"Oh, Schwuli is' traurig"

Chakuza macht jetzt verweichlichten Depri-Rap, sagen die Hater. Chakuza macht jetzt endlich die Musik, die ihm am besten gefällt, sagt er selbst. Im Interview spricht er über sein Album "Exit", miese Stimmung beim Schreiben und peinliche Typen, die mit 40 immer noch rappen.

Aus rechtlichen Gründen werden Artikel aus unserem Archiv zum Teil ohne Bilder angezeigt.

"Magnolia" krempelte Chakuzas Fangemeinschaft letztes Jahr gehörig um. Der Linzer verlor zwar viele Hip Hop-Heads, die seinem Schaffen aus Ersguterjunge-Zeiten nachtrauerten, gewann mit seinen neuen, poppigeren Klängen aber auch eine große Anhängerschaft, die sein viertes Album zu seinem kommerziell erfolgreichsten machte.

"Exit" geht den Weg des Vorgängers weiter und besinnt sich mit melancholischen Texten und Live-Instrumentierung auf Chakuzas Liebe zur Musik abseits des Hip Hop. Dabei hört er sich nach wie vor ziemlich deprimiert an. Im Interview wird aber zum Glück klar, dass Chak gar nicht mehr so traurig ist, wie er in letzter Zeit immer klingt.

Deine letzte Platte "Magnolia" definierte sich über diesen depressiven Sound. "Exit" klingt zwar auch sehr trübselig, man hat beim Hören aber das Gefühl von aufkeimender Hoffnung. Stimmt das?

Das liegt auch an der Entstehung des Albums. Ich habe die Aufnahme richtig genossen. Die Sessions in Holland waren wahnsinnig entspannt, ich habe viele coole Leute kennengelernt und war zum ersten Mal wirklich in den ganzen Prozess involviert, vom ersten bis zum letzten Ton. Mastern und mixen und so ein Zeug – das habe ich früher nie gemacht. Natürlich spielt die Melancholie bei mir aber nach wie vor eine große Rolle, nur diese Musik mag ich auch wirklich. Mit fröhlichen Sachen kann ich nichts anfangen.

Gerade "Off", der sehr schön formulierte Abschluss mit einer Beziehung, und "Raupe", die klassische Schmetterlingsstory, senden aber ja sehr positive Bilder, oder?

Das war einfach die Stimmung insgesamt. Ich gehe an ein Album nie mit einem ganz großen Plan heran. Ich sage mir nie: Dieses oder jenes muss ich unbedingt schreiben. Das kommt einfach.

Aber das Intro "Tür Zu" und das Outro "Tür Auf" zu nennen, klingt schon irgendwie nach einem genauen Plan.

(lacht) Okay, eine Grundidee ist ab einem gewissen Zeitpunkt natürlich vorhanden. Das symbolisiert einfach diesen Verarbeitungsprozess. "Tür zu" – man sperrt sich ein und verarbeitet den ganzen Scheiß, den man erlebt hat. "Tür auf" – man verlässt den Raum mit einem besseren Gefühl und das Leben geht weiter, ein Stück weit bergauf. Hoffentlich.

Was verarbeitest du denn speziell? "Magnolia" wirkte quasi wie eine Reaktion auf einige unerfreuliche Dinge, die in deinem Leben passiert sind. Ist das bei "Exit" genauso?

Oft sind das eher temporäre Empfindungen. Wenn ich anfange zu schreiben, bekomme ich diesen Tunnelblick. Dann bin ich alleine und kann mich gut in bestimmte Gefühlslagen hineinversetzen. Während des Schreibens fühle ich mich oft schon scheiße. Ich kann als Songschreiber nur wirklich gut sein, wenn es mir nicht gut geht. Wenn ich den Song aber aufgenommen habe und ihn mir anhöre, finde ich ihn meistens eher schön als traurig.

Deshalb siehst du bei der In Vallis-Session zu "Off" auch gar nicht so traurig aus, oder? Sogar eher fröhlich. Ist das die Freude an der Musik?

Das zum einen. Zum anderen ist der Song einfach sehr vom Sarkasmus geprägt. "Off" bildet zusammen mit "Dunkel-Hell" quasi einen zweiteiligen Liebessong. Bei "Dunkel-Hell" ist es gerade in die Brüche gegangen, während "Off" den kompletten Abschluss mit der Beziehung darstellt. Ich glaube, dass jeder erleichtert und froh ist, wenn er sich vollständig von einer Person gelöst hat. Dann blickt man auf das Ganze auch etwas sarkastisch zurück und kann auch darüber lachen oder jemanden verarschen.

Werden diejenigen, die mit diesen Themen und Texten nicht so viel anfangen können, wie schon bei "Magnolia" sagen: "Chakuza macht lahmen, depressiven Pop-Rap"?

Ich kann es eh nicht jedem Recht machen. Die Leute, die sagen, mein neues Zeug ist scheiße und früher war ich viel besser, sollen sich halt meine alten Sachen anhören. Zwingt sie ja niemand. Ich habe außerdem deutlich mehr Leute dazugewonnen als verloren. "Magnolia" war mein erfolgreichstes Album. Der Pfeil zeigt nach oben, deshalb gebe ich mir selbst Recht. Das ist die Musik, die ich machen will. Ich verstelle mich nicht.

Hast du auch in deinem direkten Umfeld eine Veränderung gemerkt? Also, dass Leute, die sich bei deinen ersten Erfolgen mit Ersguterjunge an dich rangehängt haben, mittlerweile keinen Bock mehr auf dich oder deine Musik haben?

Definitiv. Aber das ist nun mal der Alltag. Wenn du so einen Job hast, kommen halt immer Leute, die davon profitieren wollen. Wenn man dann seine Ausrichtung ändert, ändern sich in gewisser Weise auch die Leute, die sich an dich ranhängen. Eigentlich passiert das aber eher am Anfang. Mittlerweile ist man natürlich abgeklärt genug, um zu sagen, wen man um sich haben will.

Nächste Seite: "Ich finde Pop geil"

Bild(er) © Four Music
Newsletter abonnieren

Abonniere unseren Newsletter und erhalte alle zwei Wochen eine Zusammenfassung der neuesten Artikel, Ankündigungen, Gewinnspiele und vieles mehr ...