Am 24. Mai startet die Ausstellung „How To Live Together“ in der Kunsthalle in Wien. Wir haben die Wiener und Wienerinnen gefragt, was Zusammenleben für sie bedeutet.
In Zeiten medial und politisch hoch gebauschter Verunsicherung wird die Angst vor der Fremde zumindest in Teilen der Bevölkerung größer, gleichzeitig gestaltet sich unsere Gesellschaft im Zuge der Globalisierung neu. Mit diesen Herausforderungen wird das Zusammenleben sehr schnell auch im Alltag auf die Probe gestellt. Auf zwischenmenschlicher Ebene haben Soziale Netzwerke oder aber unkonventionelle Familienmodelle unser Zusammenleben verändert. Wohin führt uns dieser Wandel? Klar ist, Zusammenleben will gelernt sein, auch wenn es manchmal nur bedeutet, den Müll zu entsorgen oder das Geschirr der Mitbewohner abzuspülen.
Dem größeren Ganzen widmet sich die Ausstellung „How To Live Together“ in der Kunsthalle Wien, die das Zusammenleben auf künstlerische und höchst anspruchsvolle Art und Weise zum Ausdruck bringt. Beleuchtet wird das Thema, indem durch gesellschaftsanalytische Ansätze ein künstlerisches Netz aus Vergangenheit und Zukunft, Normen und Zwängen gespannt wird. Darin gefangen ist das Individuum, das nicht nur als passives Opfer, sondern auch als aktiver Fädenzieher betrachtet wird. Die Projekte der über dreißig Künstler basieren auf persönlichen Erfahrungen und thematisieren den Wandel sozialer, politischer und ökonomischer Gegebenheiten. Durch die vielfältigen, individuellen Ansätze wird ein pluralistischer Eindruck der Gesellschaft vermittelt, der das Zusammenleben in seiner ganzen Weite präsentiert.
Als kleinen Vorgeschmack auf die kommende Veranstaltung, haben wir uns mit den Menschen auseinandergesetzt, die uns tagtäglich über den Weg laufen. Mit Kamera, Notizblock und Aufnahmegerät gewappnet, haben wir die Wiener und Wienerinnen danach gefragt, welche Bedeutung Zusammenleben für sie hat. Dabei haben wir sehr vielfältige Anekdoten und Meinungen zu hören bekommen – zum Teil philosophisch, manchmal einfallsreich und witzig, oft aber auch alltäglich und unspektakulär. Die Antworten waren ebenso divers, wie wir Menschen, die in dieser Stadt zusammenleben.
Marcin, 27, “One-Person-Circus” aus Polen
What does living together mean to you? “To not judge anybody, this is what it means to live together. And not labeling each other, like somebody is smaller, somebody is bigger. Living together for me also means not pretending to be somebody else because then the person is not together with itself.”
Iris, Programmiererin (links) und Hansjörg, Designer (rechts)
Was bedeutet Zusammenleben für dich? Hansjörg: “Die Freiheit des Individuums sollte gewahrt werden, möglichst umfassend.” Iris: “Ich glaub, dass ist eine Wechselspannung zwischen neuen Eindrücken…also, andere Leute, andere Meinung, andere Eindrücke, andere Gedanken.” Hansjörg: “Andere Modelle.” Iris: “Das bedeutet auch Konflikte. Das muss aber nicht negativ sein – Spannungen die spannend sein können.” Hansjörg: “Probleme sind Herausforderungen, die man lösen kann.”
Ulli, 54, Ergotherapeutin
Was bedeutet Zusammenleben für dich? “Aufeinander Acht geben und voneinander was wissen und miteinander schöne Sachen machen.”
Ludwig, 59, Pfleger aus der Slowakei
Was bedeutet Zusammenleben für dich? “Hier leben viele Leute aus der ganzen Welt zusammen, das gefällt mir. Ich sehe hier keine Konflikte mit anderen Nationen und das ist sehr schön.”
Milan, 25, Student aus Ungarn
Was bedeutet Zusammenleben für dich? „Dass jeder seine Aufgabe hat oder findet. Dass man bestimmte Werte hat und danach strebt und dass man das nicht von anderen erwarten muss. Leiden ertragen können zum Beispiel. Humor zu haben und dass man die Sachen nicht zu ernst nimmt. Ein bisschen Abstand halten können und dass man die Sachen von außen betrachten kann.“
Xiang, 18, Schülerin (links) und Steffi, 22, Verkäuferin (rechts)
Was bedeutet Zusammenleben für dich? “Xiang: Das erste, das mir einfällt ist das Leben in einer Gemeinschaft miteinander. Steffi: Für mich ist es wichtig, dass man sich versteht, weil man sonst wegen irgendwelchen Kleinigkeiten zu streiten anfängt. Xiang: Teilen ist auch wichtig.”
Manu, 39, Wien
Was bedeutet Zusammenleben für dich? “Zusammenleben für mich bedeutet, einen gegenseitigen Respekt zu zeigen und zu schauen, dass jeder hat was er braucht und alle auskommen.”
Helmut, 48, Mitarbeiter in einer Insolvenzverwalterkanzlei aus München
Was bedeutet Zusammenleben für dich? „Miteinander auskommen ist glaube ich das Entscheidende beim Zusammenleben.“
Samira, 21, Studentin (links) und Andre, 21, Student aus Wien (rechts)
Was bedeutet Zusammenleben für dich? Andre: „Gemeinsam Zeit verbringen, Sachen zu unternehmen, der alltägliche Zusammenhalt. Man ist halt füreinander da und beschützt sich. Man muss Beziehung und Gesellschaft in einen Topf hauen, das ist halt so in der heutigen Welt. Es ist egal welche Nation, egal welche Religion, es gehört einfach ein Zusammenhalt her. Man muss Zusammenleben und wenn man das nicht tut, passiert so etwas wie Kriege. Das ist echt nicht cool.“
David, 22, Student
Was bedeutet Zusammenleben für dich? „Toleranz füreinander zeigen. Aber sich trotzdem nicht so sehr von den Anderen beeinflussen lassen.“
Ford, 40, Caritas-Pfleger aus Nigeria
Was bedeutet Zusammenleben für dich? „Wenn man das will, dann geht es. Bei mir funktioniert das. Ich bin jetzt schon 15 Jahre in Wien, glücklich verheiratet, habe eine Arbeit, die Sonne scheint und die Leute sind glücklich.“
Eva, 44, Illustratorin (links) und Luise, 36, Fotokünstlerin mit Leon, 7 (rechts)
Was bedeutet Zusammenleben für dich? Luise: “Morgens aufwachen, mit sechs Kinderfüßen, Katze, Hund und Mann im Bett.” Eva: “Zusammenleben bedeutet, den eigenen Rhythmus an den Rhythmus der anderen anzupassen und das zu genießen.”
Heike, 63, Leipzig
Was bedeutet Zusammenleben für dich? „Wir kommen aus Leipzig und unsere beiden Söhne sind aufgrund der Arbeit in anderen Bundesländern. Und dort sind auch jetzt meine Enkeln. Schön auf der einen Seite, aber eigentlich auch traurig, weil man kann nicht einfach schnell hinfahren oder unterstützen, um die Enkeln in die Kita oder zum Kindersport zu bringen. Aber das Problem kann ich halt nicht lösen, da es bei uns eben diese Arbeitsplätze nicht gab. Auf der anderen Seite sind wir auch sehr verwurzelt, sodass man den Kindern einfach nicht so leicht hinterher zieht.“
Lukas, 22, Student aus Wien
Was bedeutet Zusammenleben für dich? “Ich wohn auch in einem großen Dorm mit verschiedenen Leuten aus verschiedenen Ländern und Nationalitäten und ich finde halt vor allem Respekt wichtig.”
Ulli 70, Pensionist (links) und Karin, 73, Pensionistin (rechts) aus dem Regensburger Raum
Was bedeutet Zusammenleben für dich? Karin: „Glücklich sein. Wir leben nicht immer zusammen. Aber wenn wir zusammen sind, dann ist es schön. Man kann sich auf den anderen Partner verlassen, wenn man irgendetwas braucht. Man kann auch einfach schöne Momente teilen und man kann auch nicht so schöne Momente teilen.“ Ulli: „Im Prinzip muss ich meiner Partnerin Recht geben. Wir kennen uns jetzt circa 10 Jahre und es war eigentlich bis jetzt immer eine schöne Zeit. Obwohl wir nicht immer zusammen sind. Und das ist glaube ich auch in einer Beziehung oftmals wichtig, dass man nicht ständig aneinander klammert. Sondern dem anderen einfach Freiheiten gibt, die man vertreten kann. Weil ich fotografiere gerne und bin viel in der Natur, Karin geht lieber mehr in die Städte. Karin: „Man ist nicht immer einer Meinung und das soll man auch respektieren.“
Samuel, 22, Student (links), und Chantal, 22, Büroangestellte (rechts)
Was bedeutet Zusammenleben für dich? Samuel: „In der Gesellschaft auf andere Menschen acht geben und auf sie schauen und Respekt gegenüber bringen.“ Chantal: „Anderen helfen in der Gesellschaft und friedlich miteinander leben.“
Margarete, 78, Seniorin aus Köln (links), Susanne, 56, Krankenschwester (mitte) und Sarah, 29, Krankenschwester (rechts) aus Liège (3 Generationen)
Was bedeutet Zusammenleben für dich? Margarete: „Für uns gilt, dass sich die ganze Generation versammelt. Nicht immer, aber dass man gemeinsam Aktivitäten mit der Familie macht.“
Clown Luxi, 40
Was bedeutet Zusammenleben für dich? “Es muss immer freundlich sein, es muss immer nett sein, ehrlich und korrekt. So muss es immer sein.”
Hermann, 50, Selbstständig (links) und Andreas, 53, Berater (rechts)
Was bedeutet Zusammenleben für dich? Hermann: “ Ein gewisser Comfort, den die Stadt bietet. Die Infrastruktur.”
Andreas: “Kurze Wege.”
Leila, 23, Studentin aus Wien
Was bedeutet Zusammenleben für dich? “Dass zuhause in meiner WG meine Mitbewohner mitputzen und dass man vielleicht mal gemeinsam isst oder gemeinsam kocht oder auch mal einen Film schaut. Und in Wien: dass man die Tschick nicht am Boden haut und generell Müll entsorgt.”
Karrar, 20, Musiker/Sänger (links) und Ahmed, 23, Schauspieler (rechts)
What does living together mean to you? Karrar: „Vienna is my lover, Bagdad is my mother. I learned from the people here the meaning of love and truth and beauty. I feel it just like that.“
Ahmed: „Actually, I feel in Vienna like my home. It’s not my original home, actually I am from Iraq, from Bagdad. But when I came to Vienna one year and a half ago, I visited whole Europe, but in Vienna, it’s different. The life in Vienna is different: The people and the weather and the art and the music on the streets. (Anm.: zeigt auf eine Geigenspielerin im Hintergrund). Now we are listening to the beautiful carols that she is making, beautiful music. Actually, the first day or the first week, and the first month for me in Vienna, at one moment I felt love. I am in love with this great city. I love it. And I love the people, without any reason.“
Die Ausstellung „How To Live Together“ läuft von 25. Mai bis 15. Oktober in der Kunsthalle Wien. Alle Infos sind hier zu finden.