er anzuhören sonst nicht einmal gedenke. Er representet Stones Throw, trägt deren Merch-Shirt. Nachher wird er ein Set, strictly Stones Throw, spielen. Flip, Skero, Brenk, Fid Mella usw. usf. – die halbe österreichische Hip Hop-Prominenz ist Stones Throw’s Ruf gefolgt. Ernsthaft, sogar Herz von Österreich-Bubi J-Kobe.
Überloyal = gut
Es gibt Menschen, die kaufen Stones Throw-Poster, Stones Throw-Slipmats für die 1210er Turntables, nehmen die Quasimoto-Comicfigur als Profilbild, oder machen ein Praktikum bei Stones Throw und gründen dann mal eben Brainfeeder (Flying Lotus). Nur auf den Arm tätowieren ließe sich wohl niemand den Stones Throw-Schriftzug. So plump funktioniert die Stone Throw’sche Marketingabteilung nicht. Doch wie oft man als geneigter Hörer den Begriff Stones Throw verwendet, wie etwa an diesem Absatz ersichtlich, lässt erahnen, welch starke Marke hier geschaffen wurde.
Überloyale Kunden, in diesem Falle Fans, sind von essentieller Bedeutung, keine Frage. Nur mit MP3-Veröffentlichungen hätte es ein unabhängiges Label wie Stones Throw wohl kaum geschafft, die große Krise und Schließung der Musikgeschäftsketten erfolgreich zu überleben. Man findet kaum ein Plattenladen in Europa und Amerika, bei dem es nicht zumindest ein kleines Stones Throw-Fach gibt. Die LA Weekly beschrieb des Labels Zielpublikum zu dessen 15. Geburtstag treffend als Collectors, Romantics und Sentimentalists.
Und dann gibt es Menschen, die lieben es so inständig, dass sie einen Film darüber drehen. Diese Kategorie trauert um J Dilla und Firmenchef Peanut Butter Wolfs kongenialen Partner Charizma und witzelt über „J Dilla changed my life“-T-Shirt-Träger. (Who‘s Slum Village?)
Harmlose Postkartenobjektivierung
Ich habe mir auch schon mal einen überteuerten Merch-Pulli von der Westküste herschippern lassen. Aber was Jeff Broadway als Produzent des Films da aufgeführt hat, ist Fremdbeweihräucherung, Familiy-Business-Idealisierung, Fanzine-Arbeit und Glorifizierung auf einem ganz anderen Level. Nie gesehene, rare Konzertmitschnitte, Einblicke in die mystische Schokoladenfabrik, geleitet von Willi Wonka, Peanut Butter Wolf, Kommentare von anderen Liebhabern, dem selbstdarstellerischen Yeezus, dem druffen Common, dem Lackschuh-Barden Mayer Hawthorne und sonst auch noch massig Bonus-DVD-Material sind es, mit dem geworben wird.
Der Streber Hawthorne und der gefühlvolle Avicii-Hooksklave Aloe Blacc sind es übrigens, die die Talentschmiede Stonesthrow in Richtung Major und Welterfolg verlassen haben. So werden sie auch im Film als ziemliche Verräter dargestellt, obwohl Hawthorne sich sogar interviewen lässt. Im Gegensatz zu Aloe Blacc. Der hat abgelehnt. Darauf wurde extra noch hingewiesen.
Viele verschiedene Kapitel zerteilen den Filmfluss, brechen Handlungen abrupt ab und tranchieren einzelne Aspekte nur äußerst grob. Die Herangehensweise von „Our vinyl weighs a ton“ ist so realitätsfern konzipiert wie Deutschmaturaaufgaben, bei denen man obsolete, de facto in der Realzeitungswirtschaft nicht mehr existente Textformen wie „Erörterung“ verfassen muss. Schade.
Und nach dem fünften Lobeskommentar hintereinander beginnt der Film Werbung zu werden – ergo langweilig. Zuhause ginge man dann Zähneputzen oder eine rauchen, im Künstlerhaus versinkt nicht nur der Reporter im Kinositz und übt Sekundenschlaf. Am Ende dann Anstandsapplaus.
Vielleicht hätte der Aloe Blacc den Film drehen müssen.