Die Diagonale ist nicht nur Treff für die altgediente Filmbranche, sondern auch Bühne für Menschen, die gerade dabei sind, in dieser Fuß zu fassen. The Gap präsentiert fünf junge Filmschaffende, die am Festival mit Arbeiten vertreten sind.

Zoe Schmidt
»Im Kreis«

»Was mich an Filmen immer wahnsinnig fasziniert, ist die emotionale Wucht, die sie vermitteln können«, erzählt Zoe Schmidt. Folglich sei sie auch selbst immer auf der Suche nach Bildern und Tönen, die bei Menschen so ein universelles Gefühl hervorrufen. Im Fall von »Im Kreis« – dem ersten Kurzfilm, den die Filmemacherin mit einem größeren Team realisiert hat – geht es um Mobbing. Das Thema verhandelt sie jedoch nicht in harter und dramatischer Manier, sondern es stehen eher die kleinen, feinen Dynamiken im Vordergrund: Emotionen, mit denen alle etwas anfangen können, die schon einmal bei Freund*innen das vage Gefühl hatten, hier stimme etwas nicht.
Mit einer echten Grundschulklasse setzte Schmidt ihre Vision um, die Dialoge wurden improvisiert. Das Drehen mit Schüler*innen sei gleichermaßen herausfordernd wie inspirierend, besonders die Ehrlichkeit der Kinder ist der Regisseurin in Erinnerung geblieben. Für die Zukunft wünscht sich Schmidt, dass neben Filmen, die wegen Streaming und sozialer Medien an die Konsument*innen angepasst werden, genug Platz für die »Kunstform Film« bleibt: »Wenn die Welt in eine ungute, rechte und undemokratische Richtung abrutscht, muss es Filme geben, die wieder aufmachen, was sich gerade schließt.« (sf)
»Im Kreis« von Zoe Schmidt ist am 30. März um 22 Uhr im Annenhof Kino 5 sowie am 1. April um 14:45 Uhr im Annenhof Kino 6 zu sehen – jeweils im Programm »Kurzspielfilm 5«. Am 1. April um 16:15 Uhr im KIZ Royal Kino 2 läuft der Film außerdem im Programm »Kinderkino«.
Sophia Hochedlinger
»Spicy Noodles«

Nach ihrem ersten Film war sich Sophia Hochedlinger sicher: »Das taugt mir so, das möchte ich unbedingt machen.« Heute produziert die gebürtige Oberösterreicherin Kurzfilme und ist Co-Leiterin des internationalen Jugend- und Medienfestivals Youki in Wels. Bei diesem sollen junge Menschen ihre Begeisterung für Kino und Film entdecken. Auch Hochedlinger selbst interessierte sich schon als Teenagerin fürs Filmemachen. Neben dem Studium an der Linzer Kunstuniversität sammelte sie jahrelange Erfahrung als Kommunalpolitikerin. Heute studiert sie an der Akademie der bildenden Künste in Wien.
Die Inspiration für ihre Filme findet die Regisseurin in ihrem eigenen Leben und Umfeld. Die Idee für »Spicy Noodles« etwa kam ihr, als sie erfuhr, dass Fin und Milou, die beide im Kurzfilm zu sehen sind, gerne »extrem scharfe« Nudeln essen. Solche Fragmente, die ihr Interesse wecken, schreibt sie dann auf. In ihrer Notizen-App wachsen so mit der Zeit die Geschichten. Zukünftig möchte Hochedlinger auch andere Videoformate ausprobieren. Denn die Filme, die sie selbst am spannendsten findet, seien »irgendwo zwischen klassischem Spielfilm und experimentelleren Formen« angesiedelt. Ein weiterer Wunsch für die kommenden Jahre: ihren ersten Langfilm umzusetzen. (mm)
»Spicy Noodles« von Sophia Hochedlinger ist am 29. März um 11:15 Uhr im KIZ Royal Kino 1 sowie am 31. März um 14:45 Uhr im KIZ Royal Kino 2 zu sehen – jeweils im Programm »Kurzspielfilm 2«.
Simon Maria Kubiena
»At Home I Feel Like Leaving«

»Was mich am meisten bewegt, sind Geschichten, die meine Wahrnehmung und Perspektive auf die Welt verändern – und sei es nur im Kleinen«, sagt Simon Maria Kubiena. Als Filmemacher fasziniert ihn das Erleben der Reaktionen aus dem Publikum: »Der Film geht im Publikum immer weiter. Wir sehen alle die gleiche Geschichte und dennoch etwas anderes darin.« Auslöser für seine eigenen Arbeiten sind häufig konkrete Orte oder Menschen. Bei »At Home I Feel Like Leaving« war es eine Archivaufnahme aus den Neunzigern, aus der sich die Geschichte um das ambivalente Verhältnis zum eigenen Zuhause entwickelte.
Der Film spielt dort, wo er gedreht wurde, in Sankt Aegyd, einem Ort, der Kubiena seit seiner Kindheit sehr vertraut ist. Durch die enge Zusammenarbeit mit lokalen Laiendarsteller*innen waren die Dreharbeiten stark in Lebensrealitäten verhaftet – eine besondere Erfahrung für das deutsch-französisch-österreichische Team. Das habe zu einer sehr kollaborativen Arbeitsatmosphäre geführt. Die Zukunft der Filmindustrie sieht der Jungregisseur ambivalent: »Bei einer so elitären Ausbildung und einem gleichzeitig bröckelnden Sozialsystem, frage ich mich, wer es sich in Zukunft leisten kann, Geschichten zu erzählen und welchen Effekt das auf eine wünschenswert diverse Filmlandschaft hat. Dabei bewundere ich alle, die sich nicht entmutigen lassen, die ihre Geschichten so oder so umsetzen und die damit ein Publikum berühren.« (ar)
»At Home I Feel Like Leaving« von Simon Maria Kubiena ist am 28. März um 11:15 Uhr im KIZ Royal Kino 1 sowie am 29. März um 22:30 Uhr im Annenhof Kino 5 zu sehen – jeweils im Programm »Kurzspielfilm 1«.
Fanny Rösch
»About Me«

Als Fanny Rösch die Hauptdarstellerin ihres Films zum ersten Mal traf, eröffnete ihr diese: »Du hast da meine Geschichte geschrieben.« Denn trotz langjähriger Burgtheater- und Filmkarriere wird die Luft selbst für Schauspielerinnen wie Petra Morzé ab einem gewissen Alter dünn. Darüber müsse mehr gesprochen werden, da sind sich die beiden einig. Dass Frauen ab Mitte vierzig von der Leinwand verschwinden, hat System, wie auch die Recherche der jungen Filmemacherin ergab: »Alle wussten genau, wovon ich spreche.« Der Kurzfilm »About Me« soll dieser Problematik Aufmerksamkeit verschaffen – nebenbei spielen aber auch Themen wie Scham, Scheitern und die Komplexität einer Mutter-Tochter-Beziehung eine Rolle. Ein Film könne dabei auch in leisen Tönen eine politische Message transportieren, so die junge Filmemacherin.
Aufgewachsen in einem Künstler*innenumfeld, kommt Rösch schon früh mit Schauspiel in Berührung. Nach ihrem Abschluss an der Hochschule für Fernsehen und Film München (Studiengang: Produktion und Medienwirtschaft) studiert sie nun Regie an der Filmakademie Wien. Dort schätzt sie vor allem die persönliche Betreuung sowie die Möglichkeit, als Regisseurin wieder unmittelbar an der Inszenierung und der Arbeit mit den Darsteller*innen beteiligt zu sein. Auch wenn an der Filmakademie in Sachen Repräsentation ebenfalls noch nicht alles so sei, wie es sein sollte. (sf)
»About Me« von Fanny Rösch ist am 29. März um 14:45 Uhr im KIZ Royal Kino 2 sowie am 31. März um 16:30 Uhr im Annenhof Kino 5 zu sehen – jeweils im Programm »Kurzspielfilm 3«.
Ganaël Dumreicher
»The Woman Whose Head Was an Asteroid«

»The Woman Whose Head Was an Asteroid« ist zwar eine fiktionale Geschichte, die auf einem Asteroiden spielt, basiert laut Ganaël Dumreicher aber auf wissenschaftlich belegbaren Fakten und aktuellen Gesetzesbeschlüssen. Die surreale Komödie beschäftigt sich mit kommerziellen Machtansprüchen im Weltraum und konkret mit Luxemburgs Vorhaben, eine Vorreiterrolle beim Abbau von Ressourcen auf Asteroiden einzunehmen. Neben einer faszinierenden Kinoerfahrung möchte Dumreicher, der in Wien und Luxemburg aufgewachsen ist, ein kritisches Bewusstsein für wirtschaftliche Bestrebungen wie das Space-Mining schaffen.
»Mit unserem Minibudget wäre dieser Film eigentlich gar nicht umsetzbar gewesen – besonders im Sci-Fi-Genre, das visuell oft aufwendige Lösungen erfordert«, so der Regisseur. Trotz der finanziellen Einschränkungen habe das Team letztendlich aber kreative Lösungen für Setdesign und Visual Effects gefunden. »Diese DIY-Ansätze geben dem Film einen speziellen Charme«, so Dumreicher. Sein Werdegang als Filmemacher begann schon als Teenager – in unterschiedlichsten Positionen: »Die Erfahrung in den verschiedenen Funktionen möchte ich auf keinen Fall missen, das hilft mir in meiner Regiearbeit enorm.« (ar)
»The Woman Whose Head Was an Asteroid« von Ganaël Dumreicher ist am 29. März um 11:15 Uhr im KIZ Royal Kino 1 sowie am 31. März um 14:45 Uhr im KIZ Royal Kino 2 zu sehen – jeweils im Programm »Kurzspielfilm 2«. Am 1. April um 16:15 Uhr im KIZ Royal Kino 2 läuft der Film außerdem im Programm »Kinderkino«.