Das MAK wirft noch bis 12. Juni einen gründlichen Blick auf das Werk und die Gedankenwelt eines Gestalters, der nicht nur zu den bedeutensten österreichischen Architekten des 20. Jahrhundert zählt, sondern mit seinen Entwürfen für Textilien und Möbel bis heute wichtige Impulse im internationalen Design gesetzt hat.
Betritt man die MAK-Ausstellungshalle erwarten sie einen bereits: die Batterien sortierter Möbelstücke: im Viereck aufgereihte Sessel, daneben Hocker, runde Sofatische und entlang der Wand platzierte Anrichten. Jede Menge Möbel, fein säuberlich angeordnet – der Aha-Effekt, den wir heutzutage so oft von Design und auch von Ausstellungen verlangen, ergibt sich in den Details.
Ganz selbstverständlich beginnt man all die Formen, die historischen und die erdachten, die funktionellen und die dekorativen, zu vergleichen, bevor man überhaupt etwas über den Mann erfahren hat, der sie entworfen hat – Josef Frank nämlich. Der 1885 in Baden geborene und in Wien ausgebildete Architekt ist einer der vielen Vertriebenen, deren Bekanntheit in Österreich nie wieder an das herankam, was sie sich inzwischen im Ausland erarbeitet hatten. Dabei hatte Frank, bevor er 1933 nach Schweden emigrierte, bereits an der Kunstgewerbeschule unterrichtet, Gemeindebauten entworfen und den Bau der Wiener Werkbundsiedlung geleitet. Mit Haus und Garten führte er eine Firma für Innenraum-, und Gartengestaltung inklusive selbst entworfener Möbel. Doch all das half nichts als ihn die stadtplanerische Vormacht der Otto Wagner-Schüler und der drohende Nationalsozialismus nach Schweden trieben.
Dort fand Frank in dem von Estrid Erikson gegründeten Designhaus Svenskt Tenn einen kongenialen Partner. Bis an sein Lebensende entwarf er zahllose Möbelstücke und Stoffmuster für das schwedische Unternehmen, von denen einige nach wie vor in Produktion sind. Auch eine handvoll Einfamilienhäuser konnte der Architekt in seiner neuen Heimat realisieren. Josef Frank wurde in Schweden das, was er bis heute in Österreich nicht ist: ein bekannter Gestalter. Er ist prägend für das, was als skandinavischer Stil in sein Geburtsland zurückgekehrt ist. Die Prinzipien, nach denen Frank von Anfang an arbeitete, nämlich ein undogmatischer und entspannter Zugang zur Gestaltung des persönlichen Lebensraums („Man kann alles verwenden, was man verwenden kann.“ – Josef Frank) und das vorsichtige Suchen nach historisch gewachsenen funktionellen Formen jenseits von Stilen, ist das was wir heute am skandinavischen Design schätzen.
Trotzdem schaffen es die Kuratoren Hermann Czech und Sebastian Heckenschmidt einen Bogen zu spannen, der Franks Theorien mit seinen Entwürfen für Häuser, Möbel und Stoffe verbindet. Dabei verlassen sie sich auf eine reichhaltige Darbietung an sortierten Vergleichsbeispielen: Svenskt Tenn hat sein Möbel- und Stoffarchiv weit geöffnet. Jede Menge historische Fotografien, die an luftigen Wänden frei im Raum hängen, und Modelle illustrieren Franks Werk. Ausführliches Material zu Zeitgenossen und Nachfolgern kontextualisiert vor allem Franks Theorien und seine städtebaulichen Überlegungen zu Terrassenstädten und Gartensiedlungen. Dass die Ausstellung dabei ab und an geradezu pedantisch-kühl (inklusive akribisch aufgereihter Sesselbeine und in Originalgröße nachgebauter Wendeltreppen) wirkt, zeigt diesen wichtigen Gestalter auf eine Weise, die ein relevantes Gegengewicht zum besonders wohnlich-warmen Svensk Tenn PopUp-Store darstellt. Die verlockend weich aussehenden Sofas, die auf einem Podest in sicherer Entfernung vom Publikum stehen, würde man sich natürlich näher herbeiwünschen.
Auf keinen Fall verpassen: den Abgleich zwischen Plan und Riesenfotos von Franks eigener Wohnung und der Wohnung Tedesko; die Tablets zum Durchblättern von Franks Skizzenbüchern in der letzten Ecke; den Kabinettschrank Modell Nr.881 aus dem Jahr 1938, der auch aus der Feder eines Memphis-Designers sein könnte.