Jazz mit Konzept, Drummer mit Klavier

Cid Rim vereint gekonnt Beats, Bass, Synths, Neutronenbomben und Melodien. Mit dem Label von Hud Mo und Machinedrum könnte das den Durchbruch bedeuten. Er wäre verdient.

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Freejazzer? Cid Rim lächelt immer noch über das Etikett, dass ihm das Dummy Mag vor einigen Wochen aufdrückte. Das Londoner Magazin wusste offenbar nicht allzu viel über den Wiener, hatte aber wohl das Gefühl, unbedingt über ihn schreiben zu müssen.

Daran wird sich Clemens Bacher, wie Cid Rim mit bürgerlichem Namen heißt, gewöhnen müssen. Anfang August erscheint sein selbstbetiteltes Debüt auf dem Label Luckyme. Das weckt mächtig Erwartungen. Das Hauslabel von Hudson Mohawke und Lunice ist ein Name, der Aufmerksamkeit erzeugt. Und es liegt wohl wieder einmal richtig: »Cid Rim« ist eine überzeugende Mixtur aus Funk, Jazz, HipHop und UK Bass. Ein vielseitiger Ritt über weiche Piano-Riffs, treibende Bässe und verschiedenste Bpm-Zahlen. Im Gespräch fallen die Worte »Jazzmusik für den Club«, womit sich auch Cid Rim selbst anfreunden kann. Als würde eine Big Band-Platte aus den 60ern durch den Subwoofer geschraubt.

Tausche Klavier gegen Rastlosigkeit

Wien und London trennen knapp 1500 Kilometer und ein Meeresarm. Das beschreibt die Hürde, die Musiker dabei zu überspringen haben, aber nur unzureichend. Doch manchmal spielt der Zufall – oder die richtigen Bekannten – mit. Im Jahr 2010 begleitete Cid Rim seinen Affine-Kollegen Dorian Concept nach London, um bei einer Show Drums zu spielen. Beim Mexikaner teilten sie sich einen Tisch mit Hudson Mohawke und den Luckyme-Machern. Die daraus folgende Twitter-Bekanntschaft ermöglichte es, immer wieder Tracks nach London zu schicken. Das Feedback war sporadisch, aber freundlich.

Cid Rims Output bestand bis dahin nur aus einer Split-EP mit Jugendfreund The Clonious. Eigene Releases scheiterten immer an der selbstgewählten Rastlosigkeit. Das Material war zu verschieden und passte nicht zusammen. Es fehlte einfach ein Konzept. Das Problem löste sich erst, als der Musiker begann, seine Stücke mehr am Klavier zu denken, dabei ist Cid Rim darauf nicht sonderlich virtuos. Das Unvermögen am Instrument erwies sich als praktisch und die Akkorde als der Faden, der die neuen Stücke verband. Das Quasi-Demo wurde über den privaten Verteiler geschickt, im November 2011 kam die Nachricht von Luckyme: Man müsse etwas daraus machen.

Ein Club-Banger ist unmöglich

Cid Rim entstammt dem Kreis um das Wiener Label Affine Records. Man kann sich darüber streiten, ob der Sound des Kollektivs so homogen ist wie wir Schreiberlinge immer tun. Aber natürlich haben sie einen Soundentwurf, und der ist auch bei Cid Rim deutlich hörbar. Er nicht ganz so komplex wie The Clonius, weniger HipHop als Dorian Concept, nicht so funky wie Ogris Debris. Dafür sind die Breakbeat-Anteile höher. Das klingt erstens gut und dürfte zweitens sein Publikum finden. Manche Tracks erinnern an UK Bass-Durchstarter wie Disclosure oder xxxy und brauchen den Vergleich mit diesen nicht zu scheuen.

Verglichen mit seinen neuen Labelkollegen auf Luckyme ist Cid Rims Sound organischer, weicher. Ab und zu scheinen Bridges und echte Songstrukturen durch. Die Musik ist gut – »fett« im engeren Sinne ist sie nicht, dafür ist sie viel zu verspielt. Der minimalistische Club-Banger, den der Musiker seit Jahren machen will, scheitert an Notwendigkeiten. Cid Rim braucht Akkorde um zu komponieren. So werden Komplexität und Wärme wohl erstmal nicht aus seiner Musik verschwinden. Warum auch? Das Konzept ist schlüssig. Der Erfolg kann kommen.

»Cid Rim« von Cid Rim erscheint am 7. August via Luckyme.

Und weiter: Cid Rim über steigenden Druck, bezahlte Ankünder und seinen Plan B – Hier geht’s zum Interview.

Bild(er) © Jasmin Baumgartner
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