Sido und B-Tight haben einen Film über den Aufstieg und Fall eines Rap-Duos gemacht. Der Streifen weiß nicht ganz was er sein will, ist aber besser als erwartet.
Ob sich Sido, B-Tight und Regisseur Özgür Yıldırım eigentlich schon bei Bushido und dem Anfang des Jahres verstorbenden Bernd Eichinger bedankt haben? Immerhin hat der 2010 erschienene, knapp 90minütige Fremdschäm-Marathon "Zeiten ändern Dich" dafür gesorgt, dass die Erwartungen im Bezug auf Filme von, mit und über deutsche Rapper niedriger nicht sein könnten.
"Blutzbrüdaz" ist sicher nicht der ganz große Wurf geworden, aber auch weit von einem Desaster entfernt. Im Gegensatz zu "Zeiten ändern Dich“ macht er einiges richtig. War letzter als Biografie angelegt, spielen die bekannten Gesichter in "Blutzbrüdaz" fiktive Charaktere. Vor allem die Rolle von Eddy (B-Tight) erweist sich dabei als Glücksgriff: Der milchgesichtige Mädchenschwarm muss sich seine Texte von Otis (Sido) schreiben lassen und verhindert so von Anfang an, dass der Eindruck einer Reality-Serie aufkommt. Die Story ist im Übrigen schnell erzählt: Zwei gute Freunde rappen sich durch den Berliner Untergrund, werden von einem unsympathischen Majorlabel-Affen (Tim Wilde) entdeckt und zerstreiten sich darüber, wie stark sie sich kommerziell ausschlachten lassen dürften. Das Ende ist so erwartbar, dass man es nicht mal spoilern muss.
Ironie und Laienspiel
Das Problem ist allerdings, dass sich Blutzbrüdaz nie wirklich entscheiden kann, wie ironisch er sich und seine Protagonisten jetzt nehmen soll. Man traut allen Beteiligten schon eine gehörige Portion Lockerheit zu; Allerdings stellt sich an mancher Stelle schon die Frage, ob der Film extrem satirisch oder einfach extrem scheiße erzählt ist. Beispiel: Als Otis eine stereotype Entscheidung zwischen Ausverkauf und „real bleiben“ treffen muss, starrt er nicht nur gefühlte 5 Minuten gedankenverloren auf eine Notorious B.I.G.-Platte, sondern sagt dabei sogar noch so etwas wie „Das war die erste Platte, die Eddy und ich uns gekauft haben“. Solche Nachdenk-Szenen sind vielleicht nicht weniger mit dem Vorschlaghammer, aber schon deutlich stilvoller inszeniert worden.
Dargestellerisch ist der Film in Ordnung, auch wenn sich an mancher Stelle die hohe Zahl an Laiendarstellern bemerkbar macht. Özgür Yıldırım („Chiko“) inszeniert auch die Rap-Szenen vor Publikum vernünfitg, auch wenn sie nicht das Niveau von 8 Mile, der dann doch den Standard in Punkto „Battle-Szene im modernen Film“ setzt.
Eins, Zwei, Technosample
Natürlich wäre es schwachsinnig, sich einen Haufen Menschen aus dem Aggro Berlin-Umfeld (Alpa Gun und Tony D sind ebenfalls in Nebenrollen zu sehen) zu holen und dann auf jegliche Überschneidungen von Realität und Film zu verzichten. Ziemlich gut inszeniert Özgür Yıldırım dann auch die Rückreise ins MV um die Jahrtausendwende. Eddy und Otis sind zuerst auf der verzweifelten Suche nach blauen D-Mark-Scheinen, um später dann bei Fett MTV mit Patrice zu Gast zu sein.
Bleibenden Eindruck hinterlässt die Szene in Eddys Wohnzimmer, wo das Rap-Duo mit Freunden einen Part aus Mo-Dos „Eins, Zwei, Polizei“ samplen und den Track „Hol doch die Polizei“ daraus machen. Eine exemplarische Visualisierung der frühen Nullerjahre, in denen Berliner Erzieher und Mathematikstudenten in Wu Wear härtere Samples aus Techno, Eurodance und Old School nutzen, um sich vom Hamburger Studentenrap der späten 90er, der seine Inspiration eher aus Funk, Soul oder ganz woanders her bekam, abzusetzen.
Braucht die Welt Blutzbrüdaz? Sicher nicht. Der Hauptdarsteller deklariert es dementsprechend auch als klares Spaßprojekt, das nur durch seinen Bekanntheitsgrad möglich war. Sido hat einen Film gemacht, weil er es kann. Wem das nicht passt, der kann ja die Polizei holen.
Blutzbrüdaz
Premiere 16. Dezember, Lugner City
Red Carpet mit Sido, B-Tight, Alpa Gun sowie dem Regisseur Özgür Yildirim und Produzent Oliver Berben
Filmstart: 30. Dezember 2012