Chucks

Cornelia Travnicek fabuliert wieder. In ihrem neuen Roman »Chucks« schickt die 25-jährige Niederösterreicherin ihre Protagonistin auf Entdeckungsreise durchs Leben. Und das ist mehr als Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in einem.

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Mara ist asozial, ein Punk, trinkt Kette und schleckt Pistazieneis. Sie redet über Quanten und Strings und tut sich schwer mit Zusammenhängen. Jakob ist klassisch, ein Architekt und trinkt Wasser. Er sieht illegal Premiere – sogar seine Träume besitzen Statik. Die Mutter zelebriert Geburtstage bei Tupperware-Partys, der Vater bringt von seinen Geschäftsreisen fremde Höschen statt Geschenke mit. Das war vor der Trennung. Ihr Bruder ist schon lange tot. Bevor er gestorben ist, haben die Ärzte versucht, ihn mit einer Chemotherapie aufzulösen.

Mae ist auf Bewährung und muss deswegen im Aids-Hilfe-Haus arbeiten. Dort lernt sie Paul kennen. Paul, der ist anders. Seine Iris ist »so dunkel, dass man den Rand seiner Pupillen nicht sieht.« Bei Paul fühlt sie sich erkannt. Aber »Paul ist wie eines dieser Schmetterlingskinder«. Paul hat Aids.

Cornelia Travnicek kommt aus St. Pölten, ist bewandert in Elektronik, weil ehemalige Schülerin einer HTL, interessiert an chinesischer Kultur, weil Studentin der Sinologie und sieht irgendwie cool aus, weil ihre Haare zu Dreadlocks geflochten sind. Abgesehen davon hat Travnicek zahlreiche Literaturpreise eingeheimst, Prosaromane veröffentlicht und mit der Poetry Slam-Queen Mieze Medusa einen Kurzgeschichtenband herausgegeben. Die 25-jährige Niederösterreicherin hat sich dem Schreiben verschrieben, vollkommen, und das merkt man bei der Lektüre von »Chucks«, in der einen Travnicek an der Hand fasst und mitnimmt auf eine Reise mit ihrer Protagonistin Mae, zu den Erinnerungsfetzen der Vergangenheit und den Träumen der Zukunft, einen mitnimmt auf eine Erfahrung, die irgendwo liegt, zwischen Leben und Tod.

In Gesellschaft von Unmengen an Dosenbier, Zigaretten und Cornflakes mit Milch wird über das Leben nachgedacht, wird gesprochen über die großen Dinge, die wichtig sein sollten und über die kleinen, die wirklich wichtig sind und auch wenn es keiner Logik folgt und manchmal irgendwie planlos wirkt, ergibt es doch immer Sinn, was da geschrieben steht. Es sind sehr zarte Sätze, die Travnicek da schafft, es ist eine leise Sprache, die ihre Feder spricht, die trotzdem hängen bleibt im Ohr, die einen festhält und packt, hier und jetzt und die einem, in einem schwachen Moment der Traurigkeit, das Feuchte in die Augen treibt. Travnicek prahlt nicht mit Worten, sie wählt sie mit Bedacht, was sie fabriziert, reduziert sie auf das Wesentliche, auf den Kern, der übrig bleibt. Sie sagt, was sie denkt und in jedem Wort liegt ein ganzes Weltall voll Authentizität.

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