Sie zählt zu den besten Kameraleuten Österreichs. Für den beeindruckend schön gefilmten »Gruber geht« hat Leena Koppe sogar eine Romy gewonnen. Mit uns spricht sie über ihre Erfahrungen und Inspirationen.
Was war denn Ihre komplizierteste Szene, die Sie gefilmt haben?
Bei meinem letzten Film »Was hat uns bloss so ruiniert« war das Komplizierteste eine Steadycamfahrt durch drei Räume, einen Blick einmal durch den letzten Raum und anschließend wieder hinaus und nochmal zurück. Die Schwierigkeit war, das Licht so zu setzen, dass es in allen drei Räumen gleich war. Dazu waren sechs Darsteller und drei zweijährige Kinder zu koordinieren. Das war an sich nicht die größte Schwierigkeit, das Problem bei einem kleinen Budget ist, dass man nicht ausreichend Zeit und Equipment und Menschen dafür bekommt, sondern alles schnell schnell mit einfachsten Mitteln hinkriegen muss.
Sind die Dreharbeiten für »Was hat uns bloß ruiniert« schon vorbei?
Ja, die Dreharbeiten sind abgeschlossen, das Projekt befindet sich gerade in der Schnittphase.
Was war der stressigste Dreh, auf dem Sie je waren?
Das war ein Studentenprojekt, bei dem ich Kamera-Assistentin war. Die Räumlichkeiten waren abbruchgefährdet und die Menschen sind auf hohen, wackeligen Geländern vor lauter Müdigkeit beinahe im Stehen eingeschlafen. Alles war voller Dreck und ich weiß noch, ich musste an der Decke dieser Fabrikshalle die Kamera montieren für einen Topshot aus höchster Höhe. Ich stand mit einem Beleuchter, mit dem ich gearbeitet habe, mit ausgestreckten Armen auf einer hohen Leiter, die sich auf einer Art Brücke befand, neben der es meterweit in die Tiefe ging und das war nach, ich glaube, 18 Stunden Drehzeit. Aber da habe ich mir geschworen, so etwas in der Form nie wieder zu machen. Das Risiko, das wir eingingen, war zu groß für einen Film. Damit meine ich unser Leben und unsere Gesundheit zu riskieren, nicht die Kamera. Die wäre ja ersetzbar gewesen.
Nach welchen Kriterien suchen Sie sich ein Projekt aus?
Es muss mich ansprechen, ich muss mich in dem Projekt wiederfinden und etwas muss mich daran reizen. Da gibt es kein Rezept.
Geht es dabei um den Inhalt, die Herausforderung oder etwas anderes?
Das eine oder das andere oder am besten um beides. Meistens ist es so, dass ein guter Inhalt eine Herausforderung ist, weil man ja das Beste aus einem guten Inhalt machen möchte! Und jedes Projekt hat seine Anforderungen. Ich habe mir noch nie gedacht: das ist aber leicht …
Haben Sie ein Vorbild beziehungsweise welche Filme haben Sie geprägt?
Meine Vorbilder sind immer Christopher Doyle und Sven Nykvist gewesen, um nur zwei Namen zu nennen. In Österreich bewundere ich die Arbeiten von Martin Gschlacht, Christine A. Maier und Wolfgang Thaler oder Christian Berger, aber auch viele französische Filme. Die Filme von Jane Campion sind immer eine Inspiration und die Musikvideos von Michel Gondry.
Was ist Ihrer Meinung nach die beeindruckendste Einstellung in einem Film?
Ich kann mich erinnern, dass ich von einer Einstellung in »3 Farben Rot« sehr beeindruckt war, in der die Kamera einem Anruf in den Leitungen folgt, einer Hauswand hinauf und durch das Fenster in das Zimmer zum Telefon. Ich habe die Einstellung lange nicht mehr gesehen, ich weiß nicht, ob ich das heute noch so sehen würde, aber das hätte ich gerne gedreht. Vor allem, weil es berührend war. Ich bin immer leicht enttäuscht, wenn ich merke, dass ein großer Kameraaufwand betrieben wurde nur um der Technik willen. Wenn in einem Film Action abgefeiert wird und die Geschichte verloren geht, finde ich es immer sehr enttäuschend und denke mir, was hätte man für großartige Filme mit dem Geld drehen können, das diese paar Sekunden gekostet haben.
Es würde mich natürlich sehr reizen, einen Actionfilm zu drehen. Aber die Geschichte dazu muss passen. Auch die Filme von Wes Anderson beeindrucken mich sehr. Die sind so ausgetüftelt! Ich fand die Kamerakonstruktionen in »The Darjeeling Limited« zum Beispiel so einfallsreich. Wie er die Fahrten durch den engen Zug gelöst hat. Ich würde total gerne mal ein Budget haben, um in so eine Richtung denken zu können.
Leena Koppe stand bereits bei »Zweisitzrakete«, »Die Vaterlosen« und »Gruber geht« hinter der Kamera. Neben einer Romy für »Gruber geht« wurde sie auch für ihre Arbeit bei »Die Vaterlosen« bei der der Diagonale ausgezeichnet.