Es gibt verschiedene Art und Weisen, sich dem Thema Migration in den Medien zu nähern. DaStandard und Biber stehen für zwei unterschiedliche Zugänge, die immer wieder kollidieren. Wir haben ihre Protagonisten zum Gespräch geladen. Für die Umsetzung haben wir mit der Sojamarke Joya koopertiert und möchten uns dafür bedanken.
Wenn wir schon bei den Mitarbeitern sind: Warum arbeiten eigentlich so wenig Deutsche bei euch? Die stellen ja mittlerweile zumindest in Wien die größte Zuwanderergruppe.
Rajković: Da hast du aber schlecht recherchiert, unsere Chefin vom Dienst ist Delna Antia, geborene Deutsche aus dem Ruhrpott.
Stajic: Das kann ich klar sagen: Ich hab DaStandard immer schon nicht nur als Projekt für ethnische Vielfalt, sondern auch für soziale Vielfalt gesehen. In Österreich sind nun mal der Großteil der Migrantenkinder Gastarbeiterkinder. Diese soziale Schicht hat noch weniger Zugang zum Journalismus als der hippe deutsche Student.
Rajković: Da ändert sich aber viel.
Stajic: Natürlich. Arbeiterkinder mit ausländischem Vater oder ausländischer Mutter haben sogar eine höhere Wahrscheinlichkeit auf die Uni zu gehen als österreichische Arbeiterkinder. Aber trotzdem haben sie keinen Zugang zum Journalismus, weil der Papa den Chefredakteur nicht kennt. Ethnische wie auch soziale Vielfalt müssen sich in diesem Bereich noch viel mehr durchsetzen.
Rajkovic: Die BBC hat eine Immigrantenquote. Ich hab ein Seminar auf der FH für Journalismus gehalten. Die Quote war so ein emotionales Thema, weil die österreichischen Studenten dort dann sagten: „Wie ist denn das, nur weil sein Name mit ić endet, darf er machen, was er will?“. Natürlich, wenn dir dein Platz streitig gemacht wird, oder du das glaubst, bist du nicht mehr so offen. Auch Intellektuelle und eher Linke schrecken auf, wenn sie vermeintlich benachteiligt werden.
Macht so eine Provokation Spaß?
Stajic: Und wie. Vor so was sind ja auch Kollegen, die sich für total aufgeklärt halten, nicht sicher. Wenn die panisch werden, hab ich immer ein bisschen Schadenfreude.
Kommen wir nochmal kurz zum Geschäftlichen: Hat Biber das Ethno-Marketing in Österreich eingeführt?
Rajković: In Deutschland gibt es solche Versuche seit über zehn Jahren. Aber wir waren in Österreich sicherlich Vorreiter und haben auch gewisse Dinge konzipiert, die es vorher noch nicht gab, zumindest in diesem Bereich.
Habt ihr eigentlich auch Anzeigen-Kunden aus der Community oder verkauft ihr eure Zielgruppe an klassische Unternehmen?
Rajković: Grundsätzlich kann jeder bei uns buchen. Wir haben nur beschlossen BZÖ und FPÖ auszuschließen.
Stajic: Aber Stronach ist ok?
Rajković: Warum nicht? Ich werde Stronach nicht auf eine Stufe mit Strache stellen. Es ist klar, dass Institutionen mehr Geld haben als ein Teppichhändler oder Handy-Shop-Betreiber. Wenn Kleinere bei uns buchen wollen, gibt es auch Community-Rabatte. Aber es ist sicher so, dass mehr von Institutionen und Parteien kommen.
Stajic: Mich ärgert sowas, dieses Stronach Streichel-Interview in der neuen Ausgabe. Er inseriert, und ihr gebt dem Alten drei Seiten. Das ist nicht cool. Genauso wie in der Reportage über Spielsüchtige, in der als Einziger der Zulieferant der Spielautomaten kritisiert wurde, weil er sich ein Haus in Serbien leisten kann. Das große Imperium dahinter wurde nicht angegriffen.
Rajković: Was hätten wir machen sollen, das übliche Interview, bei dem er die üblichen Werte-Antworten auspackt? Das überlassen wir lieber den Tageszeitungen.
Nennen wir das Kind beim Namen: Novomatic, das zu dem Zeitpunkt Sponsor euer Akademie war.
Rajković: Ich hab diese Reportage mit einem Kollegen gemacht. Ich war im Suchtzentrum im 5. Bezirk, hab dort mit einer Psychologin geredet und krasse Dinge erfahren. Novomatic ist ein Riesenkonzern, gehört einem der reichsten Österreicher. Mir wär es natürlich lieber, wir wären nicht von Inserenten abhängig. Aber ich geb zu Bedenken, dass wir nur von Anzeigen leben. Die Grenze ist sehr verschwommen.
Stajic: Ihr sagt doch auch strikt, dass ihr keine FPÖ und BZÖ Werbungen macht. Warum sagt ihr nicht dasselbe bei Glückspielvereinen?
Rajković: Wenn die Auswahl größer wär, wäre es vielleicht anders. Wir können uns unsere Anzeigenkunden nicht aussuchen. Deshalb auch mein Appell an jeden, der das liest und genug Kohle hat: Bitte inseriert bei uns.
Zum Abschluss ein Klassiker: Sagt bitte jeweils etwas Positives und etwas Negatives über das Produkt des Anderen.
Stajic: Positiv finde ich, dass Biber Humor hat, den ich verstehe und teile. Ich find auch das aktuelle Cover sehr schön. Aber – wie so oft – finde ich die dazugehörige Geschichte zu unkritisch. Wenn ich das Thema Haare bedecken behandle und dann über Styling schreibe und wie es sich damit lebt, ist das schön und gut. Aber das 3000 Jahre alte Frauenbild, das dadurch weitergeführt wird, findet keine Erwähnung. Mir fehlt da der kritische Ansatz.
Rajković: Positiv find ich, dass DaStandard eine interessante Lektüre ist und immer wieder neue Themen hervorzaubert. Wir sind uns ähnlich und haben doch nicht ganz die gleiche Sprache. Negativ ist für mich, die oft nicht notwendige, Erschwerung der Sprache. Man schreckt einfach viele Leser ab, wenn man sich als Spaßpolizei hinstellt.
Amar, Olivera, wir danken.
The Gap hat im Zuge dieser Reihe schon ein Gespräch über Journalismus ,genauer über Medienethik geführt.