Die Gruppe Ja, Panik war 2014 allgegenwärtig. Gut, dass sie zum Tourabschluss noch einmal in Wien vorbei geschaut hat.
Ja, Panik Brut Wien (© Brut Wien)
Ja, Panik (© Brut Wien)
Ja, Panik (© Brut Wien)
Ja, Panik (© Brut Wien)
Ja, Panik waren 2014 gut zu Wien: FM4-Geburtstagsfest, Sommeropening im MQ, Andreas Spechtl konnte man hie und da solo sehen, Sebastian Janatas Vater-Sohn-Projekt feiert dieser Tage Live-Premiere. Nun die erste Wiener Headlinershow des Jahres, gleichzeitig zum Tourabschluss, im Brut, wo man nächsten Samstag auch mal wieder zur Releaseparty von The Gap gehen könnte.
Den Abend eröffnen wie schon Tags zuvor beim Konzert in Graz Robotra. Deren Entwurf von Noisepop ist zwar sehr ambitioniert vorgetragen, Tribüne und Ränge werden dennoch sehr bald zum Ort des kollektiven Auf-die-Uhr-Schauens und der eiskalte Balkon zum Exil der Raucher. Zu groß ist die Diskrepanz zum erwarteten Headliner, auch wenn singende Drummer jede Band grundsympathisch machen.
Vor dem Hintergrund der schon das Albumcover schmückenden schwarzen Flaggen von Libertatia und entsprechend den Tour-Gepflogenheiten eröffnen Ja, Panik, mittlerweile zum Vierer auf- beziehungsweise abgestockten – so ist Livegitarrist Jonas Hoppe nicht mehr dabei, Multiinstrumentalistin Laura Landergott dafür per Band-Tätowierung zum Vollmitglied geworden – ihr Set mit »Trouble« und Walter Benjamins Odysee.
Mit dem am Album herausragenden »Post Shakeytime Sadness« beginnt der Reigen an neuen Songs. Zu »Dance The ECB« tanzen die hartgesottensten Dancer, die Mehrzahl des Publikums (auch wenn das Brut heuer schon mal voller war, etwa bei den Goldenen Zitronen oder Thees Uhlmann) muss dem Text gemäß zum Tanzen gezwungen werden. Das tut es dann erst bei »Run From The Ones That Say I Love You«, wie immer ein Live-Favorit. Sehen nicht alle so, im kleinen Break in der Songmitte wird schon geklatscht. Bei »Time Is On My Side« entdeckt Spechtl die Effektgeräte zu seinen in schwarze Boots steckenden Füßen. Schwarze Boots tragen sie alle, Klamotten in derselben Farbe. Nur Landergotts Knopfleiste sorgt für weiße Farbkleckse (sic!).
Am Ende der Tour ist diesbezüglich also alles auf Anfang. Beim sehr guten »Au Revoir« schwelgt dann das Publikum erstmals vereinzelt noch mehr als der Hohepriester auf der Bühne. »Alles leer« und »Chain Gang« merkt man dann auch live an, dass sie – trotz Single-Auskoppelung und Videountermalung von zweiterem und sogar trotz kurzfristigen Bowie-Anspielungen – nur Filler sind. Sie sind selten, aber es gibt sie doch.
Nevermore, Kairo, Jean-Jacques Rousseau
Dann wird endlich den Wünschen entsprochen, dahin zurück, wo es nach vorne geht, zu gehen. Wobei: Denkste! Nach »Liberatia« folgt nämlich »Eigentlich wissen es alle«. Perfekt um wieder den Balkon aufzusuchen. Die rund zehn Minuten Konzert kann man sich getrost sparen. Spechtl mutiert in diesen zehn Minuten nun endgültig zum Schreihals, den erst seit einer halben Stunde ansatzweise raushängen ließ. Applaus und Gejohle gelten dann auch ihm und weniger dem Song. Mit dem alten Liedgut haben Ja, Panik dann wieder alle auf ihrer Seite. Gotta love »Nevermore«, auch wenn ohne Thomas Schleichers nonchalante Tanzeinlagen doch etwas fehlt. Und auch wenn beim das Hauptset abschließenden »Antananarivo« in der Aufzählung an Hauptstädten Kairo fehlt, nimmt man Spechtl seinen ägyptisch anmutenden Gang ab. Da macht es nichts, dass er den phonetisch so wunderbar klingenden Jean-Jacques Rousseau ausspart.
Zugaben gibt es natürlich auch. »Freut mich, dass ihr es hören mögt«, sagt Spechtl auf Burgenlandwienerisch. Ebenso wie der Block: »Modern Life is War«, das in »Alles hin, hin, hin« mündet, erstmals singen alle mit. Unverwüstlicher Klassiker eben. Ja, Panik üben sich danach zum zweiten Mal in Rockstarallüren, bitten das teilweise doch sehr verschnupfte Publikum zum Zugabentanz, der auch mit »The Evening Sun« belohnt wird. Seit Christian Treppos Ausstieg steht ja Spechtl himself am E-Piano, die anderen im Chor.
Ja, Panik sind zumindest nicht jünger geworden, haben nur zwei Songs aus »The Angst and the Money« gespielt, keinen einzigen aus den ersten beiden. Natürlich finden das Fans der frühen Tage das sehr schade.
Aber es gibt eh auch gute Nachrichten: Das Zusammenspiel ist mittlerweile sattelfest, die viel kritisierten Auftritte am Eurosonic und am FM4-Geburtstagsfest sind vergessen. Und das ist ja schon einiges.