Clubs veranstalten in Wien ist kein Zuckerschlecken: Man reserviert eine Venue, verhandelt mit Bookern, macht Promo, investiert eigenes Geld. Und weiß letztlich nie, wie voll es wirklich wird. Wir haben uns mit den Betreibern von Icke Micke und Prasselbande getroffen, um mal zu fragen: Wie läuft das denn überhaupt so ab, das Veranstalten?
War das schon die Facebook-Zeit?
Blahus: Ja, war es. Prasselbande hat es auf Myspace nie gegeben. Wir sind dann recht schnell in kleinere Läden eingeladen worden und haben montags bei Edgar Retro im Flex gespielt. Das war für uns schon sehr cool. Aber der gefühlt größte Schritt war der in die Pratersauna. Die Pratersauna-Leute wollten ein zweites Mutterschiff neben dem Aufguss haben und haben dann das Dusch Dich! organisiert. Darin involviert waren mehrere junge Kollektive in Wien, die sehr motiviert waren und noch nie eine eigene Veranstaltung in der Pratersauna hatten. Man hat uns die Möglichkeit gegeben mehr oder weniger Co-Host zu sein. So sind wir dann hineingerutscht und haben in weiterer Folge auch die Möglichkeit bekommen selbst was zu hosten, z.B. unsere Pseudo-10-Jahres-Party, wo die Sauna bummvoll war.
Wann seid ihr ins Leopold?
Blahus: Im Sommer 2011 waren wir mit ein paar Freunden auf Mini-Tour in Vorarlberg, Tirol, Klagenfurt und Wien. Der Abschluss war im Sommer im Leopold, das zu diesem Zeitpunkt im Umbruch und nicht wirklich erfolgreich war.
Bednar: Jetzt ist es ein Hipster-Laden, oder?
Blahus: Jein. Es finden genauso Hip Hop-Partys statt.
Aber das Publikum im Leopold ist schon ein anderes als z.B. in der Pratersauna. Weniger eine andere Szene, aber einfach andere Leute.
Blahus: Ja. Früher, bevor ich mich in der Wiener Clubkultur auskannte, bin ich auch einfach so ins Leopold gegangen. Der Club ist ist halt ansprechend für die vielen Leute, die im MQ chillen. Die gehen hin ohne zu wissen, wer da überhaupt spielt.
Bednar: So wie letztens im Technocafe. Ich kenne von den Gästen dort niemand mehr.
Viele Leute aus der Clubszene, die wir im Vorfeld um Fragen gebeten haben, meinten scherzhaft: „Was ist euch lieber, Konkurs oder Insolvenz?“ Momentan meinen alle, es geht sich nicht mehr richtig aus.
Bednar: Na, wenn die Pratersauna „bummvoll“ ist, geht es sich offensichtlich eh aus.
Blahus: In der Pratersauna macht es einen Unterschied ob du etwas im Winter machst, wo du keinen Garten hast und relativ wenig mit dem Booking riskierst. Oder im Sommer, wenn du weißt du hast die Chance auf 1300-1400 Leute, riskierst du eben mehr. Wenn dann aber die Leute trotzdem ausbleiben – sei es wegen Termin oder wegen Konkurrenzveranstaltungen – dann ist es blöd.
Gibt es in Wien heute zu viel Konkurrenz?
Bednar: Ich war halt die letzten sechs Jahre in Berlin und die letzten drei davon gar nicht mehr in Wien. Es gibt tausend neue Möglichkeiten, von der Forelle über Morrisson. Wenn man länger nicht da war denkt man sich schon: Wow, was ist denn da jetzt losP Das ist der totale Zirkus. Davor bin ich gependelt. Ich bin mir aber nicht, ob sich das für Wien ausgeht, so viele neue Locations und Parties.
Blahus: Man kann schon übel auf die Nase fallen. Das Problem ist, dass man heute nicht sagen kann wie viele Leute kommen. Indikator sind die Facebook Zusagen, so blöd das klingt.
Facebook-Zusagen sind wirklich das Vorwarnsystem für ein Event?
Blahus: Ja.
Bednar: Du darfst das nicht preisgeben.
Blahus: Ich glaub das wissen schon sehr viele Veranstalter.
Bednar: In unserer Generation nicht.
In eurer Generation hat man ja auch die Labels von den Platten abgedeckt, damit niemand weiß, was da gespielt wird.
Bednar: Genau, da hat man nicht schauen dürfen. Da war diese Transparenz, die heute herrscht, undenkbar. Heute gibt es ja ein Überangebot an Information. Früher gab es ja auch noch diese illegalen Partys. Da gab es Telefon-Hotlines, bei denen man eine Stunde vorher anrufen konnte, um zu erfahren wo die Party stattfindet. Abenteuerlich.
Aber eine bevorzugte, tolle Möglichkeit zur Club-Promo gibt es momentan nicht, oder? Niemand kann auf Facebook verzichten, zugleich ist niemand damit zufrieden.
Blahus: Ich hab letztens mit ein paar Freunden probiert per SMS eine Party zu promoten. Einen Tag vorher haben wir die SMS abgeschickt und wollten RSVP haben, also genau über Zusagen und Absagen Bescheid wissen. Jeder durfte ein paar Leute mitnehmen. Es hat nicht geklappt. Wir können momentan auf Facebook nicht verzichten.
Aber ihr könnt noch einladen? Es gibt ja mittlerweile viele Leute, die von Facebook auf die schwarze Liste gesetzt wurden.
Blahus: Als wir im Leopold veranstaltet haben, haben wir auch einen Fake-Account benutzt, der relativ bald gesperrt wurde. Bei der letzten Veranstaltung im Juni hatten wir nur noch 1200 Einladungen. Der Schnitt, oder sogar das Minimum liegt eigentlich bei 5000, um breit anzukommen.
Man kommt also um Facebook nicht ganz rum. Man hätte gern auch etwas Anderes, muss es aber erst austesten.
Bednar: Es wär ja heute schon wieder cool, alte Sachen wieder aufzuwärmen, die jetzt angeblich nicht mehr funktionieren. Posters zum Beispiel. Ist halt teuer.
Wie wärs mit Newsletter?
Bednar: Auf unser Homepage haben wir immer noch eine Option, wo du deine E-Mail Adresse angeben kannst. Da tragen sich auch immer noch regelmäßig Leute ein. Insofern denk ich schon, dass diese Mailgeschichte noch aktuell ist.
Im dritten Teil: Die kleinen Lügen bei Booking-Verhandlungen, Wiens Außenwirkung und das Versagen einer ganzen Party-Generation.