Jude Law spielt in "The Young Pope" den vielleicht sexiesten Papst der TV Geschichte. Aber sicherlich nicht den freundlichsten. Hinter der kettenrauchende, sonnengebräunte Fassade Pius XIII. lauern düstere Vorzeichen.
Der Papst ist tot. Lang lebe der Papst! Die Umstände seiner Wahl bleiben anfangs noch im Dunkeln, fest steht: Papst Pius XIII (Jude Law) ist der erste amerikanische und jüngste Papst der Geschichte: eben "The Young Pope". Die Pius-Päpste vor ihm haben sich alle nicht unbedingt durch Ruhm einen Namen gemacht, dementsprechend düster sind auch die Vorzeichen für den Dreizehnten seines Namens.
Am allerersten Tag in seiner neuen Funktion bricht der fesche Papst gleich mit ein paar althergebrachten Regeln. Er ist aber nicht – wie man vielleicht erwartet hätte – ein progressiver Hippie, der die Kirche mit freier Liebe revolutionieren will. Ganz im Gegenteil. Hier steht Macht und deren Ausdruck im Vordergrund. Bezeichnend eine Szene in seinem Audienzzimmer, in dem er einer Angestellten untersagt zu rauchen, weil Johannes Paul II eben das verboten hatte, während Pius XIII selbst süffisant grinsend an seiner Zigarette zieht. Das Mimikspiel, das da dazugehört, beherrscht Jude Law meisterhaft. Vielleicht hat ihm bisher noch keine Rolle so gut gestanden, wie die des braungebrannten, überheblichen Sonnyboy-Papstes, der gar nicht so ein sonniges Gemüt hat.
Alles aus einem Guss
Regisseur, Creator und Autor in Personalunion der Serie ist Paolo Sorrentino, selbst Oscar Preisträger für "La Grande Bellezza". Es schadet nicht, dass alles aus einem Guss kommt: Inszenierung, Drehbuch, Schauplätze und Cast harmonieren. Eine Serie, die im Vatikan spielt, hat natürlich auch visuell einiges zu bieten. Der pompöse Background, die prächtige Ausstattung der Räume und die absurde Kostümierung vieler Protagonisten sind der Traum eines jeden Set-Designers. Und tragen dazu bei, dass die gesamte Serie immer etwas seltsam künstlich, seltsam überinszeniert wirkt. Ein vielleicht nicht ganz unbeabsichtigter Kommentar auf die katholische Kirche an sich. Denn hier ist nichts natürlich oder gar unkompliziert. Hier regiert Protokoll, Macht und ja, auch der Glaube.
Denn, dass dieser neue Papst nicht auf derselben Stufe steht, wie die gewöhnlichen Menschen um ihn, lässt er sie deutlich spüren. Ob er sich seinem obersten Berater Cardinal Voiello (Silvio Orlando) gegenüber wieder und wieder beratungsresistent und abschätzig zeigt, oder seiner Ziehmutter Schwester Mary (Diane Keaton) vorschreibt, ihn nicht mehr beim Vornamen zu nennen sondern fortan mit "Eure Heiligkeit" anzusprechen. Dieser Papst ist überweltlich. Aber das glaubt er nicht nur selbst, auch die anderen halten ihn – ganz katholisch – für etwas ganz Besonderes. Wie es Schwester Mary ausdrückt: "He is a saint. And I don’t mean a good man. He is literally a saint." Auch ein Kanguru aus Australien darf in den ersten beiden Folgen dieser Überweltlichkeit Ausdruck verleihen.
Eine Charakterstudie
Die schwierige Beziehung zu Pius Mentor Kardinal Michael Spencer (James Cromwell) und die neu geordneten Verhältnisse mit seiner Ziehmutter lassen spannende Entwicklungen vermuten. Wenngleich die Narration sicherlich nicht im Zentrum dieses Serienprojektes steht. Vielmehr sind die ersten beiden Folgen eine Charakterstudie, allen voran des Protagonisten natürlich, dem das Drehbuch so geschrieben ist, dass er seine Undurchschaubarkeit zu jeder Zeit in Szene setzen kann. Sympathieträger sind auch die anderen Figuren alle keine, Potenzial für spannende Aspekte haben sie aber alle mal.
Wo das Ganze nun mit den weiteren acht Folgen (und eventuell auch einer zweiten Staffel) hinführen wird, bleibt noch etwas vage. Im schlimmsten Fall drohen die "Dornenvögel", im besten Fall erwartet uns eine intelligente Dekonstruktion des Systems Vatikan.
Die Gemeinschaftsproduktion der europäisch-amerikanischen Sender Sky, HBO und Canal+ ist ab 21. Oktober Sky Atlantic HD zu sehen.