Heinz Strunk, eine Instanz der deutschsprachigen Kulturlandschaft, kehrt zurück mit seinem langerwarteten, neuen Roman "Der goldene Handschuh".
In seiner inzwischen siebten Buchveröffentlichung schleppt uns Heinz Strunk gewissermaßen vor die eigene Haustür, denn: "Der goldene Handschuh" spielt im Hamburger Stadtteil St. Pauli. Dort wohnt Heinz Strunk bereits seit einiger Zeit – und dort kennt er sich auch sehr gut aus. Nicht nur im Viertel selbst, sondern auch in den zahlreichen dort ansässigen Kneipen. Eine von diesen ist die "Zum Goldenen Handschuh", Strunks Stammkneipe und auch Titelheldin seines neuesten Werks.
Heute hat die Kneipe, die einst vom Berufsboxer Herbert Nürnberg gegründet wurde, Kultcharakter. In den 70ern hingegen hatte der "Handschuh" den Ruf weg, galt als hartes Pflaster. Genau zu dieser Zeit spielt auch Strunks neuer Roman. Es ist ein historisches Werk geworden, das in den 1970ern spielt – eine Zeit in der in Hamburg-St. Pauli der Frauenmörder Fritz Honka, den Strunk als seinen Protagonisten auserkoren hat, sein Unwesen trieb. Bei seinen Recherchen zu dem Fall, der damals in Deutschland ein enormes Medienecho auslöste, hatte Strunk Zugang zu jahrelang verschlossen Polizei- und Prozessakten.
Fritz Honka war Stammgast im "Goldenen Handschuh". Dort verkehrte damals eine Art Parallelgesellschaft, die die offensichtlichen Vorteile des "Handschuhs" zu schätzen wusste. Geöffnet 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche an 365 Tagen im Jahr – den Spruch "Der letzte macht das Licht aus" kennt dort keiner. Honka, der im "Handschuh" nur "Fiete" genannt wird, war in jener Zeit quasi immer dort. Primär besuchte Honka diese Art von Absteigen um Frauen aufzureißen. Oft blieb der Erfolg aus. Hauptgrund dafür dürfte Honkas Verstümmelung im Gesicht sein, die aus einer Schlägerei resultiert sein soll. Nur bei älteren Prostituierten, die ebenfalls optische Makel hatten, versuchte es der unter chronischem Sexualtrieb leidende Honka mal. Er spendierte ihnen so lange Drinks – bis das Delirium nahe und deren Wille gebrochen war und sie mit ihm nach Hause gingen. Zwischen 1970 und 1975 tötete er vier Frauen, die er nach diesem Motiv aus dem "Handschuh" mitnahm – meist war er dabei derart betrunken, dass er am nächsten Morgen nicht mehr wusste, dass er jemanden getötet hatte.
Eine historisch akkurate Studie
"Der Goldene Handschuh" nun eine Biographie zu nennen, wäre falsch. Strunk fängt das Hamburger Lokalkolorit und die Stimmung der Stadt perfekt ein, rekonstruiert die Ereignisse glaubwürdig. Heinz Strunk zeichnet eine historisch akkurate Studie eines Milieus, abseits jeglicher sozialer Normen, abseits jeglicher Moralkodizes. Dabei lässt der 53-jährige Strunk seinen Charakteren in all ihrer Ausweglosigkeit stets ihre Würde.
Erschienen bei Rowohlt am 26. Februar 2016. 256 Seiten, Preis um 19,95€.