Oft ahnt man ja nicht, wenn man am Beginn von etwas ganz Großem steht. Man lebt unbekümmert in den Tag hinein. Man trifft wichtige und weniger wichtige Entscheidungen, arbeitet, ist produktiv. Oder man meldet sich aus Langeweile bei irgendwelchen Seiten im Internet an, nutzt diese halbherzig, um ihnen dann nach einiger Zeit wieder den Rücken zuzukehren.
Im Jahr 2009 zählte im Vorzeige-Binnenland Österreich auch Twitter noch zu diesen neuen Plattformen, bei denen man nicht recht wusste, ob und was und wie jetzt. Einige User der ersten Jahre ahnten wohl noch nicht, dass sie in den nächsten Jahren ihren Account auf tausenden Kürzest-Nachrichten voller Gedankenfetzen, hingerotzten Meinungen und passiv-aggressive Streitgesprächen aufbauen würden.
Twitter verselbstständigte sich, wurde größer und bald zum festen Bestandteil vieler medienaffiner Österreicher. Die Twitter-„Elite“ entstand und entwickelte sich zu einem kleinen Mikrokosmos, in dem mit Retweets gezahlt wird. Schnell geriet so in Vergessenheit, dass auch der wortgewaltigste 140-Zeichen-Publizist einmal ganz klein angefangen hat. Mit dem ersten Tweet in den damals noch fast leeren, virtuellen Raum. Scheinbar unbeobachtet und daher unbekümmert.
Dieser Artikel soll einige dieser ersten Twitter-Perlen zum Vorschein holen. Schauen und staunen. Wir haben unsere Sammlung von 2016 nochmal überarbeitet und ergänzt.
Armin Wolf
Die Anmoderation seiner eigenen Twitter Laufbahn gelingt Armin Wolf bereits 2009 ganz gut. Mittlerweile haben ihn sicher alle gefunden.
Hi everybody! Freu mich über alle, die’s schon gefunden haben. Wirklich los geht’s erst am Montag. Schönes Wochenende derweil …
— Armin Wolf (@ArminWolf) 13. Februar 2009
Sebastian Huber
Sebastian (20) will auch endlich Teil der Medienwelt werden und hat sich deshalb auf Twitter angemeldet. Freudig beginnt er mit dem Netzwerken. Das mit den Hashtags hat er erst später auf der FH für Journalismus gelernt.
@Paul_Haider Hallo!
— Sebastian Huber (@SebastianHbr) 1. Oktober 2010
Hanna Herbst
Ob sich Hanna Herbst noch immer auf sms.at herumtreibt? Wir haben sie leider nicht gefunden, obwohl es die Plattform tatsächlich noch gibt. Auf Twitter hat sich Hanna mittlerweile allerdings gut eingelebt, so scheint es.
@SebastianHbr @ViceAustria Ich bereue alles. So überfordert war ich das letzte mal, als ich mich bei sms.at angemeldet hab. #yolo
— Hanna Herbst (@HHumorlos) 12. Februar 2014
Stefanie Sargnagel
Damals, als sie nur freundlich „hallo twitter“ schrieb, war die Welt noch in Ordnung.
hallo twitter #hallo
— stefanie (@stefansargnagel) 6. Juli 2013
Martin Thür
Dass Self-Promotion besonders auf Twitter gut funktioniert, wusste er schon damals.
Schöner Erolg für „Meine Wahl“ gestern. Bis zu 187.000 Zuseher und 11 Prozent Marktanteil. Vielen Dank!
— Martin Thür (@MartinThuer) 2. März 2009
Ingrid Brodnig
Der einwöchige Twitter Testlauf läuft jetzt noch. Gibt es schon ein Resümee?
na gut, na gut. jetzt startet mein einwöchiger twitter-testlauf
— Ingrid Brodnig (@brodnig) 25. Juni 2009
Corinna Milborn
Ob sie schon alle gefunden hat?
Ok, bin gefallen. Und zwar um euch diesen Film ans Ferz zu legen: www.gangstergirls.at von tina leisch. Jetzt noch euch auf twitter finden..
— Corinna Milborn (@corinnamilborn) 2. April 2009
David Alaba
Was lernen wir aus David Alabas ersten Tweet?
- „lol“ ist so 2011 und konnte damals so random eingesetzt werden, wie heute das Emoji, dass vor Lachen weint.
- Satzzeichen kannst du in deinem ersten Tweet absolut willkürlich einsetzen. Liest ja eh niemand. Oder so.
- Setze IMMER einen bekannten Hashtag. Egal in welchem Kontext. #Obama
Fazit: Der wahrscheinlich beste erste Tweet aller Zeiten. Aus Österreich.
First tweet is to nobody lol, but on reccommendation from @RyanBabel i made a account !!!! #Obama
— David Alaba (@David_Alaba) 18. März 2011
Roman Rafreider
Irgendwie möchte man Roman Rafreider für diesen ersten Tweet gerne umarmen. Wunderbar unprätentiös, keine Anzeichen von irgendwelchen Vorhaben a la „ich mache mich als Journalist zur Marke“. Einfach ein kleiner, erster optimistischer Tweet, vermutlich geschrieben in der Mittagspause bei einem Mineral-Zitron und dem 1er-Menü der ORF-Kantine.
alles wird gut
— Roman Rafreider (@RomanRafreider) 24. November 2011
Sebastian Kurz
Prinzipiell muss man über österreichische Politiker auf Twitter sagen: der erste Tweet ist in 99% alle Fälle so unaufregend, wie die weiteren 1000, die folgen. Auch dieser Tweet hier fällt theoretisch in die Kategorie „lame“. Warum er es trotzdem in diese Liste geschafft hat? Vermutlich, weil er einen auf seltsame Art und Weise berührt. Der kleine Sebastian Kurz, vermutlich gerade erst die Firmung hinter sich, bereitet sich hier an diesem Freitagnachmittag 2009 auf den Bundestag vor. Vorfreudig, hoffnungsvoll, ohne eine Ahnung zu haben, welch große Taten noch folgen werden. Plötzlich wünscht man ihm nur das Allerbeste.
Bereite mich gerade auf den morgigen Bundestag vor. Freue mich darauf, viele Leute zu treffen. #Rede #JVP
— Sebastian Kurz (@sebastiankurz) 26. Juni 2009
Ingrid Thurnher
Möglicherweise im Gehen geschrieben, auf alle Fälle aber unter Zeitstress oder im Glauben, dass dieses Twitter eh niemand so richtig nutzen wird. So waren vermutlich die Voraussetzungen für Ingrid Thurnhers ersten Tweet. Ein Tweet a lá Whatsapp-Nachricht an Mama: hallo Mama, bin für kurze Zeit zurück in der ZIB 2, heute geht’s los, gleich mit dem bUdneskanzler bussi
hallo Twitter, bin für kurze Zeit zurück in der ZIB 2 und freu mich auf bewegte Zeiten – heute gehts los, gleich mit dem bUdneskanzler!
— Ingrid Thurnher (@IngridThurnher) 28. September 2009
Armin Thurnher
Die Vermutung liegt nahe, dass sich Armin Thurnher diesen humoristischen gedanklichen Erguss als Anlass genommen hat, endlich dieses Twitter runterzuladen. Es ist die Art von Humor, die sowohl jedem Vater, als auch jeder Führungsperson zu eigen ist. Dieser Art von Humor ist wiederrum zu eigen, dass sie geteilt werden möchte. Mit der Kellnerin im Restaurant, mit Schulfreunden, Abteilungsleitern und ab der Jahrtausenwende auch mit den Twitter Followern.
Wer soziale Netzwerke benutzt, ist motorisch gestört. Das sehe ich jeden Tag anhand meiner Mitarbeiter.
— Armin Thurnher (@arminthurnher) 4. Oktober 2009
Money Boy
Ziemlich zur gleichen Zeit, als Money Boy die österreichische Musik-Szene mit „Dreh den Swag auf“ bereicherte, wurde auch sein Twitter-Account und eigentlich damit auch DER Money Boy geboren. Beachtlich schon damals die Anzahl der Retweets und Favs. Ist Money Boy nun eine auf Social-Media-Kanälen geschickt inszenierte Kunstfigur? Und das Timing dieses Tweets der Beweis dafür?
Yo, Money Boy ist auf Twitter. Burrr!!!
— ALLES IST DESIGNER (@YSLPlug) 9. August 2010
Niko Alm
Ein Tweet aus längst vergangenen Zeiten, in dem man noch schamlos einfach twittern konnte, was man derzeit machte, nicht machte, dachte und nicht dachte. 140 Zeichen, die zur uneingeschränkten und undurchdachten Informationsweitergabe zur Verfügung standen. Das war Twitter 2007.
eat. mmmmhm
— Niko Alm (@NikoAlm) 18. März 2007
Hanno Settele
Wer im Sommer die ORF-Doku „iMensch“ gesehen hat, konnte Hanno Settele als offenbar in digitalen Gefilden eher unerfahrenen Zeitgenossen erleben. Die Twitter-Karriere startete aber dennoch, wie es sich für einen anständigen österreichischen Journalisten gehört, im 2009er-Jahr mit einem „Chirp“. Über 7500 weitere Tweets sollten folgen.
Chirp
— Hanno Settele (@HannoSettele) 22. April 2009
Reinhold Mitterlehner
Wenn man etwas Positives über diesen ersten Tweet sagen kann, dann dass er zu 100% authentisch ist. Keine aalglatte PR-Abteilung hat hier ihre Finger im Spiel. Dieser Tweet wurde geboren, weil Reinhold Mitterlehner das so wollte. Ein Selfie. Vor irgendeiner schwindligen Karrikatur. Im Schummerlicht. Mit einer Handykamera. Ohne Text. Man wünscht Herrn Mitterlehner, dass er sich sein wildes, ungezähmtes Wesen für die Politik behält.
— ReinholdMitterlehner (@MitterlehnerR) 7. November 2014
pic.twitter.com/vvMAvKG5Zs [http://pic.twitter.com/vvmavkg5zs_white]
— ReinholdMitterlehner (@MitterlehnerR) 7. November 2014