Apples erstes Album nach der Fünfjahrespause wirft einen nicht mit Selbstentblößung, sondern mit unglaublichen musikalischen Ideen um.
Fiona Apple verdankt ihren Erfolg nicht zuletzt einem Mysterium: Extrem sensibel, öffentlichkeitsscheu und verfolgt von persönlichen Problemen aller Art, gibt die US-Sängerin seit Ende der 90er eine Projektionsfläche für das geplagte Künstlerinnen-Subjekt im Pop-Biz ab, und wie bei Anja "Soap & Skin" Plaschg weiß man nie recht, wo sich das öffentliche Image aus der Persönlichkeit ergibt und wo die Inszenierung anfängt. Doch bei Apple sind Imagefragen sekundär, weil ihr musikalischer Einfallsreichtum alles überragt: Wie sie auf "The Idler Wheel…" gegen Formkonventionen rebelliert, wie sie Rhythmus, Melodie und Piano-Begleitung ihrem individuellen Textfluss anpasst und dabei doch überraschend eingängige Songs zuwege bringt – das hat schon große Klasse. Mehr noch als beim Vorgänger "Extraordinary Machine" (2005) setzt Apple dabei auf Rhythmen, die einander überlagern und bekämpfen; mit repetitiven Gesängen, die manchmal in schockierendes Brüllen kippen ("Daredevil", "Hot Knife") zapft sie ganz nebenbei die Lebensader des Blues an. Falls Apple wieder eine längere Pause einlegen möchte, kann sie das ruhig tun – dieses Album wird noch lange, lange nachklingen.