Kabinenparty – geht scho gemma vuigas – ist mittlerweile sieben Jahre her.
Wir machen mit Skero noch einmal "Party in Kabine".
Auf der Pooloberfläche des Kongreßbades, Julius Meinl-Gasse 7a, wo sich Otto Wagners S-Bahn-Gleise und die Hernalser Hauptstaße treffen, liegt eine sichtbare Schicht aus doch nicht wasserfester Sonnencreme und wohl auch eine unsichtbare aus frischer Brunze.
A Schluck ausn Sechzehner-Blech und scho senkt si da Druck. Fotograf Fabian und ich sitzen schon auf der grünen Liegewiese. Das Bad leert sich als Skero kommt. Der ist eigentlich zu spät. "Nach Sechs lass ma kan mehr rein – oder ham’s a Genehmigung?" Bitte lieber (dieser Reflex, Badewaschl zu sagen) Bademeister! Der Skero, der hat doch das Kongreßbad berühmt gemacht. Irgendwie kommt er dann doch rein. Und das Kongreßbad entpuppt sich als angenehm unösterreichisch unkompliziert. Dazu später noch was.
Der berühmteste Lulatsch von Österreich
Skero, der berühmteste Lulatsch von Österreich. Seit dem Dreh ist er nicht mehr im Bad gewesen. Seit dem Dreh zum wohl populärsten Musikvideo aus Österreich (knapp acht Millionen Klicks, Stand September 16’). Seitdem es den "Dreh den Swag auf"-Originalclip nicht mehr auf Youtube gibt.
Skero, no na, sieben Jahre älter. Trotzdem kurze Verwunderung: Ist er doch für immer abgespeichert als der Typ in Badehose, Opa-Kappe, Goldkette. Als der schmächtige Typ mit Hähnchen-, und doch stolzgeschwellter Brust.
Sieben Jahre in denen er Dj Ötzi mit "Ein Stern, der deinen Namen trägt" um eine Chartwoche schlägt. Nicht im Praterdome, dafür im Empire St. Martin auftritt. Zwar von Texta weggeht, aber ein Soloalbum und mit der Müßiggang Wienerlieder macht.
Ida ist das alles ziemlich wurscht. Ida ist Skeros zweijährige Tochter und das Wichtigste und Offensichtlichste, das in diesen sieben Jahren passiert ist. Ida ist mit Kinderwagen und ihren Kuscheltieraffen Pipo & Pepe im Kongreßbad dabei.
Die Story vom Kabinenparty-Song
In der Stahlstadt gibts ein Parkbad und im Parkbad hat ein Haberer vom Skero, der Linzer Rapper Laima, eine Kabine. Dort ist man öfters nachts eingestiegen. Die Idee zu Kabinenparty kam, "ois es amoi so gregnt hod", sagt Skero, "da homma uns in die Kabine vom Laima verzupft." In Linz beginzt.
Skeros melodischer Sound führt zur erstaunlichen Erkenntnis, dass der oberösterreichische Dialekt nicht – wie bisher angenommen – der schiachste, sondern eigentlich der schönste von Österreich ist. Weil überall, wo im Wienerischen ein hatschertes a ist, hat das Oberösterreichische ein schlankes o. Nur so ergibt es auch Sinn, dass der Flow eines Linzers wie Kroko Jack so nah an die hohe Kunst des Dancehall-Toastings kommt.
"Die anen foan noch Ibiza, die andren nach Udine, wir bleiben im Parkbad, machen Party in Kabine." Jedem in Linz, dem Skero die erste Kabinenparty-Strophe vorspielt, reagiert mit “wos is des für a Schaas”, erzählt Skero. Hört man sich das Kabinenparty-Instrumental heute nochmal bewusst an, ist es ordentlich gealtert. Und erinnert an Mittezweitausender-E-Gitarren. Zeiten, als Indie noch irgendwen interessiert. Die Musikerin Joyce Muniz ist überhaupt die erste, die damals von Kabinenparty als Idee begeistert ist. Das ist dann schon in Wien, wo Skero auch die zweite Strophe aufnimmt. Selbst dann reagiert noch keiner mit: ”Wahnsinn des is a Mega-Hit.”, so Skero.
Die Story vom Kabinenparty-Video
Denn für den Mega-Hit braucht’s erst das Video. Und das kommt – 2009 – genau zur richtigen Zeit auf der richtigen Plattform. Erstmals gibt es auf Youtube hochauflösende Videos und die guten, billigen Digitalkameras. "Hätt’s die früher schon gebn", sagt Skero, "I hätt scho als Kind Videos draht."
Das Kongreßbad ist eigentlich nur Filmkulisse geworden, weil das Parkbad in Linz zu weit weg war. Der Regisseur Thomas Zronek dreht, wie es sich gehört, ohne viel Plan, ohne viel Handlung mal eben ein ikonisches Musikvideo. Am zweiten Tag überzieht er das vorgesehene Zeitfenster und dreht fast bis Mitternacht. Nur manchmal sei der Badewaschl vorbeigekommen "Wie lang brauchts es noch? Noch a bissl? Passt, ka Problem." Das Kongreßbad ist auch Filmkulisse geworden, weil es die realste Badeleitung Wiens hat.
"Das Beste war", sagt Skero, "dass i mit den aufblasbaren Delphinen und Haien auf die Rutschn rauf durfte." Normal sind diese aufblasbaren Viecher laut Badeverordnung auf der Rutsche strengstens untersagt. "Da ham sich die Kids ur aufgeregt, haha."
Wir stehen vor der Kabine 404. Der Kabine. Ein bissl klein für die Disco-Szene am Schluss oder? Skero zeigt auf den Heizungskeller nebenan. Ah, eh klar. "Die Indoor-Szenen homma dort gedreht."
Der Hype
Am Anfang spielt Skero viele kleine Gigs. Nachdem das Video 80.000 Klicks erreicht, ruft der Vertrieb bei Ö3 an. Vielleicht sind die ja interessiert. Das Formatradio beobachtet den Song schon seit längerem. "Aber spün", sagt Skero, "homs se’s no oiwai ned traut." Irgendwann läuft Kabinenparty dann wirklich auf Ö3. Da geht’s auch schon richtig los. Das ist auch die Großraum-Diso-Zeit. Skero sagt sich "jetzt spümma zehne von den Gigs, die san wirklich gut bezahlt und dann is Schluss." Dass dort nicht gerade sein Publikum wartet, ist ihm durchaus klar. "Die wollten immer nur den anen Song hören." Auch Werbeanfragen kommen rein. Arg, dass da ein Konzern fragt. Nur wegen so einem Video im Kongreßbad. Sachen wie: Skero mach doch Rosinen-, oder Lawinenparty!, hört er in dieser Zeit öfter. Er macht nur die für Media Markt.
Der Hype sei anfangs ganz angenehm gewesen, sagt Skero, "aber nach einer gewissen Zeit reicht’s dann wieder. Sonst hätt I ka Ruhe mehr ghobt." Außerdem sei es gar nicht so leicht, daran anzuschließen. Wie betrachtet er Kabinenparty heute mit einigen Jahren Abstand? "Ich spiel die Nummer nach wie vor gern live. Sie nervt also no ned."
Graffiti, sponsored by Stadt Wien
Mit dem bei einem Autounfall verstorbenen Malerfreund Levin Statzer hat Skero die legalen Graffiti-Spots in Wien aufgezogen. Ein pensionierter Beamte aus Wien, "Gratzer oder so hat der ghaßn.", tritt an die beiden heran, denn er will am Schluss seiner Karriere einmal was Gscheites machen. Die Malerfreunde fotografieren alle Wände der Stadt, die sie gut fänden. Von Fünfzig kann der ehemalige Beamte immerhin Zehn abklären. "Davor gabs in der Stadt nur am Donaukanal die Hall of Fame." Bei legalen Plätzen für Graffiti ist Wien seitdem weit vorn.
Hätte hätte Goldkette
"I tret ned mehr mit der Kettn auf. Weil die Leit verstehens ned, sie glauben olle immer die is echt. Das löst eher Neid aus." Fürs Fotoshooting hängt Skero die sogenannte Dookie-Rope-Kette (3cm, nicht wie üblich 2cm dick) aber noch einmal um. Privat trage Skero lieber Silberkette. "Gold ist schwierig, wennst blond bist."
Der gelernter Grafiker, beschließt bereits mit Anfang Zwanzig "mit der Hockn aufzuhören und zu schauen, dass i von meiner Kunst leben kann." Hatte er Angst damals? Nein, Graffiti-Aufträge liefen damals gut. Doch es gibt auch schlechtere Zeiten. "Manchmal bin ich am Abend vors Flex gegangen mit fünf Texta-CDs. Hab die verkauft und dann darum a Bier getrunken."
An Septemberabenden kommt die Dunkelheit schneller als Kieberer bei U6 Thalia. Es ist mittlerweile spät, das Bad leer und der Badewaschl kommt schon wieder. "Jetzt müsst’s aber wirklich gehen, Burschen. Alarmanlage muss eingeschalten werden und ois.
Wir brechen also auf. Am Weg zur Straßenbahn schnorrt sich Skero noch an Tschick bei einer Passantin. Er ist einer von denen, die bei dieser Gelegenheit gleich mehrere angeboten bekommen. "Des is ned wegen mir. Sondern weil i mitn Kinderwagen unterwegs bin." Tochter Ida überreicht der spendablen Dame im Austausch eins von ihren Erdnusssnips.
Der erste Regisseur, dem Skero von dem extrem aufwändigen Videokonzept erzählt, zeigt sich begeistert. Und meldet sich nie wieder. Seit kurzem ist das Video zu “Kopf im Gnack” draußen, fast ein Jahr wurde daran gearbeitet. Weiters ist ein Moped-Roadmovie namens “Wilde Eichhörnchen”geplant. Skero ist gerade in Hotel Rock’n’Roll zu sehen.