Diplo und sein Partner Switch haben Spaß dabei, Dancehall mit EDM zu vermischen. Dass sie sich dabei keine Sekunde ernst nehmen, rettet die Platte über einige Tiefs hinweg.
Man kann Diplo ja wirklich einiges vorwerfen. Sein ewiges Sunnyboy-Image, seinen Hang zum Geböllere, die lächerliche »Express Yourself«-Bewegung, bei der es im Grunde nur darum ging, dass Frauen bei Konzerte, ihre Ärsche in die Höhe recken. Ein Vorwurf läuft aber völlig ins Leere: Anders als andere Produzenten, die Weltmusik in elektronische Musik einfließen lassen, ist Diplo dabei nie peinlich oder fake. Das liegt nicht daran, dass er seine Vorbilder besonders intensiv studiert oder mehr reist als andere, sondern einfach daran, dass er von vornherein auf jegliche Authentizität verzichtet. Wer hören will, warum die verschworene, im Grunde stockkonservative Dancehall-Gemeinde Major Lazers Musik ablehnt, sollte sich »Free The Universe« anhören. Diplo und sein Partner Switch bewegen sich darauf stets an der Kante des guten Geschmacks und tanzen teilweise Niveaulimbo, nur um danach jubelnd wieder hochzukommen. Ja, man hört den Dancehall überall raus. Aber Major Lazer verbinden ihn mit EDM der übelsten Sorte – schlechte Musik für Menschen auf schlechten Drogen.
»Jet Blue Jet« schranzt ziemlich dreist vor sich hin und schämt sich nicht für seine gepitchten Vocals. »Wind Up« bietet mit Elephant Man einen echten Jamaikaner, ist aber abseits von dessen Parts gefährlich nah an der Großraum-Disco. Überhaupt ist das hier – wie so oft bei Diplo – im Grunde Stadion-Dancehall: Weltmusik für diejenigen, die am Goa vor allem die Hippie-Einstellung nervt. Die Referenzen liegen dabei auch durchaus fernab Jamaicas: »Scare Me« basiert auf dem stark verfremdeten Thema von Eurythmics’ »Sweet Dreams«. Major Lazers Zweitwerk nervt an vielen Stellen und ist trotzdem keine schlechte Platte. Zum einen rettet sie eine illustre Schar an Gaststars, wobei aber nicht nur sichere Bänke wie Santigold oder Peaches, sondern auch eigentliche No Gos wie Bruno Mars oder Shaggy für gute Momente sorgen. »Free The Universe« ist ein durch und durch buntes Album, das sich zum Glück zu keinem Zeitpunkt ernst nimmt. Auch das Gespiele mit Jah und anderem jamaikanischem Krimskrams ist mehr aus einer humoristischen Perspektive zu sehen.
Major Lazer bleiben – musikalisch wie stilistisch – immer Touristen, sind sich dessen aber bewusst. Das macht sie angenehm unprätentiös. Gut zu sehen war das auch in der Snoop Lion-Doku: Dieser maßte sich an, Jamaica als Außenstehender im Schnelldurchgang verstehen zu können. Switch und Diplo hingegen bauten etwas, das nach Reggae klang, kifften und hatten eine gute Zeit. Im Grunde fasst das auch »Free The Universe« ganz gut zusammen.