Am letzten Wochenende des Mai fand „am strom 2010“ statt. Das Festival bei Greifenstein an der schönen Donau bemüht sich um eine Richtigstellung wie Forcierung des HipHop in heimischen Landen. Mit einem offenen Konzept als informatives und interaktives Festival trägt man der Lebenseinstellung einer bald 30-jährigen Bewegung Rechnung. Fazit: Die Szene lebt und ist durchaus als lebendig zu bezeichnen. In einem Gespräch reflektiert die universell begabte Veranstalterin Franziska Zaida Schrammel die Situation und Sichtweise.
Wie würde deine Definition für Rap und HipHop lauten?
Für mich ist HipHop eine Lebenseinstellung, die weit über die verschiedenen Elemente der Kunst selbst hinausgeht. HipHop ist ein Lebensgefühl, das auf Grundprinzipien wie gegenseitigem Respekt und universeller Liebe basiert, und dessen Wirkungskraft sich mit Leichtigkeit über künstliche Grenzen wie Alter, Geschlecht, oder Herkunft hinwegsetzt. HipHop ist Leidenschaft, HipHop ist Leben, HipHop ist Liebe! Mit dem „am strom“-Festival versuchen wir ein Zeichen für diese Liebe zu setzen. Eine Liebe für HipHop!
Greifenstein und Umgebung als melting pot der heimischen Rap/HipHop-Szene?
Bereits letztes Jahr ist es uns gelungen, Menschen aus ganz Österreich in Greifenstein zusammenzubringen, um zwei Tage lang zu zeigen, dass die Philosophie von HipHop einfach auch viel mit überregionalem Respekt und Unity zu tun hat. Und die österreichische HipHop-Szene hat das auch von Anfang an so verstanden und mitgetragen. Ohne den ehrenamtlichen Support vieler Fans und Artists in den Bundesländern wäre dieses Festival in der jetzigen Form auch gar nicht möglich!
Wie schätzt ihr die steil aufkeimende neue HipHop-Szene im Vergleich zu den Klassikern aus Ö ein?
HipHop ist der legitime Nachfolger von Austropop! Der Weg, den Alltime-Heroes wie Falco oder Ambros begründet haben, und der von Pionieren wie den Moreau’s Creatures, Texta, Das Dampfende Ei, Aphrodelics, Symbiose, Brotlose Kunst, SHF, Total Chaos u.a. fortgesetzt wurde, dieser Weg ist heute die fruchtbare Basis für eine spannende und lebendige Musik und Poesie, deren Vielfalt in Österreich einzigartig ist! „am strom“ hat es sich in diesem Zusammenhang auf jeden Fall auch zum Ziel gesetzt, sowohl etablierten Künstlern, als auch all den talentierten und noch unbekannten Artists zu einer größeren öffentlichen Wahrnehmung zu verhelfen. Das Line-up 2010 bestätigt diesen Vorsatz. HipHop muss in Österreich endlich den Stellenwert bekommen, den es verdient hat! Es ist uns hierbei schon letztes Jahr gelungen einen kräftigen Impuls zu setzen, und wenn zum Beispiel das deutsche HipHop-Magazin „JUICE“, seines Zeichens das auflagenstärkste HipHop-Magazin Europas, die österreichische Szene mit zum Teil an Euphorie grenzender Berichterstattung feiert, dann glaube ich, dass das Potential von österreichischem HipHop in Österreich selbst auch bald erkannt und entsprechend unterstützt werden wird.
Ist die Abbildung des Rap samt folgendem Image auf den einschlägigen Musikvideo-Sendern kontraproduktiv und hemmend für hiesige Unterfangen?
Die österreichische HipHop-Szene macht zum Glück nicht jeden Blödsinn mit, der über den großen Teich nach Europa kommt. Ich fürchte es wird immer irgendwelche Idioten geben, die meinen, sie müssten Wien zum gefährlichsten Ghetto der Welt verklären. Und vermutlich wird es auch immer wieder Medienvertreter geben, die aus solchem Blödsinn eine schnelle Story machen. Aber ich hoffe, dass früher oder später auch die heimische Medienlandschaft eine differenzierte Betrachtungsweise für HipHop entwickelt. Unser Ziel ist es auch zu zeigen, dass HipHop nicht nur so stumpf sexistisch und primitiv sein muss, wie amerikanische und zum Teil auch deutsche Videoproduktionen das manchmal leider gerne darstellen! Für 2011 haben wir uns auch vorgenommen, einen besonderen Fokus auf die „weibliche Seite“ von HipHop zu legen, ein Aspekt, der leider nach wie vor viel zu wenig wahrgenommen wird.
Ist es schwer, Acts für ein Wochenende an der Donau zu begeistern?
Nein. Letztes Jahr haben wir zum Beispiel zwar alle Reise- und Unterkunftskosten übernommen, die Bands haben aber quasi komplett ohne Gage gespielt! Längerfristig wollen wir natürlich an einen Punkt gelangen, an dem wir es uns leisten können, die HipHop-Szene auch finanziell (also eben z.B. in Form von Gagen) unterstützen zu können, was uns dieses Jahr schon sehr gut gelungen ist. Dazu muss man auch sagen, dass in unserem Team mit Kamp eine Gallionsfigur der österreichischen HipHop-Kultur für das Booking verantwortlich zeichnet, weshalb viele Artists dem gesamten Festival unabhängig von materiellen Ansprüchen von vornherein ein hohes Maß an Vertrauen und Gemeinschaftssinn entgegenbringen.
Wo liegt die Grätsche zwischen Leistbarkeit und Finanzierbarkeit eines Acts?
„am strom“ wird von der Jugendförderung Niederösterreich, einigen Sponsoren, und nicht zuletzt auch zu einem nicht unbeträchtlichen Teil von Privatpersonen unterstützt. Bis jetzt ist es erst zweimal vorgekommen, dass die finanziellen Ansprüche eines Acts unsere diesbezüglichen Möglichkeiten überschritten haben. In beiden Fällen konnten wir die jeweilige Band davon überzeugen, dass ein Auftritt „am strom“ einfach auch eine längerfristige „Investition“ in die gesamte Szene ist, und somit a là longue auch ihnen selbst zugute kommen wird.
Wie sind die Erfahrungen mit Zuschauern, die sich in die jeweilige Performance einbringen?
HipHop ist eine Kultur, bei der das aktive Mitwirken aller Beteiligten eine entscheidende Rolle spielt. Die Vielzahl an Ausdrucksmöglichkeiten (Rap, Graffiti, Breakdance, Dj) erlaubt es jedem auf die eine oder andere Art und Weise das Geschehen bei Jams, Parties, und Festivals wie „am strom“ aktiv mitzugestalten. Wer keine Lust hat sich an den dafür zur Verfügung gestellten Wänden als Graffiti-Maler zu versuchen, kann also zum Beispiel das „open mic“ einer Freestyle-Session nutzen, um sich gemeinsam mit versierten Akteuren der Szene in der hohen Kunst improvisierter Reime zu probieren u.s.w.
Werden misslungene Aktionen im Sinne der Allgemeinheit auch „abgedreht“?
Bis jetzt waren wir glücklicherweise noch nie wirklich mit Situationen konfrontiert, bei denen wir eingreifen hätten müssen. Wenn bis jetzt etwas nicht ganz so perfekt nach Plan gelaufen ist, dann hatte die Allgemeinheit bisher immer auch ihren Spaß daran (z.B. bei betrunkenen Interviews on stage u.ä….)
Wie kann man / werden die erfolgreichen Einflüsse auf den Besucher evaluiert(en)?
Ein wichtiger Teil der Kommunikation sind diverse social networks und Foren im Internet, über die wir auch ein sehr unmittelbares Feedback bekommen. Auf diese Weise können wir das ganze Jahr über mit der Community in Kontakt bleiben und ihre Wünsche und Anregungen in unsere Planung einfließen lassen. Mir ist es aber vor allem auch immer ganz wichtig die Stimmung am Festivalgelände selbst einzufangen, indem ich mich mit Besuchern und Artists austausche, um ein Gefühl dafür zu bekommen, welche Facetten des Programms auf unsere Besucher wirken.
am strom in der Kleinschreibung – eine Verbeugung vor dem Internet?
Eher eine Verbeugung vor graphischer Ästethik! Detailfragen was unsere wunderbaren Logos, Layouts und Graphiken betrifft, bzw. Auftragsanfragen und/oder Geldgeschenke bitte direkt an unseren genialen Graphiker: a href=“mailto:david@unit10collective.com“ style=“color: rgb(17, 37, 8);“ target=“_blank“>david@unit10collective.com
Ist das Internet in dieser Szene stärker verankert?
Das Internet spielt wie gesagt einfach auch eine große Rolle was die direkte Kommunikation mit Fans und Aktiven aus allen Teilen des Landes betrifft. Es gibt außerdem kaum eine bessere und niederschwelligere Möglichkeit um in kurzer Zeit viele Menschen zu erreichen, weshalb auch viele Artists networks wie Facebook und MySpace nutzen, um ihre Musik zu verbreiten und wahrgenommen zu werden.