Die Wiener DJs und Produzenten Makossa & Megablast schießen nach dem Ibiza-Hit „Soy Como Soy“ ihr zweites Album nach. Die eigenständige Fusion aus afrikanischer Musik und europäischen Disco-Beats wird schlüssig weitergeführt. The Gap traf Marcus Wagner-Lapierre und Sascha Weisz im Tonstudio und plauderte mit den Musikern über ihren aktuellen Sound, die Trennung von G-Stone Recordings und Makossas heikle Rolle als Musiker und Fm4-Musikchef.
Woher kommt eure Affinität zu afrikanischer Musik?
Megablast: Das kommt von unseren privaten Hörgewohnheiten. Von HipHop kam ich zum Beispiel zu Reggae, Dancehall und Drum’n’Bass. Ich habe am Anfang die Regeln im Techno nicht ganz verstanden. Es musste immer diese bestimmte Hi-Hat und jene Kick-Drum sein. Deshalb war wohl unser erstes Album für andere DJs schwierig zu spielen.
Makossa: Wenn man sich das neue Album anhört, mekt man, dass die erste Hälfte einen Afro-, Latin-, Club-Einfluss hat, aber die zweite Hälfte hingegen eher in Electronica, Cosmic und Downtempo abdriftet.
Megablast: Musik und Grenzen passen für mich nicht zusammen. Ich bin eher in der Dubclub-Szene aufgewachsen, wo verschiedene Stile an einem Abend mit einer Selbstverständlichkeit gespielt wurden. Ab den Nullerjahren hat sich alles voneinander separiert. Das finde ich schade.
Afrikanische Musik hat ja oft auch eine Message. Soll Clubmusik für euch politisch sein?
Megablast: Ich möchte prinzipiell unpolitisch sein. Der Urgedanke afrikanischer Musik ist für mich die Percussion und der Groove. Das ist eine spirituelle Angelegenheit und keine politische.
Wie kam es zu der Trennung von Kruder & Dorfmeister und ihrem Label G-Stone?
Makossa: Erstens wurden wir uns einfach nicht mehr vertragseinig. Wir waren nicht mehr bereit, wie beim ersten Album die Verlagsrechte abzugeben, was in Zeiten wie diesen von Künstlerseite auch sehr verständlich ist.
Außerdem war die Verlagsarbeit von G-Stone beim ersten Album auch nicht so großartig. Der zweite Grund für die Trennung, war die Haltung von Peter (Kruder) und Richard (Dorfmeister) gegenüber ihrem Label. Für sie war das einfach nur ein großes Hobby. Das ist nicht vergleichbar mit anderen professionellen Labels, die einen regelmäßigen Output, Infrastruktur und ein Netzwerk haben.
Megablast: Durch die Tatsache, dass bei Kruder & Dorfmeister Kritik gar nicht gerne gesehen wurde, kam eine gewisse Missstimmung auf. Wir kritisierten zum Beipspiel, dass im Rahmen der 16 Jahre G-Stone Compilation zwar Tracks von allen Künstlern eingesammelt wurden, aber K&D alleine auf Live-Tour gingen. Es gab keine Labelnights, wo alle Artists gepusht werden. Das familiäre Business, das immer gepredigt wurde, fand nicht statt.
Neben eurem eigenen Label Luv Lit habt ihr auch auf Gigolo Records veröffentlicht. Wie kam die Verbindung mit DJ Hell und Gigolo Records?
Makossa: „Soy Como Soy“ ist dort als Single erschienen. Wir haben den Track damals auch G-Stone angeboten, ohne Reaktion ihrerseits. Wir haben das Stück DJ Hell angeboten, der damals gerade Nummer 12 seiner Label-Compilation zusammengestellt hat. Wir haben uns mit dem Track gar nicht so großen Erfolg erwartet, weil es ja nur eine Nummer unter 40 war. Gigolo hat dann als Compilation-Auskopplung eine Splitmaxi mit Wolfram aka Diskokaine und uns gemacht. Die Maxi hat dann die Runde gemacht und Luciano hat die Nummer viel gespielt. Das hat eine unglaubliche Welle ausgelöst – anderen namhaften DJs haben ebenfalls begonnen „Soy Como Soy“ zu spielen. Heuer vor dem Sommer ist dann die Remix-Ep dazu veröffentlicht worden.
Wie kam es zu den Remixen von Luciano und DJ Koze?
Makossa: Der DJ Koze-Remix wurde von DJ Hell initiert und Luciano als Remixer war offensichtlich, weil er den Track von Beginn an supportete.
Neben den genannten Mixen gibt auch einen Weisz & Schrenk-Remix von „Soy Como Soy“. Ist das ein weiteres Megablast-Projekt?
Megablast: Nein, das ist das Producer-Duo meines Bruders. Die machen feinen Sound. Wir haben auch vor, etwas von ihnen auf unserem Label Luv Lite zu releasen.
Auf dem Album sind eine Menge Vokalisten vertreten.
Makossa: Das hat sich alles aus freundlichen Verbindungen ergeben. Hubert Tubbs ist professioneller Sänger, OG Spiritual Godess und Cleydys Villalon haben davor nicht gesungen. Sascha hat mit ihnen im Studio alles gemeinsam erarbreitet.
Megablast: Das gemeinsame Arbeiten im Studio ist das, was Musikmachen auszeichnet. Ich bin kein Fan davon, mit anderen Musikern nur Files über das Internet auszutauschen. Wir haben das auch versucht, aber in den meisten Fällen hat das nicht so gut funktioniert.
Makossa: Es ist immer sehr lustig, wenn Sascha in einer Phantasiesprache irgendwelche Melodien singt und die Vokalisten diese dann verarbeiten müssen.
Wie viel gebt ihr da textlich vor?
Megablast: Das ist ganz unterschiedlich. Bei „Coming Home“ zum Beispiel habe ich den Text mit Hubert Tubbs komplett ausgearbeitet. Es ist mir einfach wichtig, dass der Flow perfekt sitzt, da ich ursprünglich vom Hip Hop komme. Mit OG ist das wieder anders. Wir sind stundelang gemeinsam im Studio und recorden und danach schauen wir, was wir verbessern können.
Vom Klangbild her klingt vieles auf dem Album sehr analog und selbst eingespielt.
Makossa: Ja, das ist der große Unterschied zum ersten Album. Jetzt haben wir bei fast jeder Nummer live Percussions einspielen lassen. Ebenso hatten wir einen Bassisten und einen Gitarristen dabei.
Megablast: Ich spiel auch die Synthesizer mittlerweile alle selbst ein.
Wie schaut die Arbeitsteilung bei Makossa & Megablast aus?
Megablast: Ich arbeite meistens ein wenig vor und entwerfe die Basis. Wenn Marcus kommt, hat er noch frische Ohren, weil er das nicht schon seit Stunden hört. Danach überlegen wir gemeinsam weiter.
Wie sieht euer aktuelles Live-Setup aus?
Megablast: Momentan kommt vom Studio nichts mit auf die Bühne. Wir machen da gerade eher eine oldschoolige Variante.
Makossa: Die Vocal reduzierten wir oder wir spielen instrumentale Playbacks von CD oder Laptop und effektieren intern. Sonst machen wir noch gar nicht so viel auf der Bühne. (lacht)
Der Fokus liegt eher auf Live-Percussions und Vokalisten.
Wir arbeiten daran, das nächstes Jahr mit Ableton umzusetzen, damit wir mehr eingreifen können. Wir unterscheiden uns durch drei Vokalisten und ein bis zwei Percussionisten auf der Bühne von anderen Live-Acts.
Marcus, wie gehst du als Fm4-Musikchef beim Sender mit eurem Album um?
Makossa: Mir ist vollkommen bewusst, welche Gratwanderung ich da vollziehe. Einerseits als Artist, andererseits als Musikchef. Ich handhabe es so, dass mir niemand eine Bevorteilung nachsagen kann. Das hat zur Folge, dass ich meine Sachen on air mehr zurücknehme. Wenn das Album von einem anderen Künstler käme, wäre es vermutlich Album der Woche bei FM4. So ist es das nicht. Diese Regelung haben wir für alle Musiker bei FM4 getroffen und ich achte sehr penibel darauf. Es wird zwar immer Leute geben, die mir etwas nachzusagen, aber trotzdem versuche ich immer offen und ehrlich zu sein und nicht den Trugschluss aufkommen zu lassen, dass ich mich selbst bevorzuge.