Mit »Silicon Valley« und »Halt And Catch Fire« schicken sich zwei aktuelle US-amerikanische Produktionen an, das Loch zu füllen, das »The IT Crowd« hinterlassen hat.
Nerd müsste man sein. Denn keine der klassischen sozialen Peergroups der US-amerikanischen Highschools, die man durch jahrzehntelangen Fernseh- und Filmkonsum lieben und hassen gelernt hat, unterlief in der letzten Dekade einen derartigen Imagewandel wie jene der Streber, Außenseiter und Geeks. Auch wenn der 1950 von Dr. Seuss aufgegriffene Nerd-Begriff nicht immer ganz klar umrissen war, ist relativ offensichtlich, wer oder was damit gemeint ist. Intelligente, meist junge, meist männliche Menschen, die in ein paar wenigen Dingen blitzgescheit sind: Wissenschaft, Technik, Videospiele oder Comics. Und Nerds haben natürlich Probleme im zwischenmenschlichen Bereich.
Serien für Nerds vs. Serien mit Nerd
Der Aufstieg der Nerds – man denke an Bill Gates, Steve Jobs und Mark Zuckerberg – schlägt sich natürlich auch im Leitmedium der Moderne, dem Fernsehen, nieder. So gab es in den grauen Vorzeiten Serien, deren Publikum aus Menschen bestand, die man später als Nerds bezeichnen wird. Oft und gern sind sie im Science-Fiction-Bereich zuhause. Serien wie »Batman« (1966-68), danach vor allem »Star Trek: The Original Series« (1966-69) und der Nachfolger »The Next Generation« (1987-94) prägten Generationen von Fans, die ihre Leidenschaft aber nur daheim im Dunklen und mit Postern und eigenartigen Gimmicks ausleben konnten. Mit dem Internet ist das alles anders geworden. Seit der Jahrtausendwende finden sich im US-amerikanischen TV immer mehr Live-Action-Shows, die Nerds zu Hauptfiguren machen: beginnend mit dem nostalgisch-verklärten Judd Apatow-Frühwerk und Mega-Sprungbrett »Freaks and Geeks« (1999-2000) über »Chuck« (2007-12) bis hin zu »The Big Bang Theory« (seit 2007), dem wohl bekanntesten Beispiel einer Nerd-Serie. Mittlerweile verzichten nur wenige Serien auf Nerd-Charaktere, zumindest in einer Nebenrolle sind sie stets präsent, man denke beispielsweise an Abed aus »Community«. Auch beim eingeschlafenen Riesen »Two and a Half Men« hat man den Trend erkannt, der neurotische IT-Milliardär traut sich nicht so richtig, mit seinem vielen Geld anzugeben. Ashton Kutcher hat in dieser Rolle den Popkultur-Playboy Charlie Sheen abgelöst. Sicher kein Zufall.
IT-Serien im Trend
Eine besonders nerdige Gattung Nerd ist dabei der Computer-Nerd, der Hacker, der Zocker. Im Unterschied zum Comic- und Film-Nerd, der fast ausschließlich in Sitcoms auftritt, braucht ihn die Gesellschaft, weswegen man ihn auch in Drama- und vor allem Crime-Serien findet. Mit seinen Fähigkeiten am PC löst er die kritischen Fälle per schweißtreibender Tastatur- und Maus-Action. Selbst klassische Agenten kommen selten ganz ohne Cyberskills aus. Nur wenige Shows legen aber ihren Fokus ganz auf diese Hardcore-Nerds. Das beste Gegenbeispiel ist die Britcom »The IT Crowd« (2006-2011), eine der ersten Serien, die den alltäglichen Kampf zwischen Nerds und Normalos zeigte. Die IT-Abteilung saß dort natürlich im Keller. Vieles kannte man so ähnlich aus dem eigenen Büro. Sie war deshalb lustig, weil es ja wirklich traurig ist. BAFTA Awards, Emmys, alles kein Problem.