Das ist ja keine Musik

DJ Hell, der "Godfather of Techno" gastierte beim Charity Event des Jahres, dem Life Ball. Was ihn mit der Stadt Wien verbindet, warum er Skrillex gut findet und wieso er privat versucht gar keine Musik zu hören, könnt ihr hier – spät aber doch – nachlesen.

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Du kennst die Stadt schon lange, was verbindet dich mit Wien?

Wenn man es genau beleuchtet eine langjährige Romanze. Ich bin, glaube ich seit 20 Jahren hier als DJ tätig und auch oft auf Parties. Ich war damals oft im U4, ich hab mein letztes Album hier produziert, mit Peter Kruder 2009. Dann habe ich mit Wendy & Jim Unterhosen designt hier in Wien. Ich glaub ich hab bei den ersten Technoparties als DJ mit gemacht, Anfang 1990. Puh! Im Flex zehn bis 15 Mal aufgelegt, habe sogar damals, fällt mir gerade ein, im Gasometer, was jetzt glaub´ ich ein Hotel ist oder Wohungen, mit Sven Väth gespielt, eine sensationelle Location. Wien war immer auch eine große…

…Muse?

Ja genau. Eine große Romanze so würde ich es nennen.

Du bist schon seit über drei Dekaden hinter den Turntables tätig. Ein Pionier und Veteran deines Genres. Welche Herausforderungen bietet dir die Musik heutzutage noch?

Ich seh’ es wie Keith Richards von den Rolling Stones, der auf die Frage, wie er es für sich einordne, dass er im hohen Alter noch bei jedem Konzert "I can´t get no satisfaction" spielt, sagt: "Ich spiel es jedes Mal ein bischen anders."

Ich versuche mich nicht zu wiederholen, immer wieder neue Ansätze zu finden. Immer wieder neue Kooperationen einzugehen. Ich habe jetzt eine Platte gemacht mit einem verstorbenen Sänger, der aus Bayern kommt, später nach Berlin gezogen ist und dann nach New York, also gleicher Werdegang wie bei mir. Der hieß Klaus Nomi und war – interessant für den Life Ball – auch einer der ersten prominenten Aidsfälle. Er hat Operette mit Elektronik verbunden und ich habe das jetzt neu aufgearbeitet. So bleibt es für mich auch immer interessant und spannend. Das ist für mich Klaus Nomi 2013. Ich habe jetzt auch ein Video gemacht, das heißt "DJ Hell presents Klaus Nomi". Das ist meine neue Single und so versuche ich immer das für mich neu zu gestalten, bei allem was ich mach, nie zu kopieren was ich vorher gemacht habe. Das machen ja viele Künstler, wenn einmal etwas erfolgreich war und breite Aufmerksamkeit hatte, dann versucht man immer wieder das zu kopieren und dem versuche ich entgegen zu wirken.

Du hast im Zuge des Life Balls 2013 im Wiener Rathaus gespielt: wie wichtig ist es dir persönlich Bewusstsein für den H.I.V. Virus zu schaffen?

Sehr wichtig, weil ich hab zum Beispiel heute auch ein Kunstwerk veredelt, welches auch für eine Charity benutzt wird und das im September auch hier in Wien ausgestellt wird. Das ist für mich keine Frage, wenn so ´ne Charity Geschichte ist, besonders Life Ball in Wien, dass ich da sofort komme, dass ich mich hier zeige und meinen Beitrag leiste. Ich finde, dass das immens wichtig ist und deswegen mach´ ich das sehr gerne.

Was hört Dj Hell eigentlich privat und welche anderen elektronischen Stile sagen dir zu?

Ehrlich gesagt bleibe ich für alles offen, war ich auch immer. Privat höre ich wenn es möglich ist gar nichts. Weil ich nur mit Musik beschäftigt bin, das heißt ich bekomme Demos geschickt für Veröffentlichungen, dann habe ich ja eigene Musik, um die ich mich 24 Stunden kümmere, dann Künstler, die ich gut finde und vielleicht pushe, dann die ganzen Promos, die ich als DJ wie heute Abend spiele. Dann gehe ich Platten kaufen; also 24 Stunden Musik. Das höchste der Gefühle ist eigentlich nichts zu hören, keine Musik.

Aber ich hör auch alle möglichen Genres und versuche da immer so offen wie möglich zu bleiben. Es gibt auch sehr viele gute Dubstep Platten, die in meinem Set funktionieren, die ich halt ein bischen runterpitche, weil sie oft zu schnell sind. Oder Dubstep B-Seiten, die mit "4 To The Floor" arbeiten, was ich dann wieder für mich nutze. Ich bin für alles offen was kommt, ich hör mir auch Skrillex an. Ich mochte das am Anfang überhaupt nicht, aber ich glaube ich habe es jetzt verstanden, diese Art von Musik.

Ich finde das ist total super produziert und für neue Generationen total verständlich. Am Anfang habe ich mir gedacht, das ist ja keine Musik oder was ist denn das eigentlich? Wie kann ich das einordnen, oder für mich nutzen, oder ist das ´ne Weiterentwicklung? Mittlerweile denke ich, dass es genau für so eine ganz junge, neue Generation der perfekte Soundtrack und wirklich auch gut gemacht ist. Am Anfang dachte ich, das ist ja nur gesampletes Zeug wiederverwertet, aber von der Auswahl gar keine wichtigen Sachen, sondern was halt grade so rumfliegt und das stückel ich dann zusammen mit ‘ner kurzen Aufnahmefrequenz und es ergibt keinen Sinn.

Aber wenn man sich genau damit beschäftigt ist es dann doch innovativ und neuartig. Er hat das geschaffen, in einem Umfeld wo wenig Neues passiert. Man muß sich einfach mit allem beschäftigen. Das ist wichtig.

Und wir finden gut was du machst! Danke für das Interview.

"DJ Hell presents Klaus Nomi – Cold Song" 2013 Remake wurde bereits digital und auf Vinyl auf International Deejay Gigolo Records veröffentlicht. "Kern Vol.2" wird am 15. Juli veröffentlicht.

www.djhell.com

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