Es tut sich was. Nicht nur in der Hauptstadt lassen sich Kreative nieder, manche verlassen diese sogar, um sich in der "Pampa" selbstständig zu machen. Über die Vorteile des Land(arbeits)lebens.
Werbeagentur und Kunstkollektiv in Wien? Das kennen wir schon. Aber auch außerhalb der Hauptstadt gibt es genug Potential: Den Wohnsitz im Grünen zum Arbeitsplatz zu machen, aufs Pendeln zu verzichten, sich regional zu vernetzen und dabei gleichzeitig die eigene Region zu stärken klingt gar nicht so schlecht. Wir haben mit drei Mitgliedern des Kreativwirtschaftsnetzwerks C hoch 3 über Ihre Unternehmen und Projekte in der österreichischen "Pampa" gesprochen.
Zu Hause ist es am besten
Maria Bischof hat ihre Ausbildung in Wien gemacht – aber irgendwann zog es sie zurück nach Hause in die Steiermark. Mittlerweile hat sie sich in ihrem Heimatort Friedberg mit ihrer Werbe- und Kommunikationsagentur span lang=“DE-AT“>marotte selbstständig gemacht und ist glücklich mit der Entscheidung: "Ich muss nicht die zehntausendste Designerin in Berlin sein. Oder in Wien. Wenn ich die einzige hier in meinem Ort bin, dann reicht das auch." Während man sich privat vielleicht manchmal wünschen würde, dass nicht jeder jeden kennt und alles über jeden weiß, kann die regionale Gemeinschaft im Berufsleben und gerade in der Selbstständigkeit von Vorteil sein. Auch Maria Bischof profitiert vom "Da kennt sich jeder"-Prinzip in Friedberg: "Ich hab meine Auftraggeber hauptsächlich in meiner Region und man kennt mich einfach und weiß, dass man sich verlassen kann. Jeder kennt die Qualität meiner Arbeit." Mundpropaganda statt Plakatkampagne also – so lief das auch bei der ersten Kundenakquise, die viel einfacher war, als es sich viele abseits von großen Unternehmenskunden vorstellen: "Ich hab in meinem Lebensumfeld – auch durch die vielen Vereine, in denen ich tätig bin – so viele Bekanntschaften und Freundschaften und bin sehr gut verankert. Meine ersten Kunden habe ich eigentlich hauptsächlich durch private Kontakte bekommen." Einen Vorteil sieht Maria Bischof auch in der Wertschöpfung, die, wie sie sagt in der Region bleibt: "Natürlich ist für manche Projekte eine Meinung von außen wichtig. Aber vieles kann man auch hier in der Region umsetzen und sich gegenseitig unterstützen. Das funktioniert bei uns schon gut." Nach dem Motto: Wer das Ei beim Bauern ums Eck kauft, kann das mit der Visitenkarte oder der neuen Homepage ebenso tun. Nachteile gibt es für Maria Bischof kaum – gerade in der Medienbranche ist der Kontakt auch zu Kunden außerhalb der Region durch die Vernetzung ohnehin kein Problem.
"Wenn hier am Land jemand eine Wiener Adresse liest, wird er oft schon skeptisch"
"AnnA wirkt" heißt das Projekt von Anna Malleier-Obermair, die Betrieben bei ihrer Weiterentwicklung helfen will. Regionale Auftritts- und Wirkungsbehandlung nennt sich das im Fachjargon und spricht vor allem regionale Familienbetriebe im ländlichen Bereich an. In Gesprächen und Analysen soll nach Verbesserungspotential an der Außenwirkung gesucht werden – das funktioniert natürlich nur mit Vertrauen. Gerade hier sieht Anna Malleier-Obermair auch den Vorteil von ihrem Arbeitsplatz im Weinviertel im Gegensatz zu einem Büro in der Großstadt: "Wenn hier am Land jemand eine Wiener Adresse liest, wird er oft schon skeptisch." Die Entscheidung sich in Schrattenthal niederzulassen hatte allerdings hauptsächlich private Gründe: "Wir haben dort ein Haus und ich hab mir dann überlegt: Was kann ich, welches Potential hab ich und was könnte ich daraus vor Ort machen. Daraus ist dann AnnA entstanden." Die Vernetzung in einem Ort, aus dem man selbst nicht kommt, ist nicht immer leicht, deshalb hat Anna Malleier-Obermeier gerade anfangs ihre Leistungen auch ohne monetäre Gegenleistung angeboten, um sich eine Reputation zu erarbeiten.
"Uns ging es darum, dass wir mehr Lebensqualität hier im Dunkelsteinerwald bekommen."
Sylvia Petrovic-Mayer versteht sich selbst als "Brückenbauerin" und baut ihre Brücken nun im Dunkelsteinerwald in Niederösterreich. Ihr Projekt "Open Space Ursprung" entstand im Rahmen eine C hoch 3 Kooperation: "Ich habe Hermann Drautz über C hoch 3 kennengelernt, der sehr handwerklich mit Raum arbeitet. Ich bin bei den Themen Open Knowledge, Open Source und Open Data engagiert, also eher, was den virtuellen Raum betrifft. Wir haben uns dann gedacht, dass man das verbinden kann. Erst dann sind wir draufgekommen, dass wir eigentlich beide aus derselben Region stammen und das hat dann gut gepasst." Der Open Space Ursprung agiert nun als Verein, es gibt Treffen, Workshops und Veranstaltungen – Ziel ist die Vernetzung in der Region, das Ankurbeln des Tourismus. Aber auch Kunst- und Kulturprojekte sollen entstehen: "Uns geht es darum, dass wir hier mehr Lebensqualität haben. Es gibt einen großen Teil von Aktiven, die mit Kindern aus Wien hergezogen sind und wir wollen eben nicht pendeln. Wir genießen diese Lebensqualität hier und wollen nicht ins Auto steigen, um nach Wien zur Arbeit zu fahren. Es geht auch darum, dass wir untereinander kooperieren, gegenseitig Aufträge vergeben und das Potential hier nützen", erklärt Sylvia Petrovic-Mayr den Hauptzweck. In einem Team von mittlerweile etwa 12 Leuten werden Projektideen von und für die Region ausgearbeitet und umgesetzt. Eine gute Möglichkeit an seinen Projekten – egal ob privat oder beruflich – zu arbeiten und diese zu diskutieren ist der "Mostviertler Salon", bei dem die TeilnehmerInnen ihre eigenen Ideen besprechen, nach Kooperationspartnern in der Region suchen oder einfach schauen können, was in der Region gerade so passiert. Was in Zukunft passieren könnte, verrät uns Sylvia Petrovic-Mayer zum Schluss auch noch: "Da ist gerade viel in Bewegung, wir überlegen, was man bei uns machen könnte und das reicht von Klangreisen im Dunkelsteinerwald über Wanderungen bis zu einem "Dark Coding", also ProgrammiererInnen die zu einem Hackaton auf der Ruine Aggstein kommen und der Verbindung von altem Handwerk mit zeitgenössischer Kunst. Da ist aber momentan noch vieles in der Schwebe. Aber es tut sich was!“
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