Gibt es einen gemeinsamen Nenner zwischen romantischer Dichtung und dem technikverliebten Silicon Valley? Ja. Zum Beispiel OZY, das bestgemachte Onlinemagazin der USA.
OZY-CEO Carlos Watson hat ein Lieblingsgedicht. Vor 198 Jahren schrieb der englische Schriftsteller Percy Bysshe Shelley über einen Wanderer, der in der Wüste eine zerfallene Statue des Königs OZYMANDIAS sieht.
I met a traveller from an antique land
Who said: – Two vast and trunkless legs of stone
Stand in the desert… Near them, on the sand,
Half sunk, a shattered visage lies, whose frown,
And wrinkled lip, and sneer of cold command,
Tell that its sculptor well those passions read
Which yet survive, stamped on these lifeless things,
The hand that mocked them, and the heart that fed:
And on the pedestal these words appear:
,My name is Ozymandias, king of kings:
Look on my words, ye Mighty, and despair!’
Nothing beside remains. Round the decay
Of that colossal wreck, boundless and bare
The lone and level sands stretch far away.
Ein verstaubter, verblichener, vergessener König ist also der Namensgeber von OZY, dieser Plattform für modernen Online-Journalismus.
Doch Carlos Watson interpretiert das Gedicht auf seine Weise: „Most folks read that poem as a caution against big egos and the impermanence of power. We read it differently. To us, the poem says: Think big, but be humble, lest you end up ,two vast and trunkless legs… in the dessert’. We know that’s unconventional interpretation because in a world littered with conformity, we like to see things differently.“
Der OZY-Boss über König Ozymandias: „Ich habe aus diesem Werk gelernt, dass du immer an deinen großen Traum glauben sollst. Kein Realist auf dieser Welt hätte sich vorstellen können, dass OZY nach nicht einmal zwei Jahren bereits 20 Millionen ,Unique Visitors’ erreicht.“
Das US-Wirtschaftsmagazin Fortune widmete OZY kürzlich eine große Story: „The young company is already ahead of places like The Economist, The New Yorker, MSNBC.com and Quartz, the business site that is part of Atlantic Media.“
Ich wiederhole: OZY erreicht mehr regelmäßige Leser als „The Economist“, „The New Yorker“, MSNBC.com oder Quartz – so etwas nennt man einen digitalen Traumstart.
Die Krise vieler Medien liegt in den meisten Fällen an der ermüdenden Monotonie und der ewigen Wiederholung, glaubt Watson. OZY verspricht „the New News“: „We’re trying to tell you about the next Jon Stewart and the next Barack Obama.“
Und noch ein Geistesblitz des guten alten Percy Bysshe Shelley: „Des Menschen Gestern gleichet nie dem Morgen, und nichts als nur der Wechsel hat Bestand.“ DIE goldene Regel für erfolgreichen Journalismus.
Shelleys Worte waren auch ein Leitsatz des unvergessenen Apple-Gurus Steve Jobs. Womit wir von Shelley zurück im Valley wären.
AD PERSONAM
Wolfgang Ainetter (hier auf Twitter) war Ressort-Leiter bei der Bild Zeitung, Chefredakteur der Gratis-Zeitung Heute und zuletzt Chefredakteur bei News – als längstdienender Chefredakteur nach dem Gründer. Diesen Sommer über bloggt Ainetter für The Gap über seine Hospitanz bei OZY im Silicon Valley.
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Tag 11 The same procedure as every day and every week.
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